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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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schmerzhaft wurde. Yorsh sah wieder, wie die grünen Flügel sich ausbreiteten, und einen Augenblick lang senkte er den Kopf, damit keiner der bewaffneten Männer, die er vor sich hatte, seinen Schmerz sehen konnte. Er durfte nicht an seinen Drachenbruder denken. Er musste die Grafschaft retten.
    In der Mitte der Formation stand der Verwaltungsrichter höchstpersönlich, er saß auf einem rauchfarbenen Pferd mit schwarzen Streifen in der Mähne, ein wunderschönes Tier, das der Inbegriff von Kraft und Rasse schien.
    Der Richter trug eine komplette Rüstung aus hellem Metall, sie war vielleicht aus Silber oder Stahl, und seinen Helm zierte oben ein rauchfarbener Helmbusch mit schwarzen Streifen, der die Farben in der Mähne seines Pferdes wieder aufnahm. Das Visier war hochgeklappt, und man sah das schöne, alte Gesicht, das sowohl durch das Blau der Augen als auch durch das Weiß des Bartes aufgehellt wurde. Der Ritter neben ihm hatte das Visier herumtergeklappt. Yorsh dachte, dass sein bunter Helmbusch ihm eine verblüffende Ähnlichkeit mit den Papageien in den Buden der Schausteller verlieh.
    Yorsh stellte sich vor den Richter hin und sah ihn lang an. Der hielt seinem Blick stand. Es war da etwas Unverstandenes und Unverständliches in der Person des Richters. Yorsh dachte, das sei so, wie vor einem Buch zu stehen, aus dem zu viele Seiten herausgerissen worden sind, um die Handlung noch rekonstruieren zu können.
    »Jeden Augenblick können die Orks Euer Land überfallen«, informierte er ihn knapp, ruhig und bestimmt. »Die Stadt Varil, die Ihr im Tausch für Eure Sicherheit an die Orks verschachert habt, hat die Belagerung durchbrochen. Die Angreifer wurden zurückgeschlagen und sie könnten jeden Moment auftauchen, auf der Suche nach leichterer Beute, und ich fürchte, diese Beute werdet Ihr sein.«
    »Varil?«, antwortete der Richter überrascht. Er schwieg, offenbar unfähig zu begreifen. »Es ist nicht möglich, dass Varil die Belagerung durchbrochen hat. Das ist unmöglich!«
    »Es ist die Wahrheit«, versicherte ihm Yorsh. »Varil ist frei. Es beweint seine gefallenen Söhne, es zählt seine vom Feuer verwüsteten Bögen. Es greift die Orks an, die in den Reisfeldern lagern, es hat angefangen, sie zurückzuwerfen, und hat nicht die Absicht, damit aufzuhören. Ihr werdet deren nächste Beute sein.«
    Das Gesicht des Richters verfinsterte sich, die ebenmäßige Stirn legte sich oberhalb der Augenbrauen in tiefe Runzeln und Falten, seine Stimme klang wie verschleiert von Schmerz.
    »Zu spät sind wir gekommen, Waffenbrüder«, klagte er, und seine Stimme hallte laut durch die helle Nacht. »Der Elf, der Verfluchte, er hat den Krieg in unser geliebtes Land getragen. Zu spät. Wir können nichts tun …«
    »Ihr könnt kämpfen«, sagte Yorsh. »Ihr könnt Euch mit Varil verbünden. Ihr und Euer furchtbarer Hauptmann mit seiner Furcht einflößenden Armee …«
    »Der Elf, der Verfluchte, hat den Krieg in unser geliebtes Land getragen«, wiederholte klagend und hart zugleich der Verwaltungsrichter. »Kämpfen? Weiß du, was das heißt, Krieg, verworfener junger Mann und grausamer Tor?«
    Die Frage erstaunte Yorsh.
    Er konnte nicht antworten.
    Er fühlte in sich das Grauen beim Tod der Orks, die er getötet hatte.
    Er sah die Erinnerungen derer vor sich, die geköpft worden waren.
    Er hatte den Krieg dem Söldnerhauptmann überlassen. Er wusste, dass er die Reisfelder säubern, aber er wusste auch, dass er keine Gefangenen machen, sondern sämtliche Orks, die ihm in die Quere kamen, gnadenlos vernichten würde, restlos, bis auf den letzten. Auf dem Feld liegen gebliebenen, verwundeten Feinden würde er den Garaus machen, wie Ratten im Heuschober. Ihr Blut würde sich unter die Erde mischen und sie in Schlamm verwandeln. Er würde die unschuldig Getöteten nicht reinwaschen von ihrem Schmerz, und die Gewalt in der Schöpfung würde zunehmen, bis die Welt der Menschen zuletzt in ihr versank. Mit jedem Ork, den er bekämpfte, mit jedem Ork, den er abschlachtete, verlor der Hauptmann ein Stück seiner Seele.
    So oder so würde dann am Ende die Grausamkeit siegen, die der Orks oder die der Menschen, welche, um sie zu vernichten, geworden waren wie sie.
    Verhandeln und diskutieren. Die Orks waren keine Dämonen. Sie waren Personen. Der Schmerz verwandelte sich in ihnen in Gewalt, und war die Gewalt erst einmal entfesselt, nahm sie zu von Massaker zu Massaker, um nicht wieder Schmerz zu werden.
    Die Gewalttätigkeit

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