Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
nicht schutzlos dazustehen gegenüber Feinden, die der Hauptmann für ihn bekämpfen konnte, oder vielleicht auch, um sich selbst diese Angst nicht eingestehen zu müssen.
Plötzlich traten zwei merkwürdige Gestalten durch die Reste des Äußeren Tors. Sie erklärten, sie hießen Meliloto und Palladio und seien gekommen, um für die Stadt zu kämpfen, aber möglichst nur ein bisschen, und nur wenn es wirklich nötig wäre, denn sie seien Familienväter. Und auch Großväter. Rankstrail erkannte in ihnen Bewohner des Äußeren Bezirks und erinnerte sich, wo genau in der Zitadelle er ihre Familien gesehen hatte, und sagte es ihnen.
Kapitel 25
In Windeseile ritt Yorsh dahin. Die Hufe seines Pferdes flogen über die Reisfelder.
Reiher flatterten auf, wenn er vorüberkam, und ließen sich dann wieder nieder. Die Morgendämmerung brach an.
Er machte nur so lang Rast, wie unbedingt nötig war, damit Enstriil nicht unter ihm zusammenbrach, und er unterstützte den frenetischen Lauf mit seiner ganzen Willenskraft; so brauchte Yorsh einen Tag und eine Nacht, bis er die Schlucht von Arstrid erreichte. Die Landschaft um ihn herum war erfüllt von Tod. Er kam durch Olearia, ein ausgedehntes Weinbaugebiet, das die Region von Varil im Westen säumte und das er wiedererkannte, weil er darüber gelesen hatte. Es waren besondere Rebstöcke, niedrig, fast am Boden kriechend, sodass sie vor dem Wind geschützt waren. Sie verliehen der Landschaft ein irgendwie hauswirtschaftliches Aussehen, wie eine große Fläche von ordentlich aufgereihten grünen Körben. So geschützt, konnte man die Trauben am Stock trocknen lassen und gewann daraus einen besonderen Wein, kostbar und süß, der ganze Stolz der Region.
Die Gehöfte waren alle niedergebrannt. In den Mauerresten wimmelte es überall von Orks, keinem gelang es aber, ihn zu fassen, ja, ihn auch nur aufzuhalten. Meist schliefen sie, fast immer betrunken oder damit beschäftigt, sich gegenseitig abzuschlachten. Keiner von ihnen bemerkte ihn rechtzeitig, um irgendetwas zu unternehmen, außer ihm überflüssigerweise ein paar Pfeile nachzuschicken oder ein paar ebenso überflüssige Beschimpfungen in einer rauen Sprache, die sogar ihm unverständlich war.
Dann traf er plötzlich keine Orks mehr an. Wie Meliloto und Palladio schon betont hatten, waren sie in der Ebene von Varil überall, während in der Grafschaft Daligar kein einziger war.
Die Sonne stand hoch und Felder wechselten sich ab mit Obstgärten. Das einzige Unheil, das die Grafschaft getroffen zu haben schien, waren die übliche Vernachlässigung und Misere. Vereinzelt begleiteten Kinder ein paar mickrige Schafe, erbärmliche Hütten aus Holzstämmen und Lehm standen verstreut in der Ebene. Jedes Mal wenn Yorsh jemanden sah, machte er halt und warnte vor den Orks und der bevorstehenden Invasion. An der Grenze gab es keine Grenzpatrouillen, kein einziger Bewaffneter, tatsächlich war da einfach niemand. Es war ein Wunder, dass die Orks noch nicht schon längst eingefallen waren.
Die meisten antworteten ihm überhaupt nicht. Diejenigen, die ihn als Elfen erkannten, warfen ein paar Steine nach ihm, die noch weniger gefährlich waren als die Pfeile der Orks, und riefen ihm Beschimpfungen nach, diesmal in einer verständlichen Sprache.
Ein alter Holzfäller war wenigstens so höflich, ihm mitzuteilen, dass die Herolde des Verwaltungsrichters schon vorbeigekommen waren und erklärt hatten, die Orks seien keine Gefahr, weil es Doploramie gegeben hätte, das heißt, sie hatten miteinander geredet.
»Diplomatie?«, fragte Yorsh.
Ja, das war das Wort, es bedeutete, dass die Orks im Grunde brave Leute waren, wie der Richter gesagt hatte, dass sie miteinander geredet hatten und die Orks nun noch braver geworden waren und niemandem ein Haar krümmen würden.
»Brave Leute?«, fragte Yorsh.
Sicher, brave Leute; sicher, wenn einer Krieg mit ihnen anfing, wurden sie auch wütend, aber die Grafschaft hatte ja die Diplo … Doplo …
»Diplomatie«, half Yorsh nach, für den es keinen Zweifel mehr gab, von wem und im Tausch für was Varil und seine Bewohner an die Orks verraten worden waren, indem man den Kommandanten die Lagepläne der Schleusen ausgehändigt hatte.
»Diplomatie, genau, das ist das Wort. Wir hier in Daligar mögen schließlich keinen Krieg, die Orks sind jetzt brav und es gibt überhaupt keine Gefahr, niemand muss fliehen. Ja, wir haben sogar die Rebstöcke dabei gewonnen.«
»Welche Rebstöcke?«
»Die von
Weitere Kostenlose Bücher