Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
Vom Netzwerk:
übereinanderschoben.
    Obwohl tagsüber noch milde Temperaturen herrschten, war Robi am kahl rasierten Schädel kalt. Wahrscheinlich dauerte es einige Zeit, bis man sich an das Dasein ohne Haare gewöhnte. Immer noch trug sie die prächtige, fein ziselierte Krone mit den verschlungenen Efeuzweigen, dem getriebenen Gold zwischen blauem Email auf dem Kopf. Die Krone strahlte wie von innen heraus. Die goldene Kette des Grafen von Daligar, die sie über ihren zerlumpten Kleidern um den Hals trug, hatte einen stilleren, weniger auffälligen Glanz.
    Überall begegneten ihnen Flüchtlinge aus der Grafschaft. Die Orks rückten vor. Zu entkommen war unmöglich. Der Weg über die Berge des Nordens war schon versperrt, hieß es.
    Der Verwaltungsrichter und die Armee von Daligar waren längst in Sicherheit.
    Durch die Warnfeuer benachrichtigt, war auch der Hof eiligst nach Alyil geflohen, in die unzugängliche Falkenstadt in den Bergen des Nordens.
    Nach Daligar zu gehen, erschien Robi nach wie vor als die absolut verrückteste, aber auch als die einzige Möglichkeit. Betäubt von Jastrins unentwegtem Gerede und von ihrer eigenen Benommenheit, grübelte sie über diese Entscheidung nach.
    Die Müdigkeit war genauso schlimm wie der Hunger, keins von beiden aber war so schlimm wie die Verzweiflung. Langsam schleppte sich der Tag dahin. Ab und zu sprach Robi, teils um ihre Tochter zu beruhigen, teils um sich selbst zu beruhigen, teils um ihre eigene Stimme zu hören.
    Sie wiederholte immer wieder denselben Satz: »Ich werde Mutter von zwei Kindern sein.«
     
    Manchmal stieg Robi ab und ging ein Stück zu Fuß, um Enstriil zu schonen. Die Köpfe von Jastrin und Erbrow pendelten im Schlaf hin und her und sie selbst hätte es am liebsten auch so gemacht. Sie hatte ein Pferd, sie trug eine Krone auf dem Kopf. Diesen Menschen ohne Hoffnung musste sie wie eine Führerin erscheinen. Sie bemerkte, dass sie ihr folgten, etwas Besseres hatten sie nicht.
    Jedes Mal wenn sie die Augen schloss, sah sie nur verschwommene Schatten.
    Vielleicht war die Zukunft ja noch nicht festgelegt. Vielleicht musste sie erst noch entschieden werden. Vielleicht aber war ihre Hellsicht ganz einfach mit Yorsh zugrunde gegangen.
    Sie verspürte keine Angst. Vielleicht war auch die zugrunde gegangen, ertränkt in Verzweiflung.
    Endlich kam das verhasste Daligar in Sicht. Endlich war Robi aus den Wäldern heraus. Der Strom der Flüchtlinge hinter ihr schwoll ständig an. Sie bestätigten, dass es Warnfeuer gab, und in der Nacht zuvor hatten sie gebrannt. Viele hatten sie gesehen, und wie sie wusste die Stadt Bescheid, dass die Orks anrückten. Wenigstens gab es noch Wachposten.
    Aber nicht alle waren auf diesem Wege benachrichtigt worden. Andere Flüchtlinge sprachen von einem Verfluchten Elfen, der erst die Orks aufgestachelt und dann die Unverschämtheit besessen hatte, sich über sie lustig zu machen, und Robi musste sich anhören, diese Unverschämtheit sei ihre Rettung gewesen, weil sie ihnen die Flucht ermöglicht hatte.
    Robi musste an sich halten, um nicht zu fluchen. Sie war auch in Versuchung, Hand ans Schwert zu legen und diese grausame Dummheit mit Blut zu ahnden.
    Sie dachte an die Größe und Großzügigkeit ihres verlorenen Gemahls, der all diesen Leuten das Leben gerettet hatte, indem er sich ihren Hass auf ihn zunutze machte. Beim Gedanken an Yorsh blutete ihr das Herz und noch einmal verscheuchte sie ihn, denn jetzt musste sie für ihre Kinder kämpfen und das konnte sie nicht mit blutendem Herzen.
    Daligar war umlagert von verzweifelten Flüchtlingen, die sich, je näher man den Stadtmauern kam, immer häuslicher niedergelassen hatten.
    Es musste mehrere Flüchtlingswellen gegeben haben, die letzte rollte noch und verebbte gerade. Wie Pilze schossen überall winzige Unterstände aus dem Boden, Mäntel wurden über in den Boden gerammte Stöcke gebreitet. Sie waren nicht einmal mannshoch und man musste auf allen vieren hineinkriechen. Überall brutzelte auf kleinen Feuern irgendetwas. An Leinen waren über den Feuern Kinderhemdchen zum Trocknen aufgehängt.
    Die älteste dieser Ansiedlungen, direkt vor dem Graben, bestand schon aus kleinen Hütten und winzigen Gärtchen, umgeben von Tomatenstauden, dazwischen scharrte hier und da ein vereinzeltes Huhn, das so kostbar war, dass Scharen von Jungs es mit finsterer Miene, mit Stöcken und Knüppeln bewaffnet, aufs Schärfste bewachten. Robi bat eine Frau, die in einer flachen, verbeulten und fettigen

Weitere Kostenlose Bücher