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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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sie, sich bei allem, was sie sagte, ganz im Allgemeinen zu halten und sich nicht auf fragwürdige Details einzulassen.
    Doch dann hörte sie auf, auswendig gelernte Worte zu wiederholen. Ein jeder solle sich deutlich das Gesicht derjenigen Menschen vor Augen rufen, für die er kämpfte, wie sie das Gesicht ihrer Tochter, falls die Versuchung der Angst auftauchen sollte.
     
    Lang vor Morgengrauen war der Trupp bereit. Bevor sie aufs Pferd stieg, überlegte Rosalba, ob sie noch einmal zu Erbrow gehen sollte, um sie zu umarmen. Vielleicht wäre es das letzte Mal. Sie dachte lang darüber nach, verzichtete dann aber darauf. Die Gefahr, den Mut zu verlieren, war zu groß. Sie wiederholte sich, sie werde die Mutter von zwei lebenden Kindern sein. Sowohl sie selbst als auch Erbrow würden diese Nacht überleben, sie hatten ein ganzes Leben vor sich, um sich zu umarmen.
    Sie fragte sich, ob der Galopp ihrem ungeborenen Kind schaden könnte, und bei dem Gedanken wurde ihr klar, dass es Yorshs Kind war, das sie im Schoß trug. Es war, als ob der letzte der Elfen noch immer bei ihr wäre. Sie war die Erbin Arduins, sie trug den Erben der Elfen in sich, sie konnte gar nicht anders als siegen. »Ich kämpfe nur, um zu siegen«, das bedeutete: Wer seines Siegs gewiss ist, kämpft ohne Furcht, und wer ohne Furcht kämpft, erringt den Sieg. Das Bild des Königs stand ihr wieder vor Augen, klar und lebhaft. Der König lächelte ihr zu.
    Robi saß auf und rief den mutlosen Gesichtern ihrer kleinen Schar zu: »Ich kämpfe mit dem, was ich habe, und nur, um zu siegen!«, und die Gesichter hellten sich auf.
    Wenigstens hatte keiner gelacht.
    Sie versuchte, sich zu erinnern, was die großen, alten Königinnen in Yorshs Dramen immer gesagt hatten, irgendwie war das weniger blöd gewesen als dieses »Ich kämpfe mit dem, was ich habe, und nur, um zu siegen«.
    »Ich bin nur eine schwache Frau«, erinnerte sie sich mit Mühe. Nie war ihr das so wahr erschienen wie jetzt. »Aber ich habe … ich habe …« Wie lautete noch dieser verfluchte Satz? »Aber ich habe den Magen eines Königs …«
    Nein, es war nicht der Magen. Wie hieß das noch? Sie brachte die Eingeweide immer durcheinander, Yorsh war der Experte für Anatomie, wie für alles andere auch. Welches war noch einmal der Teil, wo den Schauspielern zufolge der Mut saß?
    Der Satz kam trotzdem an, auch wenn er falsch war. Die Königin erlaubte sich, Witze zu machen. Das war aufrüttelnd wie ein Stoß ins Horn. Fast besser als der Wahlspruch Arduins.
    »Ich bin nur eine schwache Frau, aber ich habe die Lungen eines Königs …«, versuchte sie es noch einmal.
    »Jaaaa!«, brüllten alle.
    Auch das stimmte nicht, aber es klang gut.
    »Ich bin nur eine schwache Frau, aber ich habe das Herz eines Königs«, das war das Richtige.
    Diesmal antwortete die Menge mit einem stürmischen Aufschrei. Das war der richtige Satz. »Ich bin nur eine schwache Frau, aber ich hab das Herz eines Königs«, wiederholte Rosalba, Königin von Daligar. »In mir schlägt das Herz Arduins! Ich werde siegen, ich werde siegen für meine Kinder, ich werde siegen für euch! Wir werden gemeinsam siegen!«
    Es wurde wahr. Die Angst verging. Die Schreie und die Kraft der Menge packten und erfüllten sie. Sie trug das Herz Arduins in sich. Wie er würde sie siegen.
    In diesem Augenblick erhob sich Angkeel, wahrscheinlich von Hunger getrieben, und kam mit einem rauen Schrei durch das Fenster aus den königlichen Gemächern geflogen, wo Erbrow schlief. Schwer ließ er sich auf Robis Schulter nieder, seine Ankunft wurde von den Umstehenden begeistert begrüßt. Die Königin-Hexe, Erbin Arduins, bewaffnet mit einem Elfenschwert, ritt mit einem Adler auf der Schulter und einer Krone auf dem Haupt. Die Zeichen waren alle auf ihrer Seite, wenigstens die. Vielleicht war auch der Glaube auf ihrer Seite, was immer das auch heißen mochte. Sie kämpften, um zu siegen.
     
    Die Brandflöße wurden aufs Wasser gesetzt, nachdem die Zugbrücke heruntergelassen worden war. Im Gegensatz zur riesigen, schwerfälligen und sehr lauten Brücke am südlichen Stadttor war die im Norden, die den reißenden, tosenden und schmalen Arm des Dogon überbrückte, klein und fast geräuschlos zu bedienen. Außerdem lag sie zum Glück im Schatten, das Licht der Fackeln drang nicht bis hierher, weder von den Wehrgängen noch von den Lagern her.
    Die Orks bemerkten sie erst, als sie schon auf der Brücke waren. Die Soldaten hatten genügend Zeit, sie

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