Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
den Schweiß auf ihrem Gesicht mischte sich das Blut der Orks. Die Schultern begannen zu schmerzen, als ob sie getroffen worden wäre. Vor Anstrengung blieb ihr die Luft weg.
Robi sah den letzten Ork an, der vor ihr stand, und ihr wurde klar, dass sie es nicht mehr schaffen würde, das Schwert noch einmal zu heben.
Sie dachte an ihre Kinder.
Sie dachte an ihren Vater.
Sie dachte an ihre Mutter und die getrockneten Äpfel.
Sie dachte an Yorsh.
Ihre Schultern waren wie aus Blei. Das Schwert war schwer wie aller Schmerz der ganzen Welt. Die Arme sanken herunter.
Zwei Orks standen riesengroß vor ihr.
Robi dachte, nun ist es aus.
Die beiden Orks fielen zu Boden, einer nach dem anderen.
Zwei Pfeile hatten sie kurz hintereinander getroffen, sie waren eingedrungen durch den winzigen Spalt zwischen Harnisch und Halsbeuge. Es waren zwei sehr schöne Pfeile aus dünnem Stahl oder Silber, an ihrem Ende austariert von weißen und karmesinroten Federn. Erschöpft auf ihr Schwert gestützt, sah Robi sich um und versuchte herauszufinden, wer ihr zu Hilfe gekommen war. Der Bogenschütze saß auf einem rauchfarbenen Pferd, das auch im Dunkeln seine ganze Schönheit erkennen ließ, die Muskeln spielten unter dem glänzenden Fell, ein vollendeter, wie von Geschwindigkeit und Wind geformter Tîerleib. Die Zielgenauigkeit des Schützen ging über alles Maß, war vergleichbar nur der, die Yorsh gehabt hatte.
Robi erkannte das prachtvolle Pferd des Verwaltungsrichters.
Einen langen, einen wunderbaren Augenblick lang dachte, hoffte sie, träumte sie den absurden Traum, Yorsh sei vom Scheiterhaufen auferstanden und gekommen, ihr zu helfen, habe den Richter noch ein letztes Mal verhöhnt, indem er ihm sein Pferd stahl.
Im heftig flackernden Licht der Brände und im Rauch war die Erscheinung undeutlich, aber vielleicht war es auch nur die Schwierigkeit des Auges, das Unmögliche zuzulassen, was Robi hinderte, ihren Helfer zu erkennen, bis sie dicht bei ihm war. Der Kopf des Bogenschützen war unbedeckt und sein helles Haar schimmerte im Licht der Flammen, ebenso wie das komplizierte Netz aus Silberfäden und winzigen Perlen, wovon es zusammengehalten war. Ein heller Seidenkragen fiel über die Samtjacke.
Ganz ohne Zweifel war das Aurora, die Tochter des Verwaltungsrichters.
Das war wirklich der letzte Mensch auf der Welt, den Robi auf einem Schlachtfeld erwartet oder von dem sie sich Hilfe erhofft hätte.
Die Prinzessin von Daligar war wie immer von vollendeter, bezaubernder Schönheit. Sie trug ein Gewand aus nachtblauem Samt, verziert mit sehr feinen Silberstickereien und Perlen, abgestimmt auf das Haarnetz. Darunter trug sie Hosen aus demselben Stoff und sehr dunkle Stiefel, sodass außer Händen und Gesicht auch nicht ein Stückchen Haut zu sehen war.
Robi dagegen fühlte die nächtliche Kälte empfindlich am schlecht rasierten Schädel, an den schmutzigen Füßen ohne Schuhe und an den knochigen und aufgeschlagenen Knien, die ihr blut- und schlammgetränktes Kleid unbedeckt ließ, wenn sie zu Pferd saß.
Die Prinzessin von Daligar hielt ihr prachtvolles rauchfarbenes Pferd an. Sie stieg ab und kniete neben den beiden Orks, die sie getötet hatte, nieder, schloss beiden die Augen und verweilte daraufhin noch einen Augenblick still und traurig bei ihnen, als ob das zwei nahe oder geliebte Verwandte wären. Die ganze Szene kam Robi noch absurder vor als alles, was sie erlebt hatte. Aurora nickte ihr kurz zu und stieg wieder aufs Pferd.
Von den Wehrgängen aus hatte man sie gesehen. Sofort ging die Zugbrücke schwer und unter großem Kettengerassel herunter. Rosalba und ihre Berittenen, mit Aurora waren es wieder sechs, stürmten im Galopp über die Brücke und erreichten schließlich den großen Platz mit dem Brunnen. Sofort wurde das Fallgitter heruntergelassen, während die Brücke hochging. Vier der frei laufenden Pferde der Orks waren ihnen gefolgt und schafften es gerade noch rechtzeitig, bevor das Gitter schwer hinter ihnen herunterkrachte und einen Trupp Orks im letzten Moment aufhielt. Sich an der schon hochgehenden Zugbrücke festklammernd, luden sie ihre Armbrüste und zielten. Rosalba versuchte, so schnell wie möglich vom Pferd zu steigen, um aus der Schusslinie zu kommen, stolperte über ihren Mantel und fand sich auf Knien am Boden wieder. Der für sie bestimmte Pfeil streifte sie an der rechten Schulter, sie blutete leicht und der Schleier um ihr Gesicht färbte sich rot. Rosalba nahm ihn ab und verwendete
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