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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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begrüßte ein Korb mit Fladenbrot und Äpfeln das Erwachen der Herrscherin. Auf dem Thron lag auch ein merkwürdiges Kleidungsstück aus mehreren Lagen Stoff, die Seitennähte des Rockes waren nicht geschlossen; darunter gab es regelrechte Hosen, sodass sich beim Reiten nichts nach oben verschob. Das Gewand war schwarz mit Goldstickereien am Kragen. Innen, wo es in Berührung mit der Haut kam, war eine Schicht Leinen, außen hingegen war es aus dichtem, warmem Samt. Am Boden standen verschiedene Paar Schuhe, alle schwarz und in unterschiedlichen Größen, damit sie die passenden für sich aussuchen konnte. Auf dem Grund des Korbes fand Rosalba ein Stück Käse, das sie voller Rührung betrachtete. Seit dem Tod ihrer Eltern hatte sie keinen mehr gegessen. Sie ging hinüber zu Erbrow und legte den Käse zusammen mit einem Fladenbrot und einem Apfel neben sie, damit sie beim Aufwachen alles vorfände; dann zog sie ihr schmutziges, zerfetztes Kleid aus und das neue Gewand an, alles mit einer Hand, weil sie sich mit der anderen den Mund mit Fladenbrot vollstopfte. Sie kehrte in den Thronsaal zurück.
    Ein Geräusch von Schritten kündigte ihr das Herannahen des Hofmeisters des Königlichen Hauses an. Er strahlte glücklich, als er sie erblickte.
    »Ich habe Euch zu danken«, begann Robi, während die Augen des Alten voller Stolz strahlten. »Dieses Gewand ist wirklich schön und bequem. Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, so etwas zu machen, was zugleich Reiteranzug und Kleid ist?«
    »Das war Dame Aurora«, antwortete der Alte. »Sie hat erklärt, wie man es machen soll, und ich habe die Anweisungen gegeben. In dieser Nacht haben wir das erste gemacht und heute machen wir noch eins. Wir haben die ganze Nacht daran gearbeitet, Herrin, und mit der größten Freude. Aber Euer Dank muss vor allem Dame Aurora gelten«, sagte der Mann bescheiden, »ohne sie wäre ich nie auf die Idee mit den Hosen gekommen, die aussehen wie ein Rock. Sie hat uns ihr eigenes Gewand gezeigt und uns erlaubt, Maß zu nehmen.«
    Das Quäntchen Freude, das die Herrscherin empfunden hatte, war sofort wie weggeblasen, aber so wenig sie Aurora leiden konnte, das Kleidungsstück war zu bequem, als dass sie darauf verzichtet hätte.
    Zum Ausgleich dafür erreichte sie eine gute Nachricht.
    Aurora hatte sich aus dem Staub gemacht. Sie war verschwunden, wie sie gekommen war. Gegen alle Regeln des gesunden Menschenverstands hatte sie die Zugbrücke herunterkurbeln lassen, unter der Gefahr, sämtliche Orks auf sich zu ziehen, und der noch viel schlimmeren, dass sie in die Stadt eindrangen, und war dann in Nacht und Nebel verschwunden. Wohin, das wusste niemand.
    Robi erinnerte sich, dass sie nicht eigens Befehl gegeben hatte, die Zugbrücken auf gar keinen Fall hinunterzulassen, weil sie davon ausgegangen war, dass kein Mensch solchen Unfug begehen würde. Aber sie musste einsehen, dass sie den Schwachsinn aller unterschätzt hatte. In Daligar durfte man sich eben nie auf irgendetwas verlassen.
    Sie fragte sich, ob Aurora den Orks wohl schon in die Hände gefallen war, und irgendwie tat ihr das leid, denn immerhin hatte sie ihr ja das Leben gerettet. Mit Grauen erinnerte sie sich daran, sie verflucht zu haben, verscheuchte den Gedanken aber. Es war jetzt nicht der Zeitpunkt, sich mit abergläubischen Vorstellungen aufzuhalten …
    Robi sorgte dafür, dass jemand für ihre Tochter sorgte, dann begab sie sich auf die Wehrgänge. Derselbe Nebel, der Auroras Flucht verbarg, hüllte alles ein, machte alles unkenntlich. Wie ihr der Hofmeister des Königlichen Hauses erklärte, sogar in dieser trockenen und niederschlagsfreien Jahreszeit zu Beginn des Sommers bildeten sich im Tal des Dogon, der in einer tiefen Schlucht durch die Dunklen Berge führte, flüchtige und undurchdringliche Nebel, die plötzlich hereinbrachen, die Welt unsichtbar machten und sich ebenso plötzlich wieder auflösten, vom Nordwind hinweggefegt.
    Die Orks unternahmen ungeschickte Versuche, die große Zugbrücke und das Südtor anzugreifen. Mit einer Pontonbrücke und einem Rammbock wäre das möglich gewesen, sie aber hatten keins von beiden. Alles, was sie zuwege brachten, war, auf winzigen, zusammengeschusterten Flößen Bewaffnete über den Dogon zu schicken, die dann mit ihren Äxten und Schwertern auf die schweren Balken des Tors einschlugen, wenn sie überhaupt so weit kamen. Die kleinen Flöße fuhren unter dichtem Pfeilhagel dahin, durch die Verluste gerieten sie aus dem

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