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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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großartigen Sieg über sie errungen und jetzt ist die Stadt uneinnehmbar. Diese Nacht hat viel Leid mit sich gebracht, aber dank Eurer Mutter, dank ihrer Tapferkeit und ihres Mutes ist unendlich viel größeres Leid abgewendet worden. Dank Eurer Mutter und des Blutes, das vergossen wurde, können die Kinder dieser Stadt auch weiterhin das Wort ›morgen‹ verwenden. Eure Mutter kann jetzt nicht bei Euch sein, weil sie die Stadt vor Tod und Zerstörung bewahren muss, und nur sie allein kann das. Niemand besitzt ihre Kraft, niemand ihre Tapferkeit. Ihr, meine kleine Herrin, seid der wichtigste Mensch in der Stadt. Ohne Euch ist Eure Mutter verloren und ohne Eure Mutter sind wir alle verloren. Ihr müsst jetzt recht tapfer sein, meine kleine Herrin, ich beschwöre Euch. Ich muss nun gehen. Der Wind hat sich gelegt und die Nebel lichten sich. Schon bald wird das Mondlicht verblassen und alles wird konturlos und unbestimmt wie im Traum. In der Dunkelheit kann ich mich aus der Stadt hinausstehlen. Mein Pferd ist das schnellste im Land und seine Farbe verschwindet im Nebel und im Schatten, wie auch die Farbe meiner Kleidung. Ich kenne sämtliche Schleichwege, die im Dunkeln nur ich finden kann. Ich kann die Neumondhügel durchqueren, die uns von Varil trennen. Ich muss dort einen sehr starken Krieger holen, damit er anstelle Eurer Mutter kämpft und sie bei Euch sein kann.«
    Erbrow nickte erleichtert. Endlich hatte sie jemanden gefunden, der sie verstand, wenn sie sprach, und der ihr erklärte, was vorging. Wenn ihr jemand erklärte, was geschah, war die Welt nicht mehr nur wüste Raserei, dann trat sie aus dem Dunkel der Unverständlichkeit heraus. Es war, als habe ein Lichtstrahl die Nebel zerteilt. Sie wusste auch, wenn sie ihren Papa bloß mit jemandem beweinen könnte, der mit ihr weinte, würde der Klumpen, den sie in sich trug, weniger schwarz und weniger hart werden. Aurora hatte eine ruhige Stimme, die an das Rascheln von Schilf erinnerte, wenn der Seewind darüber hinstrich. Es war eine Stimme, bei deren Klang man sich zusammenkuscheln konnte, den Kopf sinken und die Augen zufallen lassen konnte und davon träumen, dass Papas Tod nicht mehr schmerzlich war.
    Endlich hatte sie jemanden gefunden, der etwas Sinnvolles sagte.
    »Nein aua«, empfahl sie besorgt.
    »Gewiss«, versicherte ihr Aurora, »ich werde aufpassen, dass mir nichts Böses zustößt. Nun geht. Eure Mutter braucht Euch. Sie könnte aufwachen und Euch nicht an ihrer Seite finden und das wäre schrecklich für sie.« Sie verneigte sich.
    Das Mädchen nickte noch einmal zum Gruß, dann lief es weg. Sie hätte Aurora freundlicher mit ihrem Namen grüßen wollen, aber er war voller r und das war ein besonders schwieriger und tückischer Laut.
    »Aoa«, flüsterte sie leise. Ohne diese tückischen Buchstaben klang er wie ein Windhauch an einem glühenden Sommertag.
    Sie durchquerte drei Räume und gelangte schließlich ans Bett ihrer Mutter.
    Sie ging dicht an der Wand mit dem Kamin entlang und lief dann zum Bett, sodass sie das blutige Schwert nicht sehen musste.
    Sie rollte sich zusammen wie ein Kätzchen, sorgfältig darauf bedacht, das Kleid ihrer Mutter dort nicht zu berühren, wo es dunkelrote Blutflecken hatte, und diese auch nicht anzusehen.
    Alles war warm und sie hörte den Herzschlag der Brüderchen.
    In der anbrechenden Dämmerung tauchten neue Gerüche auf, der zarte Duft von Fladenbrot, das gebacken wurde, Apfelküchlein, die gebraten wurden, und Hoffnungen, die sich wieder zu regen begannen. Ein Hahn krähte.
    Erbrow glitt in den Schlaf und ihr Geist verlor sich in Träumen wie ein Schneeball im Meer.

Kapitel 5
    Rosalba erwachte bei strahlendem Sonnenschein. Wie jedes Mal beim Aufwachen überkam sie die Verzweiflung über Yorshs Tod und wie immer schob sie sie beiseite. Die Zeit würde kommen, da sie weinen, sich die Haare raufen und ihre Kleider zerreißen konnte, aber das war nicht jetzt. Ihre Kleider waren schon zerfetzt, die Haare abrasiert, und ein Heer von Orks stand vor dem Südtor einer Stadt von Feiglingen und Idioten, die es sich jahrelang zur Ehre angerechnet hatten, Untertanen des Verwaltungsrichters zu sein.
    Erbrow schlief friedlich neben ihr, und die Verletzung an der Schulter, die sie davongetragen hatte, war schon verheilt. Rosalba nahm das als gutes Omen, küsste ihre Tochter auf die Stirn und stand auf, wenn auch mit Mühe.
    Voller Jubel war der Tag angebrochen und voll von Essbarem. Im Saal des Kleinen Throns

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