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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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vielleicht auch zu sterben. Wie könnt Ihr nur so grausam sein?«
    »Weder Ihr noch sonst irgendjemand kann etwas von mir verlangen oder fordern. Ihr habt mich gerettet, gewiss. Aber ich wiederhole, ohne mich ist die Stadt verloren, und mich zu retten, bedeutet ganz einfach, dass Ihr Daligar nicht den Orks überlassen wollt. Ich habe mit ansehen müssen, wie die Pfeile meinen Gemahl durchbohrten, meine Tochter musste seinem Sterben zusehen. Und Ihr erklärt, sein Gefolgsmann zu sein! Mit solchen Gefolgsleuten braucht man keine Feinde. Hättet Ihr nicht den Drachen getötet, der ihn begleitete, wäre er unbesiegbar gewesen. Wenn Ihr sein Waffenbruder geworden seid, warum wart Ihr dann nicht zur Stelle, um ihn zu beschützen, als man ihn ermordete? Wie ich so grausam sein kann? Durch tägliches, fleißiges Üben«, antwortete die Herrscherin trocken. »Meine Herren, der letzte Krieger, der begabt war nicht nur mit grenzenlosem Mut, sondern auch mit der erlesensten Höflichkeit, ist ermordet worden wie ein räudiger Hund. Da bleibt mir nur noch meine Grausamkeit, um den Tod von meinen Kindern fernzuhalten, und ich versichere Euch, diese Grausamkeit wird niemandem erspart bleiben.«
    Aurora war kreidebleich. Aber beim Ton der Stimme des Hauptmanns hatte ihr Blick wieder zu strahlen begonnen. Mit einer freundlichen Handbewegung bat sie Rankstrail zu schweigen, weil sie ahnte, dass er etwas erwidern wollte. Den Blick nach wie vor unverwandt auf das Gesicht der Königin gerichtet, stimmte sie ihr mit einem kleinen Kopfnicken zu.
    »Ihr habt recht, die Grausamkeit meines Vaters war so maßlos, dass im Verhältnis dazu jede Höflichkeit, die geringste Nachsicht als sträflicher Leichtsinn erscheinen muss. Ich werde in meinem Verhalten alles vermeiden, was Euch beunruhigen könnte, und mich auch Eurer Tochter nicht nähern, denn ich verstehe Eure Unruhe, und ich verstehe auch, dass meine Unschuld allein nicht ausreichend ist, sie zu beschwichtigen.«
    Ein Adler mit blauen und weißen Schwingen erschien. Der Hauptmann sah zum ersten Mal einen Adler in diesen Farben. Ein erstauntes Raunen lief durch die Menge. Der Adler drehte zwei Runden am klaren Himmel und ließ sich dann auf der Schulter der Königin-Hexe nieder. Erbrow umarmte ihn mit aller Macht und verbarg ihr Gesichtchen in seinem Gefieder.
    Auf den Wehrgängen waren Schreie zu hören, nicht wie wenn man jemanden ruft, sondern Rufe des Wiedererkennens. Favolo, Carolo, Airolo … Einer der Soldaten beugte sich zur Königin.
    »Meine Herrin!«, rief er. »Kommt und schaut. Sie haben …«
    »Sie haben den Soldaten, der beim ersten Angriff gefallen ist, geköpft. Auch die Wachsoldaten, die auf die Warnfeuer achten sollten. Herrin. Kommt, und schaut, was sie mit ihren Köpfen angestellt haben.«
    Lisentrail war wieder dicht bei seinem Hauptmann, zusammen mit Trakrail.
    »He, Hauptmann«, fragte er. »Sehen sie das zum ersten Mal oder warum macht es ihnen solchen Eindruck?«
    Vom Ende des Platzes her war Stöhnen zu hören. Immer wieder ein lang gezogenes »Nein« und dann wieder Namen: Favolo, Carolo, Airolo …
    »Das müssen die Angehörigen der Geköpften sein, die Mütter und Frauen«, kommentierte Trakrail, und rief: »Lasst sie nicht auf die Wehrgänge hinauf! Lasst sie nicht hinauf!«
    Die Königin drehte sich um und sah Trakrail kurz an, dann wandte sie sich zu den Frauen, offenbar, um sie aufzuhalten oder zu trösten, aber es war schon zu spät, sie waren schon auf der steilen Steintreppe unterwegs nach oben. Die Königin versuchte, ihnen zu folgen, aber sie war langsam. Sie trug das Mädchen auf dem Arm und den Adler auf der Schulter, alles Gewicht, das zu dem ihrer Leibesfrucht noch hinzukam. Ein alter Würdenträger folgte ihr.
    Frauenweinen erhob sich, still und verzweifelt, ohne Schreie. Außer Atem kam die Königin am oberen Ende der steilen Treppe an und musste sich an die Mauer lehnen, um Luft zu schöpfen. Dann sah sie auf die Wehrgänge, wieder verschlug es ihr den Atem. Sie wurde bleich, vielleicht vor Ekel, während widerwärtiges, obszönes Geschrei und grobe Flüche in der Sprache der Orks aus deren Lager heraufdrangen.
    Das Mädchen fing an zu weinen.
    Die Königin übergab die Kleine dem Würdenträger, der sie fortbrachte, dann trat sie zu der Gruppe von Frauen, redete ihnen gut zu, tröstete sie und verscheuchte sie anschließend von den Wehrgängen.
    »Fort von hier, beweint sie woanders, nicht hier, und beweint sie in der Erinnerung an den Glanz

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