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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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funktionierten. Wenn auch langsam und unter Aufbietung des gesamten vorhandenen Holzvorrats waren sie imstande, das Flusswasser zu reinigen. Bei allergrößter Sparsamkeit, mit etwas Glück und etwas Regen würden sie also auch dem Durst trotzen können.
    Als Rosalba sich endlich in ihre Gemächer zurückziehen konnte, schlief Erbrow schon seit einer Weile, und sie konnte sie nicht begrüßen. Der Hofmeister des Königlichen Hauses verkündete ihr, dass das Mädchen gegessen habe, und trug ihr das Abendessen auf, das er als »Himmelshase mit getrockneten Trauben und Pinienkernen, serviert auf feinem Schalottenbett« bezeichnete. Der Teller war weiß mit Goldmuster, und daneben lagen ein kleines Messer und eine winzige Heugabel aus Silber, die Rosalba, während sie das Essen mit den Fingern zum Mund führte, neugierig betrachtete und sich fragte, wozu sie wohl gut sein mochten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie nicht bemerkt, welchen Hunger sie hatte, den unstillbaren Hunger der Frauen, die ein Kind erwarten.
    Der »Himmelshase« war wohl das Beste, was sie je gegessen hatte, und sie sagte es dem alten Herrn, der darüber glücklich strahlte.
    »Woher nehmt Ihr die Fledermäuse?«, fragte sie mit vollem Mund. »Und wie habt Ihr es angestellt, die Flügel zu karamellisieren?«
    »Die Verliese sind voll mit Fledermäusen, meine Herrin«, antwortete der alte Herr erfreut. »Zum Karamellisieren der Flügel vermischen wir Honig mit etwas Zitronensaft, so werden sie wunderbar knusprig. Dasselbe Verfahren verwenden wir übrigens auch für Rosenblüten, und im selben Mengenverhältnis. Wisst Ihr, meine Herrin, ich war verzweifelt, unsere Vorratskammern sind leerer als ein leeres Schneckenhaus. Von den Bränden heute sind sie verschont geblieben, aber wer sie nicht verschont hat, das war der Hof auf der Flucht, der alles mitgenommen hat, was nicht niet- und nagelfest war. Zum Glück hat Dame Aurora mich auf die Fledermäuse in den Verliesen aufmerksam gemacht. Niemals hätte ich an eine so ausgefallene Speise gedacht, aber was mir gesagt wurde, stimmt. Sie haben einen noch feineren Geschmack als Kaninchen und Hase.«
    »Dame Aurora?«, fragte Rosalba.
    Was wusste denn Aurora davon? Sie musste inmitten der Pracht ihres blühenden Gartens eine unbeschwerte Kindheit verbracht haben, ohne je mehr oder weniger ekelhafte Tiere jagen zu müssen, um nicht zu verhungern.
    »Ja«, entgegnete der alte Herr. »Sie hat auch mit dem Bogen die nötigen Tiere erlegt und hat mir empfohlen, sie in Salzwasser marinieren zu lassen, sodass die Haut sich leichter ablösen lässt. Seltsam, wie ein Mädchen, das immer im Wohlstand, wo nicht im Überfluss gelebt hat, über so ungewöhnliche Kenntnisse verfügen kann.«
    Die Mitteilung verminderte schlagartig Rosalbas Genuss an dem Abendessen, und alles schien ihr plötzlich weniger großartig zu schmecken, was aber doch kein Grund war, die Knöchelchen nicht fein säuberlich abzunagen. Während sie aß, die Ellbogen auf das bestickte Tischtuch gestützt und die Fledermausflügel in den Fingern, legte der Hofmeister des Königlichen Hauses ein kurzes, halbmondförmiges Schwert mit einem schweren Griff aus Stein und Kupfer neben sie, daran war ein kugelförmiger Anhänger aus Jade, worin das Bild der aufgehenden Sonne eingraviert war. Er war mit einem sehr alten und verschlissenen Lederband befestigt, das genauso abgegriffen und abgenutzt war wie die Scheide dieses sonderbaren Schwerts. Das Schwert und der Anhänger hingegen hatten, wie alt sie auch sein mochten, die Zeit unbeschadet überstanden.
    Rosalba sah diese Dinge an und empfand eine merkwürdige Freude bei dem Gedanken, sie zu besitzen, wie ein Gefühl der Zugehörigkeit. Sie erregten in ihr den mächtigen Wunsch, sie zu berühren, eine nie gefühlte Lust, sie in Händen zu halten.
    Fragend sah sie den alten Herrn an.
    »Das hat Sire Arduin gehört, meine Herrin«, beantwortete dieser die stumme Frage. »Das ist alles, was von ihm geblieben ist. Seine anderen Waffen, sein Schwert, sind mit ihm begraben. Das hier sind die einzigen Gegenstände, die noch in unserm Besitz sind. Es freut mich aufrichtig, dass Euch der Besitz dieser Dinge so glücklich macht. Denkt nur, wäre nicht Dame Aurora gewesen, ich hätte gar nicht daran gedacht, sie zu holen und Euch zu übergeben.«
    Der letzte Befehl, den Rosalba vor dem Schlafengehen gab, lautete, ihrer Tochter etwas anzuziehen, was nicht blau war, und ihr Haar zu bedecken. Der Hofmeister des

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