Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
Polenta mit Würmern; weniger als Trauben, aber mehr als Brombeeren. Das hatte ich vergessen.«
Sie nickte zustimmend und deutete ein Lächeln an. Lange schwieg sie nachdenklich, schließlich sagte sie: »Wir werden das Silber verteilen, Hauptmann. Und wir werden auch den Grund und Boden verteilen. Er wird nicht mehr der Grafschaft gehören, sondern denen, die ihn im Schweiße ihres Angesichts bearbeitet haben. Jedem werden die Felder, die er bestellt hat, als Eigentum gehören, wie das in Arstrid und in Erbrow war, und er kann sie seinen Nachkommen als Erbe hinterlassen. Wenn wir morgen kämpfen und die Belagerung durchbrechen, werden sie keine Sklaven mehr sein, die man wie Vieh kaufen und verkaufen kann. Wenn wir nicht durchkommen, werden wir alle sterben, bis zum letzten Wickelkind und bis zum letzten verlausten Huhn auf dieser Welt. Aber keiner von uns wird als Bettler sterben, wir werden als freie Menschen sterben. Schickt einen Ausrufer, er soll bekannt machen, dass auch die Geschäfte, Schlachthäuser, Waschtröge nicht mehr der Grafschaft gehören, sondern denen, die dort arbeiten.«
»Also kämpfen wir? Wir essen die Pferde nicht?«
»Ich weiß es noch nicht. Ich habe gesagt ›wenn‹.«
Rankstrail ließ sich vom Hofmeister des Königlichen Hauses dabei helfen, die Münzen in den drei Kisten zu zählen und auszurechnen, wie viele davon auf jedes Familienoberhaupt entfielen.
Er verteilte sie selbst, zusammen mit einem vom Seneschall vorbereiteten Stück Pergament mit Unterschrift und Siegel der Königin-Hexe, worauf jeder Familie das Eigentum an dem bis dahin von ihr bearbeiteten Boden bescheinigt wurde.
Danach kehrte Rankstrail wieder in den Saal des Großen Rates zurück.
»Die Krieger sind bereit zum Angriff, Herrin«, eröffnete er ihr fröhlich.
»Wirklich? Und wo habt Ihr die gefunden?«, fragte die Königin-Hexe fassungslos.
»Im Hof.«
»Aber im Hof, da sind doch nur die Flüchtlinge?«
»Das sind die Kämpfer, jeder von ihnen, der imstande ist, eine Waffe in der Hand zu tragen. Bisher waren sie Leibeigene, jetzt aber sind sie frei. Sie sind Eigentümer. Der Boden, auf dem die Orks lagern, gehört ihnen. Der Kohl, den die Orks verzehren, gehört ihnen, wie ihnen auch die Apfelbäume gehören, die sie für ihre Lagerfeuer fällen. Sie wollen in den Kampf ziehen und sie werden es tun. Wenn nicht wir sie heute Nacht in den Kampf führen, dann ziehen sie morgen früh allein hinaus.«
Die Königin-Hexe dachte lang nach, bevor sie eine Antwort gab.
»Wir selbst werden sie bei Tagesanbruch hinausführen«, sagte sie schließlich. »Vielleicht ist ja noch nicht alles verloren. Wenn die Bogenschützen uns Deckung geben, könnten wir auch ohne Reiterei einen Ausfall bis zum Ufer machen und versuchen, ihre Reihen zu durchbrechen. Es genügt, wenn wir bis zu ihren Vorratslagern kommen. Ihre neue Brücke kann nur hinter dem Schilf sein, die einzige Stelle, die wir nicht einsehen können. Wir haben noch ein paar Brandfläschchen. Wir müssen versuchen, das Nordufer von ihnen zu befreien. Sie werden den Mut verlieren und wir haben zu essen. Und haben ein paar Tage gewonnen. Wir müssen nur noch ein wenig durchhalten. Früher oder später wird Verstärkung kommen. Jemand wird kommen und für uns kämpfen. Die Soldaten, die Ihr befreit habt, waren auf dem Weg zu uns, wollten sich uns anschließen. Andere werden folgen.«
Der Seneschall dämpfte ihren Enthusiasmus.
»Und wie gedenkt Ihr sie zu bewaffnen, Eure ›Krieger‹, wie Ihr sie nennt? Die Waffenkammern sind leer. Wollt Ihr sie vielleicht mit Sicheln und Schleudern gegen die Orks schicken?«
Die Königin-Hexe und der Hauptmann wechselten einen Blick, dann sagten beide wie aus einem Mund: »Die Schwerter der Könige!«
»Die Schwerter der Könige?«, brauste der Seneschall auf. »Wollt Ihr diesen Hungerleidern etwa die Schwerter unserer Könige in die Hand drücken?«
Die Königin-Hexe blieb völlig ruhig. Sanft sagte sie, es wäre für die alten Könige gewiss eine Ehre, dass ihre kostbaren Schwerter endlich zu etwas nütze waren, außer ihre behandschuhten Hände zu stützen. Beinah freundlich erklärte sie, diese Könige wären bestimmt erfreut zu wissen, dass ihre Schwerter vom Volk benutzt wurden, um seine Kinder und auch seine Hühner zu retten, nachdem die Adeligen und die Militärs sich aus dem Staub gemacht und ihren Allerwertesten sowie das Gold der Grafschaft in Sicherheit gebracht hatten. Fast zärtlich setzte sie hinzu, falls
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