Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
anderen, ergriff das Wort, sprach aber irgendwie seltsam, langsam und die Silben einzeln betonend, wie man mit sehr kleinen oder etwas begriffsstutzigen Kindern redet. Er fragte ihn, ob er der Hauptmann sei und ob das Gerücht wahr sei, dass er schreiben könne.
»Warum?«, fragte der Hauptmann. »Braucht Ihr einen Schreiber?«
Einen Schreiber brauchten sie nicht. Schüchtern, in abgerissenen Worten und nach wie vor laut, langsam und deutlich artikulierend, wie man mit Idioten spricht, konnten sie schließlich vorbringen, was sie wollten. Sie waren die Ehrengarde der Tochter des Verwaltungsrichters, Aurora, Prinzessin von Daligar. Sie musste immer unter Aufsicht eines Bewaffneten stehen und sie wechselten sich im Turnus ab, jeder einen halben Tag. Im Allgemeinen rissen sie sich darum, stets pünktlich auf ihrem Posten zu sein, aber jetzt war ihre Anwesenheit bei den bevorstehenden Feierlichkeiten unumgänglich und sie brauchten einen Stellvertreter.
»Morgen«, sagte der, der zuerst das Wort ergriffen hatte, »ist der zwanzigste Jahrestag des Amtsantritts unseres herrlichen und geliebten Verwaltungsrichters, der für uns ein wahrer Landesvater ist.«
»Außerdem«, ergänzte ein Zweiter, »fällt dieser Jahrestag zusammen mit einem halben Jahrhundert Erdendasein unseres geliebten Führers.«
»Damit nicht genug«, fuhr ein Dritter fort, »die Feierlichkeiten sollen auch unsere ganze Dankbarkeit demjenigen gegenüber zum Ausdruck bringen, der sein ganzes Leben aufopfert für dieses Land, das auch das unsere ist …«
Da endlich begriff der Hauptmann den Grund für die Gleichgültigkeit, mit der sie empfangen worden waren. Zu dem denkwürdigen historischen Anlass waren unsägliche, unerhörte Festlichkeiten geplant, die alle schnöden, alltäglichen Belange ganz in den Hintergrund rückten, so auch das Problem der Grenzlande. Sich die Mühe zu machen, jemanden dorthin zu schicken, um die Orks, wenn nicht zu verjagen, so doch wenigstens aufzuhalten; auch sich für diejenigen, die gegen die Orks kämpfen sollten, um Verpflegung und Unterkunft zu kümmern, das alles schien vollkommen nebensächlich im Vergleich zu der hochbedeutenden Aufgabe, die Balkone zu schmücken und eine angemessene Zahl Apfelküchlein herzustellen. Die geplanten Festlichkeiten und Feierlichkeiten waren so pompös und großartig, dass keine einzige Familie der Honoratioren und des Adels ausgeschlossen sein wollte.
»Verstehst du, es wäre undenkbar, nicht dabei zu sein.«
»Unvorstellbar.«
»Unverzeihlich.«
»Ganz zu schweigen von der Tatsache«, ergänzte ein Vierter, der bisher nicht gewagt hatte, den Mund aufzumachen, »dass in keiner Familie nicht mindestens ein Angehöriger in den unterirdischen Verliesen, am Galgen oder am Pranger war oder ist, und da, verstehst du … Nicht dass es nicht gerecht war, sie dorthin zu bringen, wo sie sind … im Gegenteil, wir haben uns beim Verwaltungsrichter zu entschuldigen, dass er sich die Mühe machen musste, sie beiseitezuschaffen … Nicht dass sie nicht schuldig wären … morgen nicht dabei zu sein …«
»Manchmal hat schon weitaus weniger genügt«, flüsterte einer der Fußsoldaten, »weniger, als bei einer Feierlichkeit nicht dabei zu sein. Mein Vater hat einmal gefehlt, weil er verwundet war, er war im Kampf für ihn verwundet worden … und trotzdem … hat man ihn …«, der Junge verstummte plötzlich unter den funkelnden Blicken der Kavalleristen. Sie konnten ihren Kameraden aber nicht zum Schweigen bringen.
»Die Zeremonie morgen ist eine absolute Notwendigkeit. Wenn wir niemanden finden, der uns vertritt, dann trifft es mich, ich bin der Jüngste, dann muss ich der Feier fernbleiben. Das ist gefährlich. Der Richter merkt sich jede Abwesenheit, während die Gründe für eine Abwesenheit seinem Gedächtnis entfallen. Manchmal hat schon weitaus weniger genügt …«
Der junge Fußsoldat verstummte, sah Rankstrail mit gequältem Ausdruck an und platzte heraus: »Aber was noch viel wichtiger ist, wenn wir uns morgen nicht alle um ihn scharen, wie soll er da wissen, wie sehr wir ihn lieben? Vor allem ich, der ich einer Familie angehöre, die dem Richter die Unannehmlichkeit bereitet hat, sie zur Strafe auslöschen zu müssen, wie könnte ich da fehlen?«
Die anderen in der Gruppe, die vom ersten Teil seiner Rede empört gewesen waren, pflichteten dem zweiten Teil begeistert und mit leuchtenden Augen bei.
Rankstrail wurde klar, dass diese Männer nicht nur von einer Mischung aus
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