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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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verzichten müssen. Rankstrail hatte nicht einmal mehr einen Kupfergroschen.
    In einer Nische in der Stadtmauer stand ein Teppichverkäufer. Sein Bruder Borstril, der gelernt hatte, sein merkwürdiges Idiom zu verstehen, erklärte ihm, der Mann sei gezwungen gewesen, seine Heimat zu verlassen, nachdem eine Windhose die Karawanenstadt Donadia, was so viel heißt wie Gabe Gottes, zerstört hatte: »Donadiaheißtmeinestadt, eingeschenkdergöttersieist, dievieltausendmalschöne …«
    Früher, bevor sie in vierzig Tagen und vierzig Nächten eines unaufhörlichen, wolkenbruchartigen Regens überschwemmt worden war, hatte die Stadt Gounnert geheißen, das heißt die Beliebte, die ihrerseits aus den Ruinen von Lakkil, La Fortunella, die Glückliche, hervorgegangen war, die ein Erdbeben vernichtet hatte. Der Händler verkaufte Teppiche, die wie die Zelte, die er hinter sich gelassen hatte, die Farben des Winds und der Sonne hatten. Wenn es ihm je gelingen sollte, was höchst unwahrscheinlich war, auch nur einen seiner Teppich zu verkaufen, würde er vermutlich dorthin zurückkehren können und seine Zelte in den Farben des Winds und der Sonne wiederaufbauen. Im Gässchen erklang die Hoffnung, etwas verkaufen zu können, die ihn erfüllte.
    »Eiihrschönesmannsbild, kauftdochnureinenteppich!«
    »Er fragt, ob du ihm einen Teppich abkaufen willst«, übersetzte Borstril.
    Rankstrail schüttelte den Kopf. Jetzt gellten Verzweiflung und Wut durch das Gässchen.
    »Blutsollstduspucken, beiderseeledeinertoten.«
    »Das sind Verwünschungen«, erklärte Borstril, »er hat dir gewünscht, dass du Blut spucken sollst, und hat Kommentare über deine Vorfahren abgegeben, aber nicht wütend werden, ich bitte dich, er ist nicht böse. Er ist nur verzweifelt, weil er kein Geld hat.«
    »Das kann ich verstehen«, erwiderte der Hauptmann knapp.
    Dann verflog seine Traurigkeit auf einmal.
    Er dachte wieder an die Kühe und an die gebratenen Auberginenscheiben.
    Er musste laut lachen.
    Er umarmte Borstril.
    »Es ist eine Ehre, dich zum Bruder zu haben«, sagte er zu ihm und sah sein glückliches Lächeln.
    Er überlegte sich, dass er damit etwas Grundsätzliches entdeckt hatte. Zu wissen, dass jemand es schätzt, dass wir da sind, kann wertvoller sein als ein Sesamkringel mit Honig. Er nahm sich vor, das zu bedenken, wenn er mit seinen Männern zu tun hatte, und machte sich schließlich auf den Weg.
     
    Rankstrail hatte den Bogen nicht bei sich, aber seine alte Schleuder genügte auch. Die Reiher flogen auf, wenn er vorüberkam. Er erlegte zwei davon, fast vor der Nase der Jagdhüter, und er machte sich ein Vergnügen daraus, ihnen zu entwischen. Einen Reiher verkaufte er am Stadttor von Daligar für sechs Groschen, wovon drei sofort in Bohnen und Brot umgesetzt wurden. Letzteres teilte er mit Lisentrail. Der Reiher und das Brot für drei Groschen waren ein Segen. Nichts war für sie bereit. Die Gleichgültigkeit, mit der man sie, ihn und die anderen Söldner, empfangen hatte, war größer denn je, und da es sonst immer nur knapp zum Überleben reichte, bedeutete das, entweder sie sorgten für sich selber oder sie starben in einem Klima allgemeinen Desinteresses den Hungerstod.
    Rankstrail und Lisentrail brieten ihren Reiher über einer Feuerstelle, die sie sich außerhalb des Stalls aus Steinen zusammengebaut hatten.
    »He, Hauptmann«, sagte Lisentrail erstaunt und zufrieden, »dein Schwertstummel ist ja wie geschaffen dafür, als Bratenspieß verwendet zu werden. Es ist eine Spanne unterhalb vom Griff abgebrochen, und zwar so schief, dass sich ein Braten gut aufspießen lässt und auch schön fest sitzt. Auch gegen die Orks ist er zu was gut. Sobald du ein Schwert von einer Spanne Länge herausziehst, lachen die sich tot, und das erspart uns die Mühe, sie umzubringen.«
    Als Antwort brummte der Hauptmann irgendetwas Unverständliches.
    Der Duft des Reiherbratens verbreitete sich, aber statt der zu erwartenden Schlange von Bettlern und Bittstellern erschien ein halbes Dutzend Kavalleristen und Fußsoldaten vor Rankstrail, die Ersten mit karmesinroten Abzeichen, die Zweiten bescheidener in Weiß. Es waren junge Männer. Sie trugen keinen Harnisch, sondern leichte Kettenhemden und Samtröcke mit goldbestickten Kragen, die sie als Angehörige der höchsten aristokratischen Kreise innerhalb der Armee von Daligar auswiesen. Rankstrail, der vor seinem Bratspieß hockte, stand auf.
    Derjenige in der Gruppe, der etwas älter schien als die

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