Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
Vom Netzwerk:
davon hören, das Wolfsjunge da zu lassen, wo er es gefunden hatte. Es schlief in seinem Arm und sie hatten einen gemeinsamen Feind.
    Das junge Tier war ein Gewinn für den Hauptmann, dessen Nächte immer mühsamer und unruhiger wurden, da ihn immer wieder der Traum mit den Wolfsklauen quälte. Er und der junge Wolf schliefen aneinander geschmiegt, und das eingerollte Junge neben sich zu haben wie eine warme Kugel aus Fell oder eine Art sehr viel kleineren Bruder, verringerte in gewisser Weise seine Angst, und der Traum kam seltener und wurde weniger bedrohlich.
    Das Junge wuchs heran. Einer der Rekruten hatte als Schausteller mit dressierten Hunden gearbeitet und bot seine Mitwirkung bei der Erziehung des Tieres an. Der kleine Wolf war intelligent und lernte die elementaren Kommandos für das Zusammenleben mit den Menschen schnell, einschließlich seines Namens, der einfach Wolf lautete. Er folgte Rankstrail überallhin, schnell und leise wie sein Schatten. Sie hießen nun der Bär und der Wolf.
    Die ohnehin schon wenig vertraueneinflößende Erscheinung des Hauptmanns wurde mit dem Wolf an seiner Seite noch abschreckender. Die Schäfer versuchten, sich mit ihren Herden vom Gespaltenen Berg möglichst fernzuhalten. Die Frauen in den Dörfern verbarrikadierten sich in ihren Häusern, wenn die Soldaten vorbeizogen.
    Von den Orks weiterhin keine Spur. Die vom Hauptmann errichteten Barrikaden waren unüberwindlich, aber seine Laune wurde dadurch nicht besser. Er schien von den Orks geradezu besessen und wollte wissen, ob sie da waren oder nicht.
    Die Pferde auf der Hochebene von Malevent waren eher Lastals Reittiere. Bis sie zum Verkauf kamen, konnten sie dort frei herumlaufen, bereit, sich von den Söldnern streicheln und reiten zu lassen, wenn die nichts zu tun hatten. Die Pferdehüter erboten sich, ihnen die Grundkenntnisse des Reitens beizubringen, im Tausch gegen Unterricht im Gebrauch von Schwert und Bogen. Viele der Söldner lernten reiten, der Hauptmann auch.
    Während des Ritts auf einem dieser kräftigen und ruhigen Tiere gelangten der Hauptmann, Lisentrail, Trakrail und Nirdly, der Zwerg nach Talil, das Dorf am äußersten Rand von Bonavent, das noch in Hand der Menschen war. Alles war hier mit Schnitzarbeiten überzogen, von den schrecklich quietschenden Türen über die dunklen und wackligen Fensterrahmen, die schief in den Angeln hingen, bis hin zu den zerbrochenen Dachziegeln. Auf den schmutzigen Straßen lagen, von Scharen Fliegen umschwirrt, verrottete Kohlstrünke und Ziegenmist herum, die niemand wegräumte. Am Ende des Orts, zwischen Weinbergen, die zu verwildern begannen, lag ein kleiner Teich.
    »Aber ist es denen denn egal, wo sie leben?«, fragte Lisentrail.
    »Das wird wohl so sein, weil sie in der Nähe der Orks leben«, entgegnete Nirdly. »Das ist, wie wenn du mit einem zusammen bist, der Läuse hat, dann kriegst du auch Läuse.«
    »Vielleicht ist es nur die Ungewissheit«, schlug Trakrail vor. »Sie leben direkt an der Grenze, in der Gefahr, von einem Augenblick auf den anderen fortgehen zu müssen. Wer Angst hat, seine Bleibe verlassen zu müssen, verwendet keine Mühe darauf, sie instand zu halten.«
    Die Schnitzarbeiten waren großartig: Hoch- und Basreliefs lösten einander ab und zeigten verwunschene Gärten und tierische Fabelwesen. Der Hauptmann fragte sich, ob das nicht vielleicht sein Geburtsort war, dessen Namen er nie erfahren hatte. Er ging auf einen Alten zu, der sich, auf seinen Spaten gestützt, über eine Reihe kümmerlicher Kohlköpfe beugte. Er sagte ihm, wie seine Eltern hießen und ob er sie zufällig kenne, da sie vielleicht aus diesem Ort stammten. Der Alte antwortete nicht, schüttelte nur unbestimmt den Kopf, ohne ihn auch nur einmal zu heben, den Blick unverwandt auf die Kohlköpfe gerichtet.
    Der Hauptmann ging.
    »Wir haben ihm nicht gefallen«, schloss Lisentrail. »Vielleicht mag er keine Zwerge«, fuhr er fort, in dem Versuch, die mangelnde Höflichkeit des Alten zu erklären. »Die Leute nennen sie Gnome, von wegen Herren vom Volk der Zwerge, wie du sie nennst, und niemand will einen vor seiner Tür sehen.«
     
    Der Sommer ging herum. Ein eisiger Nordwind begann, über die Hochebene zu fegen.
    Mit dem zweiten Herbst traf plötzlich, schnell wie der Wind auf seinem braunen Ross, ein Bote aus Daligar ein.
    Ein Drache war gesichtet worden. Jemand ritt auf ihm, und sie wussten, wer das war. Das konnte nur der Elf sein, der Verfluchte, der Verhasste, der Feind,

Weitere Kostenlose Bücher