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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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sogar noch gefälliger und angenehmer sein konnte und daß sie Erfolg hatte in dem, was sie zu tun glaubte. Daß es funktionierte, erwies sich von selbst; ein Mädchen wie sie, das von draußen stammte, eine Empfangsdame im Büro Seiner Ehren des Bürgermeisters, und von ihm in einem Stil gehalten, den sich die Menschen draußen nicht vorstellen konnten...
    Nur besaß diese Angelegenheit eben auch ihre Schattenseiten, und daß sie hier war, war eine davon, die sie nie erwogen hatte...
    Irgendwo unten ging eine Tür auf. Ihr Herz machte einen Satz. Sie wollte schon aufspringen und überlegte sich dann, daß es besser war, beiläufig zu wirken, dann wieder, ob es vielleicht nicht doch besser sei, ängstlich und besorgt zu wirken, dem Grund angemessen, aus dem Richard sie hierher geschickt hatte. Vielleicht sollte sie weinen. Vielleicht war es Richard. Es
mußte
Richard sein.
    Sie legte das Magazin weg und rang die Hände, dieses eine Mal in ihrem Leben nicht wissend, was sie mit ihnen machen sollte, aber selbst das war eine hübsche Geste, und sie wußte es.
    Die Tür ging auf. Es war der militärische Aufseher mit dem Abendessen.
    »Ich kann nichts essen«, sagte sie. Im Augenblick schien starke Niedergeschlagenheit der Trick der Wahl zu sein. Sie wandte das Gesicht ab, aber er kam herein und stellte das Essen auf den Tisch.
    »Das ist Ihr Problem«, sagte er und machte Anstalten zu gehen.
    »Warten Sie!« Er blieb stehen, und sie warf ihm ihren besten flehenden Blick zu... ein älterer Mann und der Typ, dem durch Schönheit sehr stark geschmeichelt werden konnte... geschmeichelt dann, wenn sie wunderbar wirkte, und sie legte ein entsprechendes Gehabe an den Tag. »Bitte. Ist irgendeine Nachricht... von Richard gekommen?«
    »Nein«, sagte er bestürzend unzugänglich. »Rechnen Sie auch nicht mit einer.«
    »Bitte. Bitte sagen Sie ihm, daß ich mit ihm sprechen möchte!«
    »Wenn er danach fragt.«
»Bitte! Mein Telephon funktioniert nicht.«
»Soll es auch nicht. Bei keinem Gefangenen funktioniert es. Nur bei denen mit Privilegien. Sie haben keine.«
    »
Sagen
Sie ihm, daß ich mit ihm sprechen möchte. Sagen Sie es ihm. Die Nachricht ist für ihn. Wird nicht er entscheiden, ob er sie hören will?«
    Das traf. Sie erkannte am Mund die Unentschiedenheit. Der Mann schloß die Tür; sie hörte, wie sich seine Schritte entfernten. Sie verschränkte die Hände fest ineinander, als sie feststellte, daß sie zitterten.
    Und sie ignorierte das Essen, holte wieder ihre Zeitschriften hervor und versuchte zu lesen, aber es beschäftigte ihren Verstand kaum. Sie wagte nicht, sich auf das Bett zu setzen und die Knie hochzuziehen und zu lesen; oder sich hinzusetzen und zu essen; beides wäre zu formlos gewesen, zu reizlos. Sie wollte sich schon mit der Hand durchs Haar fahren, aber damit hätte sie es in Unordnung gebracht. Sie ging hin und her und verzehrte sich dabei, kam schließlich zu dem Entschluß, daß sie ihr Negligé anlegen konnte, und wenn Seine Ehren zu ihr hereinkäme und sie darin sähe, umso besser.
    Sie holte nicht das helle, orangefarbene hervor, sondern das weiße, mit Spitzen besetzte, nur da und dort durchsichtig, unschuldig. Unschuld schien im Moment sehr kostbar. Sie ging ins Bad zum Spiegel, wischte sich den Lippenstift ab und wusch sich das Gesicht und machte alles noch einmal von neuem, mit weichem Rosa und rosigen Tönungen; danach fühlte sie sich tapferer. Aber als sie wieder hinausging, um sich aufs Bett zu setzen, war da dieses schwarze Fenster, leer und kalt und ohne irgendeinen Vorhang, den man vor die Nacht ziehen konnte. Es war sehr einsam, an diesem Ort zu schlafen. Sie ertrug es nicht, allein zu sein.
    Und sie hatte so manche Nacht allein geschlafen, bis Tom in ihr Leben getreten war. Tom Ash war ein Angestellter im Büro des Bürgermeisters, in dem Amtszimmer direkt neben ihrem. Und er war süß und nett – schließlich war sie schön und immer noch jung, erst dreißig, und sieben Jahre hatte sie Richard geschenkt, der nicht schön war, wenn auch attraktiv in der Art der älteren und mächtigen Männer; aber Tom war... Tom war stattlich und ein guter Liebhaber und besaß all die Eigenschaften, die ihr zustanden, wenn man den Liebesgeschichten glaubte, und überdies liebte er sie. Das hatte er gesagt.
    Richard wußte nichts von ihm. Argwöhnte es nur. Tom war zur Tür hinausgeeilt, bevor Richard eintraf, und es bestand überhaupt keine Möglichkeit, daß Richard wußte, wer er war; um genauer

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