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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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zu sein: Richard hatte gefragt, wer es war.
    Und wenn Richard die Macht hatte, sie entgegen allen Gesetzen hier einzusperren, dann hatte er auch die Macht, Tom hierher zu bringen, und vielleicht noch schlimmere Dinge zu tun.
    Sie würde es Richard nicht beichten, das war alles. Sie wollte es nicht beichten, oder sie würde ihm einfach einen anderen Namen nennen und es Richard überlassen, sich alles auszurechnen.
    Richard hatte keinen Beweis für irgend etwas.
    Und abgesehen davon war sie nicht sein Eigentum. Nur gefielen ihr einfach die schönen Sachen und hübschen Kleider und die nette Wohnung – all die Dinge, die Tom ihr nie geben konnte. Selbst ihren Schmuck... Richard konnte einen Weg finden, ihn ihr wieder wegzunehmen. Konnte sie auf die schwarze Liste setzen, so daß sie nie wieder eine Stelle fand, sie im Exil außerhalb der Wälle enden würde.
    Sie las gerade eine Liebesgeschichte über eine Frau, die in ein ähnliches romantisches Dreiecksverhältnis geraten war, und diese Geschichte ähnelte ihrer Situation nur allzu sehr. Sie hatte fast Angst davor herauszufinden, wie sie endete. Leichter Lesestoff. Sie hatte stets leichten Lesestoff gemocht, der von wirklichen,
engagierten
Menschen handelte, aber auf einmal war er zu dramatisch und bezog sie mit ein.
    Aber die Geschichte mußte ein glückliches Ende haben; alle derartigen Geschichten hatten eines, was der Grund war, warum sie sie immer wieder las; sie gewann daraus die Gewißheit, daß es auch für sie ein glückliches Ende gab, und daß schöne Frauen auch weiterhin klug sein und ein glückliches Geschick haben konnten.
    Wer um alles in der Welt
wollte
eigentlich eine Tragödie?
    Das Lesen machte sie müde, da sie auch schon mehrfach den Faden verloren hatte, und sie rückte die Kissen zurecht und legte sich in eine so dekorative Position, wie es nur ging, drückte auf den Lichtschalter am Kopfende des Bettes und schloß die Augen.
    Sie schlief tatsächlich eine Zeitlang, war erschöpfter, als sie es je gekannt hatte, und kam mit dem bestimmten Eindruck wieder zu sich, daß jemand in ihrer Nähe geflüstert hatte, zwei Personen sogar, mit sehr hellen Stimmen.
    Kinder – um alles in der Welt – Kinder im Tower? Sie öffnete die Augen und starrte in Kerzenlicht, erblickte zu ihrer Verwunderung zwei kleine Jungen an der Ziegelsteinwand, bekleidet mit rotem und blauem Brokat, mit bleichen Gesichtern, zerzaustem Haar und wunderbar hellen Augen.
    »Oh«, sagte einer, »sie ist wach.«
»Wer seid ihr?« wollte sie wissen.
»Sie ist schön«, sagte der andere. »Ich frage mich, ob sie auch nett ist.«
    Sie setzte sich kerzengerade auf, und die beiden Jungen hielten sich gegenseitig fest, als seien sie von ihr erschreckt worden... – sie konnten kaum älter als zwölf sein –, und starrten sie mit geweiteten Augen an.
    »Wer
seid
ihr?« fragte Bettine.
»Ich bin Edward«, sagte der eine; »Ich bin Richard«, der andere.
    »Und wie seid ihr hier hereingekommen?« Edward ließ Richards Arm los und deutete vage nach unten. »Wir leben hier«, sagte er, und ein Teil seiner Hand schien mitten durch die Wand zu gehen.
    Da erkannte sie, wer sie sein mußten, wenn sie nicht Geschöpfe eines Traums waren, und das Haar auf ihrem Nacken stellte sich auf, und sie zog die Decke hoch, um sich zuzudecken, denn das Kleid verhüllte sie kaum, und es waren tatsächlich Kinder. Es waren reizende Kinder mit ziemlich klugen Augen, angetan mit Erwachsenenkleidern, die alt und verstaubt aussahen.
    »Wie bist du hergekommen?« fragte Richard wie ein Echo zu ihrer Frage. »Wer hat dich hergeschickt? Bist du eine Königin?«
    »Richard Collier, der Oberbürgermeister.«
»Ah«, sagte Edward. »Auch uns hat ein Richard hierhergeschickt. Er soll uns beide ermordet haben, aber das hat er nicht, weißt du.«
    Sie schüttelte den Kopf. Sie wußte es nicht. Sie hatte sich nie für Geschichte interessiert. Weiterhin hielt sie sich an der Idee fest, daß die beiden Kinder ein Traum waren, irgendeine alte Schulstunde, die aus ihrem Unterbewußtsein hervortrat, denn obwohl sie an Geister und Horoskope glaubte, drehte sich ihr Verstand noch unter dem Einfluß der vorangegangenen Schocks.
    »Wir kommen immer als erste«, sagte Edward. »Ich bin ein König, weißt du.«
    »Als erste? Wer
seid
ihr? Was macht ihr hier?«
    »Na, so ziemlich dasselbe wie alle anderen auch«, erwiderte der junge Edward lachend, und seine Augen wirkten, obwohl sein Gesicht das eines Kindes war, jetzt furchterregend

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