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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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sich zu kommen, denn nachts stand ein Posten draußen im Vorraum. Vielleicht war sie letztlich doch ein wenig verrückt. Ihre Abwesenheit bereitete Bettine Kummer, während sie in diesem Limbus einer tragischen Komödie lebte, Richard und Tom fehlten ihr jedoch nicht. Sie beobachtete, wie die Stadt brannte, und lauschte dem Schritt von Soldaten auf dem Hof, beobachtete aus ihrem einsamen Fenster auch die Geschützbesatzungen. Es war die Zeit vor dem Abendessen, als sie sie ein wenig sich selbst überließen – wenn man einen Posten an der Tür zur Treppe dabei vernachlässigen konnte. Sie hatten wie üblich den Vorraum abgeschlossen, um die Hereinreichung des Essens vorzubereiten.
    »Ein ganz schöner Aufruhr, den du erzeugt hast.« Sie wandte sich vom Fenster ab und starrte Marc erstaunt an. »Aber es ist noch Tag.«
    »Ich
bin
ein wenig blaß«, sagte er und betrachtete dabei seine Hand, blickte dann wieder auf. »Wie geht es dir, Bettine?«
    »Es ist lächerlich, nicht wahr?« Sie deutete auf den Hof und die Kanonen. »Sie halten mich für gefährlich.«
    »Aber das bist du auch.«
    Sie dachte darüber nach, überlegte, wie verängstigt die Soldaten waren und was in London passierte. »Sie fragen mich ständig nach Namen. Heute haben sie mich bedroht. Ich bin nicht sicher, daß ich so tapfer bin, Marc. Das bin ich wirklich nicht.«
    »Aber du kennst überhaupt keine.«
»Nein«, sagte sie, »natürlich nicht. Also gelte ich als tapfer, oder nicht?«
    »Die andere Seite braucht einen Märtyrer, und das wirst du sein. Du weißt es.«
    »Was passiert draußen? Hat die Königin es von ihren Spionen erfahren?«
    »Oh, ziemlich viel Gewalt. Wäre ich noch am Leben, würde ich draußen mitmischen; das ist eine Sache für Soldaten. Die Sternenschiffe halten sich abseits und warten nur. Der alte Bürgermeister hat unter dem Tisch Geschäfte zugunsten einer bestimmten Gesellschaft gemacht; die Büros dieser Gesellschaft, die ihn unterstützte, wurden demoliert; andere halten sich bereit, einzugreifen und die Rebellen zu unterstützen, die eigenen Rivalen auszumanövrieren. Die Ausläufer dieser Sache gehen bis zu Sternen, die du nie gesehen hast.«
    »Erstaunlich.«
»Du hast keine Angst.«
»Natürlich habe ich Angst.«
»Gestern bot sich eine Gelegenheit für dich, in einer Machtposition zu landen. Ein Mob war hierher unterwegs, um dich herauszuholen, aber die Soldaten haben ihn abgewehrt.«
    »Na, es ist wahrscheinlich gut, daß sie nicht bis zu mir durchgekommen sind. Ich fürchte, ich wüßte nicht, was ich mit London machen sollte, wenn sie es mir geben würden. Elisabeth hatte recht.«
    »Aber die wahren Anführer der Revolution sind inzwischen hervorgetreten. Sie benutzen deinen Namen, um daraus einen Fall zu konstruieren. Das ist der Funke, den sie schon so lange brauchen. Dein Name ist ihre Waffe.«
    Sie zuckte die Achseln.
»Sie haben einen Mann hier innerhalb der Mauern, Bettine... verstehst du, was ich sagen will?«
    »Nein, tue ich nicht.«
»Ich konnte nicht vorher kommen; es war immer noch dein Augenblick – diese letzten Tage. Niemand von uns konnte sich einmischen. Es wäre nicht richtig gewesen. Aber ich verschiebe die Linie etwas – nur ein wenig. Das mache ich immer. Verstehst du mich jetzt, Bettine?«
    »Werde ich sterben?«
»Er ist unterwegs. Er gehört zu den Revolutionären – nicht zu den Loyalisten. Die Revolution braucht einen Märtyrer. Und sie haben Angst, du könntest hinauskommen. Sie können nicht zulassen, daß ihnen irgendein Mob die eigene Bewegung aus den Händen nimmt. Du wirst sterben, ja. Und sie werden behaupten, die Soldaten hätten dich getötet, um eine Rettung zu verhindern. Wie es auch ausgeht, sie gewinnen.«
    Sie blickte zur Tür und biß sich auf die Lippen. Sie hörte, wie eine Tür aufging und Schritte heraufkamen. Ein kurzes Handgemenge.
    »Ich bin hier«, sagte Marc.
»Mußt du nicht wieder weggehen? Ist das nicht...
    etwas, was ich selbst tun muß?«
»Nur wenn du willst.«
    Die innere Tür ging auf. Ein Mann mit wildem Blick stand dort. Er hatte eine Pistole und feuerte mitten in ihr Gesicht. Es
tat weh
. Es schien zu rasch zu kommen, zur falschen Zeit; sie war nicht bereit, hatte noch nicht alles gesagt, was sie sagen wollte.
    »Es gibt noch vieles, was ich tun wollte«, beschwerte sie sich.
    »Das gibt es immer.«
    Sie hatte nicht gewußt, daß Marc noch da war; dieser Ort war unbestimmt und seltsam.
    »Ist es vorbei? Marc, ich war noch nicht fertig. Ich hatte

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