Die letzten Tage Europas: Wie wir eine gute Idee versenken (German Edition)
Probleme lösen. Aber das Bild, das die Welt bietet, ist ein überwältigend positives Bild.)
Das war, wie gesagt, Ende Januar 2013. Sechs Wochen später brach die Zypernkrise aus, von der Herman Van Rompuy, die 41 Mitglieder seines Kabinetts, die 27 EU -Kommissare, die 766 Abgeordneten des EU -Parlaments und alle übrigen Berufseuropäer kalt erwischt worden sind. Oder sie haben auf cool gemacht, in der Hoffnung, es würde ein Wunder geschehen und der bittere Kelch an ihnen vorbeiziehen.
Zu sagen, »the global picture« sei »overwhelming(ly) positive«, kostet keine Anstrengung, wenn man in der Business-Class irgendwo einfliegt, von gleichgearteten Funktionären in Empfang genommen und dann zwischen dem Hotel und dem Konferenzort hin- und hergeshuttelt wird, alles auf Kosten derjenigen, die mit ihren Steuern den Lebensstil dieses neuen europäischen Adels finanzieren.
Jetzt sagen Sie bitte nicht, das sei ein populistisches Argument. Wir würden auch die Beamten in den Gemeinden, in den Ländern und im Bund finanzieren, dazu Landräte, Kreistage und Regierungspräsidenten, 16 Landtage, den Bundestag, den Bundesrat, die ARD und das ZDF , ein halbes Dutzend Parteistiftungen und zwei Dutzend bundesunmittelbare Anstalten, von deren Existenz Sie noch nie etwas gehört haben – wie die »Bundesanstalt für Immobilienaufgaben«, zuständig für die Verwaltung der bundeseigenen Liegenschaften, die »Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben«, die Nachfolgerin der »Treuhand«, das »Bundesamt für Migration und Flüchtlinge«, die »Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung«, die »Bundesanstalt für Wasserbau«, die das deutsche Wasserstraßennetz verwaltet, und dergleichen mehr.
Erstens habe ich nichts gegen populistische Argumente, im Gegenteil. Zweitens muss man einer urwaldartig wuchernden Bürokratie nicht die Krone aufsetzen, indem man sie überdacht, mit einer weiteren bürokratischen Ebene, die den untergeordneten Instanzen nur dazu dient, sich im Bedarfsfalle für unzuständig zu erklären. Und drittens: Egal, was Sie von Angela Merkel halten, ob Sie mit ihrer Politik einverstanden sind oder nicht – Sie können die Bundeskanzlerin wählen und abwählen. Sie ist Ihnen rechenschaftspflichtig. Herman Van Rompuy, der nach Santiago de Chile düst, um dort die EU wie einen Beauty-Salon vorzustellen, ist es nicht. Wenn er sich nach Ablauf seiner zweiten Amtszeit am 30. November 2014 ins Privatleben zurückzieht, wird von ihm nur die Erinnerung an einen Grüßaugust bleiben, der bei offiziellen Anlässen das Büfett für eröffnet erklärt hat. Sein Jahresgehalt liegt mit mehr als 300000 Euro über dem des amerikanischen Präsidenten. Einschließlich aller Ausgaben für Personal, Sicherheit, Konferenzen und Reisen kostet das völlig überflüssige Amt den europäischen Steuerzahler mehr als 25 Millionen Euro jährlich. Man kann ungeprüft davon ausgehen, dass er auch als Rentner mit etwa 70 Prozent seines letzten Gehalts nicht auf Sozialhilfe angewiesen sein wird.
Von allen Parlamenten in Europa ist das Europaparlament nicht nur das größte, sondern auch dasjenige mit der geringsten Legitimation. Seit der ersten Wahl ist die Wahlbeteiligung kontinuierlich gesunken: von 62 Prozent im Jahre 1979 auf 43 Prozent im Jahre 2009. Eindeutiger und gnadenloser lässt sich die Geringschätzung der Wähler für eine Institution nicht illustrieren, deren zunehmende Bedeutung ihnen täglich eingeredet wird.
Ich will nicht ausschließen, dass es Abgeordnete gibt, die ihren Job ernst nehmen, und sei es nur, um darauf hinzuweisen, wie absurd die Konstruktion eines Parlaments ist, das keine Gesetze initiieren darf, wie es der deutsche Abgeordnete Holger Krahmer ( FDP ) aus Leipzig immer wieder – und vergeblich – tut. Aber selbst dann, wenn das Europaparlament alle Vollmachten eines richtigen Parlaments hätte: Was wäre gewonnen, wenn es Gesetze verabschieden könnte, die in 28 Ländern gelten würden? Ländern mit unterschiedlicher Geschichte, verschiedenen Kulturen, Mentalitäten und Traditionen; mit einem jeweils anderen Verständnis von Moral, Pünktlichkeit und Sittlichkeit; mit anderen Essgewohnheiten und anderen Vorstellungen von Gerechtigkeit und Geselligkeit? Diese Unterschiede lassen sich nicht nivellieren, mehr noch: Niemand sollte es auch nur versuchen. Denn sie sind es, die den Charakter der »Alten Welt« ausmachen.
Das Problem mit den »Vereinigten Staaten von Europa« ist nicht, dass
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