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Die letzten Tage von Hongkong

Die letzten Tage von Hongkong

Titel: Die letzten Tage von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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Regierung von Hongkong, die unausgesprochenen Vorwürfe gegenüber dem Verhalten der Volksbefreiungsarmee jenseits der Grenze. Der Hebel war angesetzt. Wollte Cuthbert das wirklich? Oder der Commissioner? Oder Xian? Chan nahm sich vor, sich sobald wie möglich ein privates Faxgerät zuzulegen.
    Auf der anderen Straßenseite verkaufte eine alte, winzige Frau alle internationalen Zigarettenmarken in einem Wandkiosk. An dieser Ecke trafen sich die Nikotinsüchtigen, um Gitanes noires, Gitanes blondes, Camel, Philip Morris, John Player, italienische Zigaretten mit unaussprechlichen Namen, türkische und russische Marken zu kaufen. Für die Liebhaber von Rolltabak gab es holländischen Drum und Zigarettenpapier. Die kleine alte Frau kannte ihre Kunden und ihr Geschäft.
    »Haben Sie Long March oder Imperial Palace?« fragte Chan.
    Sie starrte ihn an und spuckte verächtlich vor ihm aus. »Gehen Sie hin, wo Sie hergekommen sind, ich verkaufe keine Zigaretten an Kommunisten.« Damit wandte sie ihm den Rücken zu.
    »Ist ja schon gut, ich wollte Sie nur prüfen. Zwei Packungen Benson.«
    Er zahlte, riß eine Packung auf und machte ein paar Schritte in die Menge, die in Richtung U-Bahn dahinwogte. An jeder Ecke gab es jemanden, der von der chinesischen Kommunistischen Partei an Körper oder Seele verletzt worden war. Und damals war sie noch ehrlich gewesen. Woher bekam Xian seine Imperial Palace? Aus Lastwagen, die über die Grenze kamen?
     
    Mongkok ist ein geeigneter Ort, jemanden abzuhängen, selbst wenn der Verfolger von den Briten in der allerbesten Le-Carré-Tradition ausgebildet wurde. Zumindest hatten sie so viel Verstand besessen, vier Chinesen einzusetzen, eine Frau und drei Männer, und sie hielten sich an alle Regeln. Zwei von ihnen gingen hinter ihm her, zwei vor ihm. Sie blieben immer wieder stehen und sahen sich nach hinten um. Solche Manöver kaschierten sie mit einem Blick ins Schaufenster, mit dem Binden von Schnürsenkeln, mit dem Putzen von Brillen. Chan war kein Spion, aber er war lange genug Streife gegangen. Wenn ihm ein Mensch unter tausend ungewöhnlich vorkam, dachte er so lange darüber nach, bis er den Grund dafür verstand. Zuerst hatte er sie für eine Räuberbande gehalten, die ein mögliches Opfer taxierte. Erst als er in der Nathan Road anlangte, sich umdrehte, um einen Blick in ein Schaufenster zu werfen, weiterging, noch einmal in das Schaufenster sah, sich mit der Masse zur U-Bahn mittreiben ließ und sich dann noch einmal zu demselben Schaufenster umwandte, war er sicher, daß er das Objekt ihrer Aufmerksamkeit war. Sie waren diskret und professionell, aber wenn das Ziel dreimal an ein und denselben Ort zurückkehrt, ist es schwierig, unauffällig zu bleiben.
    Chan sah zuerst der Frau und dann dem Mann direkt ins Gesicht. Danach drehte er sich abrupt um und schaute die anderen beiden an. Cuthbert, dachte er.
    Er kehrte zur U-Bahn zurück, kaufte sich eine Fahrkarte, ging durch die Schranke und dann die Unterführung entlang bis zum anderen Ende, wo er an der Nathan Road wieder aus dem U-Bahn-Bereich heraustrat. Dort mischte er sich unter die Menschenmassen, die den Bettlern auf dem Gehsteig auszuweichen versuchten. Niemand wollte jemanden berühren, der seine Geschwüre mit grell orangefarbener Salbe zur Schau stellte. Oder den alten Mann, der das Hosenbein heraufgerollt hatte, damit man seinen Stumpf besser sehen konnte.
    Hinter dem Polizeirevier zündete Chan sich eine Zigarette an und dachte nach. Was hatten die Tibeter gesagt, als die Briten nach Hunderten von Jahren chinesischer Herrschaft einmarschiert waren? Wenn man den Skorpion kennt, hat man keine Angst vor der Kröte? Wahrscheinlich hätte er seine Verfolger nicht in Verlegenheit bringen sollen, indem er sie bloßstellte. Das war wieder so ein Fauxpas. Cuthbert würde sicher verletzt sein.
    Doch Chan würde nicht aufhören. Jedenfalls nicht ohne direkten Befehl. Oder eine Kugel. Er hoffte darauf, den Film aus dem Lagerhaus am nächsten Tag entwickelt wiederzubekommen.
    Am Abend verließ er das Büro zeitig, um sich ein Faxgerät zu kaufen.

ZWEIUNDVIERZIG
    Chan stellte das Faxgerät in der Küche auf, dem einzigen Raum seiner Wohnung, in dem sich noch ein leeres Regal befand, und schloß es mit einem Zehn-Meter-Kabel an der Telefonbuchse im Wohnzimmer an.
    Japanisch, Koreanisch, Deutsch, Italienisch, Chinesisch, Französisch – den englischen Teil fand er auf der Rückseite der Panasonic-Bedienungsanleitung. Es gab zehn

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