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Die letzten Tage von Hongkong

Die letzten Tage von Hongkong

Titel: Die letzten Tage von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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zugelegt hatte. Verglichen mit diesen Leuten hier bin ich vom dekadenten Westen kontaminiert. Aber erzählen Sie mir von Ihrem Rätsel.«
    Chan sah wieder den Studenten zu. Er hatte Leute mit Studium schon immer beneidet. Er stellte sich das vor wie die Möglichkeit, eine Leiter des Denkens zu erklimmen, an deren oberem Ende sich ein Garten voller Kuriositäten befand, mit denen man sich drei oder vier Jahre lang mit großen Augen beschäftigen konnte. Wie chinesisch. Welcher Mensch aus dem Westen wäre schon so naiv? Er trank seinen Kaffee.
    »Angenommen, es befinden sich keine Fingerabdrücke auf den Gegenständen. Wenn dem so ist, haben wir fast das perfekte Verbrechen. Die Mörder haben drei Menschen durch den Fleischwolf gedreht und das Hackfleisch in einen Bottich gegeben. Anfangs dachte ich, das deutet auf Dummheit oder Arroganz hin, doch dann habe ich gemerkt, daß das clever war. Sobald sie die Leute durch den Fleischwolf gedreht hatten, war praktisch keine Identifizierung mehr möglich. Warum also sollte man bei der Beseitigung der Überreste weitere Risiken eingehen? DNA wird von Bakterien aufgefressen. Mit ein bißchen Glück wären die Überreste verzehrt, bevor man sie fände, und selbst, wenn nicht – was nützt schon DNA, die sich mit keinen anderen Beweisstücken in Verbindung bringen läßt? Man hat den Opfern alle Kleider ausgezogen und sie wahrscheinlich verbrannt. Der Zustand des Lagerhauses, in dem wir den Bottich gefunden haben, bestätigt meine Theorie. In der Umgebung des Bottichs befindet sich kein einziger Fingerabdruck, und wir konnten keine Hinweise auf einen Kampf entdecken. Dann wären da noch die Waffen und das Uran. Die Chance, daß wir das in fünfundvierzig Meter Tiefe direkt an der chinesischen Grenze finden würden, war ungefähr eine Milliarde zu eins. Aus der Sicht der Täter war es ein akzeptables Risiko, die Gegenstände dort zu deponieren. Das gleiche gilt für den Fleischwolf. Das bedeutet, daß wir es mit ausgebufften Profis zu tun haben, für die Geld offenbar keine Rolle spielt. Sie haben das Verbrechen perfekt ausgeführt; es war nur ein Haken an der Sache: Obwohl es ein Fehler ist, stecken sie die drei Köpfe in einen Plastiksack und werfen ihn ins Meer, wo ein Tourist sie zufällig sieht. Den Köpfen ist es zu verdanken, daß wir den Namen eines Opfers kennen.«
    »Den des Mädchens?«
    »Ja. Sie war Amerikanerin.«
    »Und die anderen beiden Opfer?«
    »Die waren Chinesen. Über ihre Identität wissen wir nichts.«
    »Tja, dann bleiben uns ja nur noch etwa eins Komma vier Milliarden Möglichkeiten. Viel Glück. Darf ich Ihnen sagen, was ich glaube?«
    Chan nahm einen Zug aus seiner Zigarette und nickte.
    »Haben Sie schon mal dran gedacht, daß da jemand Mist gebaut hat? Wissen Sie, ich habe ziemlich viel Zeit in naturwissenschaftlichen Labors und mit Menschen verbracht, und ich bin zu dem Schluß gekommen, daß nur Gott unfehlbar ist. Das meiste von dem, was wir Menschen machen, ist ziemlich leicht zu durchschauen.«
    »Das schreibe ich mir auf, sobald ich wieder im Büro bin.« Vivian sah ihn mit finsterem Blick an.
    Chan sagte: »Nein, Sie haben schon recht. Die meisten Verbrechen werden von Dummköpfen begangen. Aber solche Dummköpfe kommen normalerweise nicht an Skorpions oder Uran heran. Ich begreife das nicht. Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir mehr über das Uran zu erzählen?«
    Vivian Ip nahm einen großen Schluck Kaffee und legte den Kopf in den Nacken, als lese sie einen Text vom Himmel ab. »Uran 235 ist ein seltenes Isotop. Wenn Sie eine Bombe bauen wollen, brauchen Sie zwei subkritische Massen, die, wenn man sie mit Hilfe von konventionellem Sprengstoff zusammenbringt, überkritisch werden. Dazu eignet sich nichts besser als Uran 235 oder Plutonium 239. Das Problem ist nur: Wie kommt man dran? Das Hauptproblem des Manhattan-Projekts – das war eine Gruppe von Physikern und Mathematikern unter Oppenheimer, die während des Zweiten Weltkrieges in New Mexico die Atombombe entwickelte – bestand darin, genügend Uran 235 oder Plutonium 239 zu beschaffen. In der Bombe, die über Hiroschima abgeworfen wurde, war Uran 235; in Fat Boy, der Bombe von Nagasaki, Plutonium 239.«
    »Also geht’s um die Gewinnung von Uran 235?«
    Vivian zuckte mit den Achseln. »Es gibt viele Methoden, die Gewinnung von Uran effektiver zu machen. Die Vereinigten Staaten haben das Verhältnis von Nutzen und Gewicht sowie das Verhältnis von Nutzen und Volumen seit den

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