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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Rebenpflanzungen sich hinziehend, gerade zu der Wohnung der Hexe führte. Hier ließ er die Sänfte halten, befahl seinen Sklaven sich selbst und das Fahrzeug unter den Weinstöcken vor den Blicken der Vorübergehenden zu verbergen, und stieg sodann allein, seine noch schwachen Schritte durch einen langen Stab unterstützend, den unfruchtbaren und steilen Abhang hinauf.
    Kein Regentropfen fiel vom ruhigen Himmel, aber von den schweren Rebenblättern träufte die Nässe wehmüthig herab und sammelte sich da und dort in den Rissen und Spalten des felsigen Pfades zu kleinen Sümpfen.
    »Seltsame Leidenschaften sind es für einen Philosophen,« dachte Arbaces, »die einen Mann wie ich, der eben erst vom Krankenlager erstanden ist, und selbst in gesunden Tagen auf den weichsten Lagern ruht, auf solch nächtliche Wege führen – aber wenn Liebe und Rache ihrem Ziele zuschreiten, können sie aus einem Tartarus ein Elysium machen.«
    Hoch, klar und wehmüthig schien der Mond auf die Bahn dieses dunklen Pilgers, aus jedem kleinen Pfuhl zurückstrahlend und auf dem abhängigen Berge düster ruhend. Vor sich sah Arbaces dasselbe Licht, das die Schritte seiner beabsichtigten Opfer geleitet hatte, aber da die schwarzen Wolken keinen Gegensatz mehr bildeten, so schien auch seine rothe Flamme nicht mehr so hell.
    Als er sich endlich der Windung der Höhle näherte, blieb Arbaces stehen, um Athem zu schöpfen; und trat sodann mit seinem gewohnten ruhigen und stattlichen Wesen über die unheilige Schwelle.
    Beim Eintritt dieses neuen Ankömmlings sprang der Fuchs auf und kündigte durch ein langes Geheul seiner Gebieterin den neuen Besuch an.
    Die Hexe hatte wieder ihren Sitz eingenommen und in ihrer ganzen Gestalt lag wieder jene grabesähnliche, grimmige Ruhe. Zu ihren Füßen, auf einem Lager von trockenen Kräutern, die sie halb bedeckten, lag die verwundete Schlange; der schnelle Blick des Egypters bemerkte jedoch, wie ihre Schuppen im Wiederschein des Feuers glänzten, und wie sie in Schmerz und unbefriedigter Wuth ihre Ringe halb zusammenzog, halb verlängerte.
    »Nieder Sklave,« gebot die Hexe wie zuvor dem Fuchs, und wie zuvor legte sich das Thier auf den Boden – stumm aber wachsam.
    »Erhebe Dich, Dienerin der Macht und des Erebus,« sprach Arbaces gebieterisch, »ein Höherer in Deiner Kunst begrüßt Dich! Erhebe Dich und begrüße ihn!«
    Bei diesen Worten richtete die Hexe ihren Blick auf des Egypters hohe Gestalt und dunkle Züge. Sie blickte ihn lange und fest an, wie er in seinem morgenländischen Gewand mit gekreuzten Armen und entschiedener und stolzer Stirne vor ihr stand.
    »Wer bist Du?« fragte sie endlich, »der sich größer in der Kunst nennt als die Saga der brennenden Felder und die Tochter des untergegangenen etrurischen Stammes?«
    »Ich bin der,« antwortete Arbaces, »von dem alle Zauberer von Nord bis Süd, von Ost bis West, vom Ganges und Nil bis zu den Thälern Thessaliens und den Küsten der gelben Tiber in Ehrerbietung gelernt haben.«
    »Es gibt nur einen solchen Mann in dieser Gegend,« erwiderte die Hexe, »den die Menschen der niedern Welt in Unkenntnis seiner höheren Eigenschaften und seines geheimeren Rufes Arbaces den Egypter nennen; bei uns aber, den Geistern höherer Natur und tieferen Wissens, heißt sein rechtmäßiger Name Hermes vom brennenden Gürtel.«
    »Schau mich noch einmal an,« versetzte Arbaces, »ich bins.«
    Bei diesen Worten schlug er sein Gewand aus einander und zeigte einen anscheinend feurigen Gürtel, der um seine Lenden flammte und in der Mitte durch eine Platte geschlossen wurde, worin ein dem Ansehen nach unbestimmtes und unverständliches Zeichen eingegraben war, das jedoch die Saga offenbar kannte. Sie stund hastig auf und warf sich dem Arbaces zu Füßen.
    »Ich habe also,« begann sie im Tone tiefer Demuth, »den Herrn des mächtigen Gürtels gesehen – empfange meine Huldigung.«
    »Steh auf,« sprach der Egypter, »ich bedarf Dein.«
    Während er dies sprach, setzte er sich auf dasselbe Holzscheit, auf welchem Ione zuvor geruht hatte und winkte der Hexe, ihren Sitz wieder einzunehmen.
    »Du behauptest,« fuhr er fort, nachdem sie seiner Weisung nachgekommen war, »eine Tochter der alten etrurischen Stämme zu sein, [Fußnote: Es ist wohl kaum nöthig zu bemerken, daß die Etrurier wegen ihrer Zaubereien berühmt waren. ] deren Felsenstädte noch jetzt mit ihren mächtigen Mauern zornig auf das Räubervolk hinabschauen, das sich ihrer alten Herrschaft

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