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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Ceremonie vorbei war, streuten die Sklaven Blumen auf die Ruhebetten und den Boden, und krönten jeden Gast mit Rosenkränzen, die mit Bändern durchflochten, auf Lindenbast geheftet und mit Epheu und Amethyst, den vermeintlichen Schutzmitteln gegen die Wirkungen des Weins, vermischt waren; nur bei den Kränzen der Frauen hatte man dieses Laub weggelassen, denn bei ihnen war es nicht Mode, Wein zu trinken – wenigstens nicht öffentlich. Nunmehr hielt es der vorsitzende Diomed für nothwendig, einen Basileus oder Direktor des Festes zu ernennen – ein wichtiges Amt, das bisweilen durch das Loos, bisweilen aber, wie im gegenwärtigen Falle, durch den Wirth zuerkannt wurde.
    Diomed befand sich wegen der Wahl in nicht geringer Verlegenheit. Der invalide Senator war zu ernst und zu schwach für die genügende Erfüllung dieses Postens; der Aedil Pansa wäre zwar geeignet dazu gewesen, aber einen Mann zu wählen, der im amtlichen Range zunächst nach dem Senator kam, war eine Beleidigung gegen den Senator selbst. Während Diomed über die Verdienste der Andern mit sich selbst zu Rathe ging, gewahrte er den heitern Blick des Sallust und durch eine gewisse plötzliche Eingebung ernannte er den lebensfrohen Epikuräer zum Rang eines Direktors oder arbiter bibendi .
    Sallust nahm seine Berufung mit geziemender Bescheidenheit an.
    »Ich werde,« sagte er, »ein gnädiger König für diejenigen sein, welche tiefe Züge thun; gegen die Widerspenstigen aber mich so unerbittlich zeigen, wie Minos selbst – hütet Euch!«
    Nun reichten die Sklaven Becken mit wohlriechendem Wasser herum; durch Abwaschung der Hände wurde das Fest eingeleitet und alsbald seufzte der Tisch unter dem ersten Gang.
    Die anfänglich flüchtige und fessellose Unterhaltung gestattete Ionen und Glaukus, jenes süße Geflüster zu wechseln, welches mehr werth ist als alle Beredsamkeit in der Welt. Julia betrachtete sie mit blitzenden Augen.
    »Wie bald werde ich an ihrer Stelle sein!« dachte sie.
    Klodius aber, der am mittleren Tische seinen Platz hatte, und somit das Gesicht Julia's genau beobachten konnte, errieth ihre Mißstimmung und beschloß, sich dieselbe zu Nutze zu machen. Er redete sie über die Tafel hinüber in den längst bekannten Phrasen der Galanterie an, und da er von hoher Geburt und glänzendem Aeußern war, zeigte sich die eitle Julia bei all ihrer Liebe durchaus nicht unempfindlich gegen seine Aufmerksamkeiten.
    Unterdessen wurden die Sklaven durch den wachsamen Sallust fortwährend in Thätigkeit erhalten. Er stürzte Becher auf Becher mit einer Geschwindigkeit hinunter, als wäre er Willens, die geräumigen Keller zu erschöpfen, die der Leser noch heutzutage unter dem Hause Diomeds sehen kann. Der würdige Kaufherr begann seine Wahl zu bereuen, als Amphora um Amphora angestochen und geleert wurde. Die Sklaven, insgesammt unter dem Mannesalter – (die jüngsten, welche den Wein füllten, waren etwa zehn Jahre alt, die ältesten aber, die in mit Wasser vermischten, zählten vielleicht fünf Jahre weiter) schienen Sallusts Eifer zu theilen und Diomeds Gesicht fing an zu glühen, als er die zuvorkommende Willfährigkeit bemerkte, mit der sie die Bemühungen des Festkönigs unterstützten.
    »Verzeihe mir, o Senator,« sprach Sallust, »ich sehe, Du suchst Ausflüchte; aber Deine purpurne Borte kann Dich nicht retten – trink!«
    »Bei den Göttern,« versetzte der Senator hustend, »meine Lungen stehen bereits in Flammen; Du gehst mit einer bewundernswerthen Schnelligkeit zu Werke, die selbst den Phaeton in den dunkelsten Schatten stellt. Ich bin schwach, o liebenswürdiger Sallust – Du mußt mich entschuldigen.«
    »Ich nicht! – bei der Vesta! Ich bin ein unparteiischer Monarch – trink!«
    Der arme Senator sah sich durch die Tischgesetze genöthigt, den Befehl zu vollziehen. Ach, jeder Becher brachte ihn dem stygischen Pfuhle näher!
    »Sachte, sachte, mein König,« stöhnte Diomed, »wir fangen schon an zu –«
    »Verrath!« unterbrach ihn Sallust – »keinen strengen Brutus hier – keine Einmischung in die königliche Gewalt.«
    »Aber unsere weiblichen Gäste?«
    »Lieben einen Zecher! – War nicht auch Ariadne in den Bacchus verliebt?«
    Das Fest nahm seinen Fortgang – die Gäste wurden redseliger und lauter; das Dessert oder der letzte Gang stund bereits auf der Tafel und die Sklaven trugen Wasser mit Myrrhe und Ysop für die letzte Abwaschung umher. Zu gleicher Zeit schien ein rundes Tischchen, das den Gästen

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