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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Dichter mit verzerrtem Gesicht eines seiner eigenen Gedichte (nie noch schluckte ein Arzt seine eigene Arznei unwilliger hinunter); der Krieger gewann eine Nadelbüchse, was einige witzige Anspielungen auf Herkules und den Spinnrocken hervorrief; die Wittwe Fulvia erhielt einen großen Trinkbecher; Julia eine Herrenschnalle und Lepidus eine Damenschminkdose. Das passendste Loos zog der Spieler Klodius, der roth vor Ärger wurde, als man ihm ein Paar falsche Würfel überreichte; die Heiterkeit aber, welche diese verschiedenen Ziehungen veranlaßt hatten, wurde gewissermaßen gedämpft durch einen Unfall, den man als eine bloße Vorbedeutung ansah. Glaukus zog den werthvollsten aller Gewinnste, eine kleine marmorne Statue der Fortuna von griechischer Arbeit; als sie ihm aber der Sklave einhändigen wollte, ließ er sie fallen und sie zerbrach in Stücke.
    Ein Schauder durchzog alle Anwesenden und Jeder rief unwillkürlich aus: » Dii avertite omen! «
    Glaukus allein stellte sich, obwohl vielleicht ebenso abergläubisch als die Übrigen, ruhig und gleichgültig.
    »Süße Neapolitanerin,« flüsterte er zärtlich Ionen zu, die ebenso blaß geworden war wie der zerbrochene Marmor, » ich nehme das Omen an . Es bedeutet, daß Fortuna, da sie Dich mir schenkt, mir nichts weiter zu geben vermag – sie zerbricht ihr Bild, da sie mich mit dem Deinigen beglückt.«
    Zu Beseitigung des Eindrucks, den dieser Zwischenfall in einer Versammlung veranlaßte, die in Anbetracht der Bildung der Gäste für erstaunlich abergläubisch gelten müßte, sähen wir nicht noch heutzutage bei einer Landpartie eine Dame wehmütig werden, weil sie als die letzte von dreizehn Personen das Zimmer verläßt – zu Beseitigung dieses Eindruckes also bekränzte Sallust jetzt seinen Becher mit Blumen und brachte das Wohl des Wirthes aus. Hierauf folgte ein Trinkspruch auf das Wohl des Kaisers und dann wurde das Fest, nachdem man dem Merkur einen Abschiedsbecher gebracht, – durch eine letzte Libation geschlossen und die Gesellschaft brach auf.
    In Pompeji selbst bediente man sich selten der Wagen, theils wegen der überaus engen Straßen, theils wegen der Kleinheit der Stadt. Die meisten der Gäste zogen also ihre Sandalen wieder an, die sie im Banketzimmer abgelegt hatten, hüllten sich in ihre Mäntel, und verließen, gefolgt von ihren Sklaven, das Haus zu Fuß.
    Unterdessen wurde Glaukus, der sich von Ione verabschiedet und sich noch in der in die Gemächer Julia's hinabführenden Treppe gewandt hatte, von einer Sklavin in ein Zimmer geführt, wo ihn des Kaufherrn Tochter bereits sitzend erwartete.
    »Glaukus!« sage sie, die Augen niederschlagend, »ich sehe, daß Du Ione wirklich liebst – sie ist auch in der That schön!«
    »Julia ist reizend genug, um großmüthig zu sein,« antwortete der Grieche. »Ja, ich liebe Ione; mögest Du unter all den jungen Männern, die Dir den Hof machen, einen ebenso aufrichtigen Anbeter haben.«
    »Bitte die Götter, daß sie mir dies gewähren! Sieh Glaukus, diese Perlen sind die Gabe, die ich Deiner Anmuth bestimme; möge ihr Juno Gesundheit verleihen, um sie lange zu tragen!«
    Mit diesen Worten legte sie ein Etui in Glaukus Hände, das eine Reihe Perlen von beträchtlicher Größe und Kostbarkeit enthielt. Es war so sehr gebräuchlich, daß Brautleute derartige Geschenke erhielten, daß sich Glaukus nicht wohl bedenken konnte, die Halsschnur anzunehmen, obgleich der galante und stolze Athener im Stillen beschloß, die Gabe durch eine dreimal werthvollere zu ersetzen. Hierauf goß Julia, seine Danksagungen unterbrechend, etwas Wein in einen kleinen Becher.
    »Du hast manche Toaste mit meinem Vater getrunken,« sagte sie lächelnd, »trinke jetzt auch einen mit mir. Glück und Gesundheit Deiner Braut.«
    Sie berührte den Becher mit ihren Lippen und reichte ihn sodann dem Glaukus. Der hergebrachten Sitte, welche forderte, daß Glaukus den ganzen Inhalt des Bechers leerte, kam dieser sofort nach. Unbekannt mit dem Betrug, den ihr Nydia gespielt hatte, bewachte Julia den Griechen mit funkelnden Augen; obgleich nämlich die Hexe ihr vorausgesagt hatte, daß die Wirkung vielleicht nicht sogleich erfolge, hoffte sie doch auf eine augenblickliche Einwirkung zu Gunsten ihrer Reize. Sie sah sich deshalb schmerzlich getäuscht, als Glaukus den Becher kaltblütig wieder hinstellte und mit ihr in demselben gleichgültigen, aber höflichen Tone wie zuvor plauderte, und obgleich sie ihn so lange zurückhielt, als es

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