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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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dämmernde Evangelium in die Dunkelheit des Kerkers und auf die herannähernden Schatten des Todes seiner sanften und heiligenden Strahlen.

Siebenzehntes Kapitel.
Ein Wechsel für Glaukus.
    In langsamer Qual strichen die Stunden über dem Hause Nydia's hin, seit sie wieder in ihre Zelle gebracht worden war.
    Als befürchte er von Neuem überlistet zu werden, hatte Sosia sie erst spät am Morgen des folgenden Tages wieder besucht und auch dann nur den Korb mit Speise und Wein hereingestellt und die Thüre schnell wieder verschlossen. Der Tag verstrich und Nydia fühlte sich gerade in der Stunde, wo über Glaukus das Urtheil gesprochen werden sollte, und ihre Freiheit ihn gerettet hätte, hinter unerbittlichen Riegeln! Im Bewußtsein jedoch, daß, obwohl ihre Entweichung beinahe unmöglich schien, die einzige Möglichkeit der Rettung des Glaukus auf ihr beruhte, beschloß das junge Mädchen, trotz ihrer Schwäche und der leichten Reizbarkeit ihres Gemüthes sich keiner Verzweiflung hinzugeben, die sie unfähig machen würde, eine sich vielleicht noch darbietende Gelegenheit zu ergreifen. Sie behielt ihre Besinnung, so oft diese auch unter dem Strudel unverträglicher Gedanken kreiste und schwankte; ja, sie nahm Speise und Trank, damit es ihr nicht an Kräften fehlen – damit sie bereit sein möchte!
    Plan auf Plan zur Flucht wälzte sie in ihrem Geiste umher und jeden mußte sie wieder aufgeben. Sosia blieb ihre einzige Hoffnung, das einzige Werkzeug, das sie für sich zu gewinnen suchen konnte. Er war abergläubisch gewesen in der Hoffnung, zu erfahren, ob er eines Tages seine Freiheit erkaufen könne. Große Götter! Konnte er nicht durch das Geschenk der Freiheit selbst gewonnen werden? War sie nicht beinahe reich genug, ihm diese zu erkaufen? Ihre zarten Arme waren mit den Bändern, die ihr Ione geschenkt, bedeckt und um ihren Hals trug sie noch jene Kette, die, wie sich der Leser erinnern wird, ihren eifersüchtigen Streit mit Glaukus veranlaßt und die sie sodann immer zu tragen gelobt hatte. Mit heißer Sehnsucht wartete sie auf Sosia's Wiederkehr; als aber Stunde um Stunde entrann, und er nicht kam, da ward sie ungeduldig. Jede Nerve zuckte fieberhaft; es war ihr unmöglich, die Einsamkeit länger zu ertragen – sie stöhnte, sie schrie laut – sie stieß mit ihrem Kopfe gegen die Thüre. Ihr Geschrei hallte weit hin und Sosia eilte höchst erzürnt herbei, um zu sehen, was es denn gebe, und um seine Gefangene wo möglich zum Stillschweigen zu bringen.
    »Ho, ho! was soll dies?« fragte er finster. »Junge Sklavin, wenn Du so schreist, müssen wir Dich knebeln. Meine Schultern müßten dafür büßen wenn mein Herr Dich hörte.«
    »Lieber Sosia, zank' mich nicht – ich kann's nicht aushalten, so lang allein zu bleiben,« antwortete Nydia, »die Einsamkeit beängstigt mich. Ich bitte Dich, sitze nur einen Augenblick zu mir. Fürchte nicht, daß ich zu entweichen versuche; stelle Deinen Stuhl vor die Thüre – richte das Auge auf mich – ich will mich nicht von der Stelle bewegen.«
    Sosia, selbst ein gewaltiger Freund vom Plaudern, wurde durch diese Anrede gerührt. Er bemitleidete ein Wesen, das Niemand zum Plaudern hatte – denn er befand sich in derselben Lage; er fühlte Mitleid und beschloß, sich selbst von der Qual zu befreien. Nydia's Wink ergreifend, setzte er einen Stuhl vor die Thüre, lehnte den Rücken gegen dieselbe und antwortete: »Ich will gewiß nicht unfreundlich gegen Dich sein, und so lange es sich nur um ein unschuldiges Geplauder handelt, gerne Deinem Wunsch entsprechen. Aber merk Dir's, keine Schliche, keine Geisterbeschwörungen mehr!«
    »Nein, nein; sag' mir, lieber Sosia, was ist die Stunde?«
    »Es ist schon Abend – die Ziegen gehen nach Haus.«
    »O Götter, wie gings beim Gericht?«
    »Beide verurtheilt!«
    Nydia unterdrückte den Klageruf. »Gut, gut, ich dachte mir, es würde so gehen. Wann sollen sie den Tod erleiden?«
    »Morgen im Amphitheater; wenn Du nicht wärest, armer Schelm, so dürfte ich auch mit den Übrigen hingehen und zuschauen.«
    Nydia lehnte sich für einige Augenblicke zurück. – Die Natur vermochte nicht weiter zu ertragen – sie war ohnmächtig geworden. Aber Sosia bemerkte es nicht, denn es war Abenddämmerung und er voll von den über ihn selbst verhängten Entbehrungen. Er ergoß sich in Wehklagen über den Verlust eines so herrlichen Schauspiels und beschuldigte den Arbaces der grausamsten Ungerechtigkeit, daß er gerade ihn aus allen seinen

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