Die letzten Tage von Pompeji
gekämpft wurde, saß auf einer der obern Bänke ein Mann, der an dem Schauspiele ein ganz besonderes, tiefes Interesse nahm. Trotz seines christlichen Abscheus vor blutigen Wettkämpfen hatte er es doch aus ängstlicher Besorgnis für seinen Sohn nicht über sich bringen können, aus dem Theater wegzubleiben. Mitten unter Fremden und der Hefe des Volks sah und fühlte der alte Mann Nichts, als was seinen wackern Sohn anging. Kein Laut war seinen Lippen entflohen, als dieser zweimal zu Boden fiel; er hatte nur an allen Gliedern gezittert und war bleicher geworden. Als er ihn siegen sah, da konnte er einen Ruf der Freude nicht unterdrücken; ach! er wußte nicht, daß dieser Sieg nur das Vorspiel zu einem gefährlicheren Kampfe sein sollte.
»Mein wackerer Junge!« sagte der alte und trocknete seine Augen.
»Ist es Dein Sohn?« fragte ein zur Rechen des Nazareners sitzender Bursche mit gebräuntem Gesicht; »er hat vortrefflich gekämpft; wir wollen sehen, wie er sich nachher hält. Hast Du's gehört, er soll mit dem ersten Sieger fechten. Nun, alter Knabe, bitte die Götter, daß dieser Sieger weder einer von den beiden Römern noch der Riese Niger sei.«
Der alte Mann faßte sich wieder und bedeckte sein Gesicht. Außer Lydon waren ihm die übrigen Kämpfer gleichgültig. Und dennoch – der Gedanke fuhr ihm schrecklich durch die Seele – war der Kampf für ihn von höchstem Interesse – an die Stelle des Ersten, welcher fiel, sollte Lydon treten! Er stand auf, beugte sich über die Bank und sah aufmerksam mit gefalteten Händen den Streitern zu.
Im hohen Grade erregte der Kampf zwischen Niger und Sporus die Aufmerksamkeit der Zuschauer, da ihre Fechtart nicht nur große Geschicklichkeit bei den Gegnern voraussetzte, sondern auch gewöhnlich von traurigen Folgen begleitet war.
Sie standen in beträchtlicher Entfernung von einander. Der eigenthümliche Helm, welchen Sporus trug, und dessen Visir herabgelassen war; bedeckte sein Gesicht; die Gesichtszüge des Niger aber zeichneten sich durch ihre Schärfe und Wildheit aus. Jeder den Andern ansehend, stunden sie einige Augenblicke stillschweigend da, bis Sporus allmählig und mit großer Behutsamkeit vorwärts schritt, und dabei sein spitziges Schwert, wie die Fechter in unsrer Zeit, gegen die Brust des Feindes richtete. Niger zog sich zurück, als sein Gegner vorrückte, hielt aber mit der rechten Hand sein Netz fortwährend in Bereitschaft, verfolgte mit seinem kleinen, stechenden Auge alle Bewegungen des Sporus, und warf, als dieser sich ihm auf Armeslänge genähert hatte, rasch ausliegend das Netz gegen denselben. Eine geschickte Wendung rettete den Gladiator vor dem verderberblichen Garn; er stieß einen gellenden Schrei wuthgemischter Freude aus und stürzte auf Niger los, Niger aber hatte bereits sein Netz wieder eingezogen, es über die Schulter geworfen und floh nun rings an den Schranken herum mit einer Schnelligkeit, die der Secutor [Fußnote: So genannt, weil ein solcher Gladiator den Feind, nachdem dieser das Netz ausgeworfen hatte, verfolgen mußte, um ihn nieder zustoßen, ehe er Zeit gewann, dasselbe wieder in Ordnung zu bringen. ] vergebens zu überbieten versuchte. Das Volk lachte laut über die vergebliche Mühe, welche sich der breitschultrige Gladiator gab, um den fliehenden Riesen einzuholen, als die beiden römischen Fechter in diesem Augenblick die Aufmerksamkeit der Zuschauer in Anspruch nahmen.
Anfangs hatten sie sich einander gegenüber aufgestellt, in einer Entfernung, wie sie noch gegenwärtig gewöhnlich ist. Die ausnehmende Vorsicht indes, womit sie zu Werke gingen, hatte bis jetzt ein heftiges Zusammentreffen verhütet und den Zuschauern volle Muße gewährt, ihre ganze Aufmerksamkeit dem Sporus und seinem Gegner zuzuwenden. Nun aber waren die Gegner mit der größten Wuth an einander gerathen. Unter wechselseitigem Vordringen und Zurückweichen entfalteten sie alle jene kaum bemerkbare Feinheiten ihrer Kunst, welche erfahrne Männer von gleicher Gewandtheit charakterisiren. In diesem Augenblicke verwundete Eumolpus, der ältere Gladiator, durch einen geschickten Seitenhieb, der auf der Arena für sehr schwer zu pariren galt, den Nepimus, und das Volk erhob ein lautes Jubelgeschrei. Lepidus wurde bleich.
»Ha!« rief Klodius, »das Spiel ist fast vorüber. Wenn Eumolpus nur mit kalter Besonnenheit zu Werke geht, so wird sich der Andere bald von selbst verbluten.«
»Dank den Göttern! Er beobachtet nicht die Defensive. Sieh,
Weitere Kostenlose Bücher