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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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die Wände gemalt oder geschrieben waren. Der Hauptgegenstand der Unterhaltung war jedoch das angekündigte Schauspiel im Amphitheater, und jeder neue Ankömmling wurde von einer Gruppe festgenommen, die gierig fragte, ob Pompeji so glücklich gewesen sei, etwa einen Fall der Gotteslästerung oder des Mordes hervorzubringen, der die Aedilen in den Stand setzen würde einen Menschen für den Rachen des Löwen zu bestimmen. Alle andern mehr gewöhnlichen Schauspiele schienen dumpf und matt im Vergleiche mit der Möglichkeit eins so glücklichen Ereignisses.
    »Ich für meinen Theil,« sagte ein gemüthlich aussehender Mann, ein Goldschmied, »glaube, der Kaiser, wenn er wirklich so gut ist, als man sagt, hätte uns wohl einen Juden schicken können.«
    »Warum nimmt man nicht Einen von der neuen Sekte der Nazarener?« sagte ein Philosoph. »Ich bin nicht grausam, aber ein Atheist, einer, der sogar den Jupiter läugnet, verdient kein Mitleiden.«
    »Es liegt mir wenig daran, an wie viele Götter zu glauben ein Mensch für gut findet,« erwiderte der Goldschmied; »aber alle Götter zu läugnen, ist etwas Schreckliches.«
    »Doch bin ich der Meinung,« sagte Glaukus, »diese Leute seien keine völligen Atheisten. Man hat mich versichert, sie glauben an einen Gott, und sogar an ein zukünftiges Leben.«
    »Du bist ganz im Irrthum, mein lieber Glaukus,« sagte der Philosoph; »ich habe mit ihnen Unterredungen gehabt, sie lachten mir ins Gesicht, wenn ich mit ihnen von Pluto und dem Hades sprach.«
    »Oh! Ihr Götter!« rief der Goldschmied voll Entsetzen. »Gibt es in Pompeji auch solche Bösewichte?«
    »Ich weiß, daß es einige gibt; aber sie halten ihre Versammlungen so geheim, daß es unmöglich ist, zu entdecken, wer sie sind.«
    Beim Fortgehen des Glaukus sah ihm ein Bildhauer, ein großer Enthusiast für seine Kunst, bewundernd nach.
    »Ach!« äußerte er, »wenn wir diesen auf die Arena bekommen könnten, das wäre ein Modell! welche Glieder! welcher Kopf! Er hätte ein Gladiator werden sollen! Das ist ein unsrer Kunst würdiger Gegenstand! warum wirft man den nicht dem Löwen vor?«
    Unterdessen näherte sich Fulvius, der römische Dichter, den seine Zeitgenossen für unsterblich erklärten, und der ohne diese Erzählung in unserem nachlässigen Zeitalter gar nie genannt worden wäre, dem Glaukus eilig.
    »Oh! mein Athener, mein Glaukus,« sagte er, »Du bist also zu Anhörung meiner Ode gekommen? Welche Ehre für mich! Du, ein Grieche, bei dem selbst die Sprache des gemeinen Lebens Poesie ist. Wie danke ich Dir! Mein Gedicht ist nur eine Kleinigkeit, aber erlange ich Deinen Beifall, so kann ich vielleicht bei Titus eingeführt werden. O Glaukus, ein Dichter ohne Patron ist eine Amphora ohne Aufschrift. Der Wein kann gut sein, aber Niemand will ihn loben, und was sagt Pythagoras: ›Den Göttern Weihrauch, den Menschen Lobsprüche!‹ Ein Patron ist also der Priester des Dichters; er verschafft ihm Weihrauch, und führt ihm Gläubige zu.«
    »Aber ganz Pompeji ist Dein Patron und jeder Portikus ein Altar zu Deiner Ehre.«
    »Ach! die armen Pompejaner sind sehr höflich; sie ehren das Verdienst zwar gerne, aber sie sind nur die Bewohner einer kleinen Stadt – spero meliora! Wollen wir eintreten?«
    »Gewiß; wir verlieren die Zeit, so lange wir Dein Gedicht nicht hören.«
    In diesem Augenblicke liefen etwa zwanzig Personen zumal von den Bädern in den Portikus, und ein an der Thüre eines kleinen Korridors aufgestellter Sklave ließ den Dichter, Glaukus, Klodius und einige andere Freunde des Dichters eintreten.
    »Eine armselige Einrichtung in Vergleich mit den römischen Thermen,« sagte Lepidus verächtlich.
    »Die Decke ist doch von ziemlich gutem Geschmacke,« entgegnete Glaukus, der in einer Stimmung war, in welcher ihm Alles gefiel, indem er nach den Sternen deutete, mit welchen diese Decke übersäet war.
    Lepidus zuckte die Achseln, war aber zu faul, um zu antworten.
    Sie traten nun in ein ziemlich geräumiges Gemach, das als Apodyterium diente, das heißt an den Ort, wo die Badelustigen sich zu ihren üppigen Waschungen vorbereiteten. Die gewölbte Decke stieg von einem Karniß auf, der mit bunten und grotesken Malereien geschmückt war. Die Decke selbst war in weiße, mit reichem Karmoisin eingefaßte Felder eingetheilt, der fleckenlose und glänzende Fußboden aber mit weißer Mosaik ausgelegt, während an den Wänden hin Bänke zur Bequemlichkeit und der Gäste standen. Dieses Gemach hatte die

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