Die letzten Tage von Pompeji
Reisenden bloß dazu gedient haben soll, den Schmutz zu entfernen, von dem doch auch nicht das geringste Theilchen auf der glatten Haut eines beständigen Badgastes sich festsetzen konnte. Etwas abgekühlt begab er sich in das Wasserbad, über welches aufs Neue frische Wohlgerüche reichlich ausgegossen wurden, und wo sich, wenn er an dem entgegengesetzten Ende des Zimmers herausstieg, ein kühlender Schauer über seinen Kopf und Leib ergoß. Hierauf hüllte er sich in ein leichtes Oberkleid und kehrte noch einmal ins Tepidarium zurück, wo er den Glaukus traf, der nicht in das Sudatorium gegangen war, und jetzt begann erst der wahre, oder vielmehr übermäßige Genuß des Bades. Die Sklaven salbten die Badenden aus goldenen, alabasternen oder krystallenen, mit den köstlichsten Steinen geschmückten Gefäßen, welche die seltensten, aus allen Enden der Welt herbeigeholten Unguente enthielten. Die Zahl dieser Smegmata, deren sich die Reichen bedienten – Amoracinum, Nardum, omne quod exit in um – würde, zumal wenn derselbe bei einem Modebuchhändler erschiene, einen modernen Band anfüllen. Während dieses Alles spielte eine sanfte Musik in einem anstoßenden Zimmer, und diejenigen, welche das Bad mäßig gebrauchten, unterhielten sich, erquickt und gestärkt durch das angenehme Geschäft, mit all der Glut und Frische eines verjüngten Lebens.
»Gesegnet sei der Erfinder der Bäder,« rief Glaukus, indem er sich auf einen jener bronzenen, damals mit weichen Kissen bedeckten Sitze ausstreckte, welche die Besucher von Pompeji noch heutzutage in dem Tepidarium sehen; »sei es Herkules oder Bacchus gewesen, er verdient jedenfalls Vergötterung.«
»Aber sage mir,« begann ein fettleibiger Bürger, der unter der Operation seufzte und stöhnte, »sage mir, o Glaukus ... verflucht seien Deine Hände, o Sklave, warum so rauh? – sage mir – oh! – oh! – sind die Bäder zu Rom wirklich so prächtig?«
Glaukus wandte sich um und erkannte Diomed, jedoch nicht ohne einige Schwierigkeit, so geröthet und entzündet waren des guten Mannes Wangen durch das Schwitzbad und das kurz zuvor an ihm applizirte Reibeisen.
»Ich denke,« fuhr er fort, »sie müssen viel schöner sein als diese hier, he?«
Glaukus suchte ein Lächeln zu unterdrücken und antwortete: »Denke Dir ganz Pompeji in Bäder umgewandelt, und dann hast Du allenfalls einen Begriff von der Größe der kaiserlichen Thermen in Rom; aber auch nur einen Begriff von der Größe . Denke Dir alle Unterhaltungen des Geistes und des Körpers – zähle alle gymnastischen Spiele auf, die unsere Väter erfanden – alle Bücher, die Italien und Griechenland hervorgebracht haben – denke Dir die Räume für alle diese Spiele, die Bewunderer für alle diese Werke; ferner die ungeheuer großen Bäder, die künstlichste Construktion, und zu diesem Allem noch Gärten, Theater, Säulengänge, Schulen – stelle Dir, mit einem Worte, eine Götterstadt vor, die einzig aus Palästen und öffentlichen Gebäuden besteht, und Du wirst Dir einen schwachen Begriff von der Pracht der großen Bäder Roms bilden können.«
»Beim Herkules!« rief Diomed, ihn mit großen Augen anstarrend, »da würde ja das Baden das ganze Leben eines Menschen wegnehmen.«
»In Rom kommt das oft vor,« sagte Glaukus ernsthaft. »Dort gibt es viele Leute, die bloß in den Bädern leben. Sie begeben sich dorthin, sobald sie geöffnet werden und verlassen sie erst bei ihrem Schlusse. Man sollte meinen, das ganze übrigen Rom sei ihnen fremd und sie verachten jede andere Existenz.«
»Beim Herkules!«
»Sogar Diejenigen, welche nur dreimal täglich baden, finden Mittel und Wege, ihr Leben mit dieser Beschäftigung zuzubringen. Sie treiben sich im Ballhofe oder in den Säulengängen umher, um sich auf das erste Bad vorzubereiten, gehen in das Schauspiel, um sich nach demselben zu erholen, nehmen ihr Frühstück unter den Bäumen und denken an ihr zweites Bad. Bis dieses fertig ist, haben sie das Frühstück verdaut. Beim zweiten Bade gehen sie in eines der Peristyle, um einen neuen Dichter Verse vortragen zu hören, oder in die Bibliothek, um über einem alten einzuschlafen. Nun kommt das Abendessen, das sie nur als einen Theil des Bades betrachten, und dann gehen sie zum drittenmal ins Bad, weil sie dies für den besten Ort halten, sich mit ihren Freunden zu unterhalten.«
»Beim Herkules! Aber wir haben ihrer Nachahmer in Pompeji!«
»Ja, und ohne ihre Entschuldigung. Die prachtliebenden
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