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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Lüstlinge in den römischen Bädern sind glücklich; sie sehen nichts als Pracht und Glanz und besuchen die schmutzigen Quartiere der Stadt nie; sie wissen nicht, daß es Armuth in der Welt gibt. Die ganze Welt lächelt ihnen zu und sie sehen nur einen einzigen zornigen Blick von ihr, wenn sie sie nämlich in die Bäder des Cocytus sendet. Glaube mir, dies sind die einzigen wahren Philosophen.«
    Während Glaukus also redete, unterwarf sich Lepidus mit geschlossenen Augen und kaum hörbar athmend all den mystischen Operationen, von denen seine Sklaven auch nicht eine auslassen durften. Nach den Parfümerien und Salben streuten sie jenes köstliche Pulver über ihn, das der Hitze keinen weitern Zugang gestattete, und nachdem dieses durch die glatte Oberfläche des Bimssteins weggerieben worden war, begann er seine Kleider anzuziehen, jedoch nicht die abgelegten, sondern jene festlicheren, die sogenannte Synthesis , durch welche die Römer ihre Achtung gegen die herannahende Feierlichkeit des Abendessens beurkundeten, wenn letzteres nämlich nach seiner Stunde (drei Uhr nach unserer Zeitrechnung) nicht passender Mittagessen genannt werden darf. Nachdem Alles vorüber war, öffnete Lepidus seine Augen und gab Zeichen des wiederkehrenden Lebens. In demselben Augenblicke lieferte auch Sallust durch ein langes Gähnen den Beweis seiner Existenz.
    »Es ist Zeit zum Abendessen,« sagte der Epikuräer; »Glaukus und Lepidus, kommt und speist mit mir.«
    »Vergesset nicht, daß Ihr alle Drei in dieser Woche zu mir eingeladen seid,« rief Diomed, der auf seine Bekanntschaft mit vornehmen Leuten außerordentlich stolz war.
    »Ah! Ah!« sagte Sallust, »wir vergessen es nicht; der Sitz des Gedächtnisses, mein lieber Diomed, ist gewiß im Magen.«
    Hierauf wieder in die kühlere Luft und sodann in die Straße tretend, beschlossen unsere Elegants jener Tage die Ceremonie eines pompejanischen Bades.

Achtes Kapitel.
Arbaces verfälscht seine Würfel mit Wollust und gewinnt die Partie.
    Der Abend dunkelte über die bewegte Stadt hin, als Apäcides auf die Wohnung des Egypters zuwandelte. Er vermied die beleuchteten und bevölkerten Straßen, und wie er so mit auf die Brust herabgesenktem Haupte und unter dem Gewande gekreuzten Armen sich vorwärts bewegte, lag in dem Widerspruche, in welchem sein ernstes Aussehen und seine abgemagerten Glieder mit der sorglosen Stirne und der fröhlichen Miene Derer stunden, die ihm auf der Straße begegneten, etwas Erschreckendes. Endlich berührte jedoch ein Mann von nüchternem und gesetzterem Aussehen, der schon zweimal mit einem neugierigen, aber zweifelhaftem Blicke an ihm vorübergegangen war, seine Schulter.
    »Apäcides!« sagte er, und machte ein schnelles Zeichen mit seinen Händen: es war das Zeichen des Kreuzes.
    »Ah, Nazarener!« sagte der Priester, indem sein blasses Gesicht noch blässer wurde, »was willst Du von mir?«
    »Nun, ich will Dein Nachdenken nicht unterbrechen,« erwiderte der Fremde, »aber als wir uns das letztemal trafen, schien ich Dir nicht so unwillkommen zu sein.«
    »Du bist mir nicht unwillkommen; Olinth; aber ich bin traurig und müde, und diesen Abend außer Stand, mit Dir über das zu sprechen, was Dich am meisten interessirt.«
    »O der Verkehrtheit des Herzens!« sagte Olinth mit bitterem Eifer, »Du bist traurig und abgemattet, und willst Dich gerade von der Quelle entfernen, die Dich erquicken und heilen kann?«
    »O Erde!« rief der junge Priester leidenschaftlich an seine Brust schlagend, »wohin muß ich mich wenden, um den wahren Olymp zu schauen, den die Götter wirklich bewohnen! ... Soll ich mit diesem Manne glauben, daß keiner von denen, die meine Väter so viele Jahre hindurch anbeteten, ein Wesen oder einen Namen habe? Soll ich dieselben Altäre, die ich für die heiligsten hielt, als gotteslästerlich und unheilig umstürzen? oder soll ich mit Arbaces glauben? – was?«
    Er schwieg stille, und schritt hierauf schnell vorwärts mit der Ungeduld eines Mannes, der sich selbst zu entfliehen sucht.
    Aber der Nazarener war einer jener kühnen, kraftvollen und enthusiastischen Männer, durch die Gott zu jeder Zeit Veränderungen auf der Erde bewirkt hat, und die vor Allem bei der Einsetzung wie bei der Reform seiner Religion geschaffen sind, Andere zu bekehren , wie sie geschaffen sind, zu dulden ; – Männer, die Nichts entmuthigt, Nichts abschreckt; in der Inbrunst des Glaubens sind sie begeistert und begeistern Andere. Ihre Vernunft entflammt

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