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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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die Masse erfüllen, dadurch Dein Geschlecht aufklären. Aber ich will Dich auch zu Genüssen führen, von denen das Volk keine Ahnung hat, und auf den Tag, den Du den Menschen weihest, soll die Nacht folgen, die Du Dir selbst widmest.«
    Als der Egypter zu reden aufhörte, ertönte plötzlich neben, oben und unten die lieblichste Musik, die Lybien je erfand, oder Jonien vervollkommnete. Sie drang wie ein Strom von Tönen herein, die überraschten Sinne zu baden – durch Entzücken zu unterwerfen und zu unterjochen. Man glaubte, die Gesänge unsichtbarer Geister zu vernehmen, wie sie etwa die Schäfer in den goldenen Zeiten durch die Thäler Thessaliens und durch die sonnigsten Wälder von Paphos hin tönen hörten. Die Worte, welche sich zur Beantwortung der Sophismen des Egypters auf die Lippen des Apäcides gedrängt hatten, erstarben zitternd. Er glaubte sich einer Entheiligung schuldig zu machen, wenn er diese bezaubernde Akkorde unterbräche; seine so leicht erregbare Natur, die griechische Milde und Glut seiner innersten Seele wurde durch Überraschung gewonnen und gefesselt. Er fiel mit geöffneten Lippen und lauschendem Ohre auf den Sitz zurück, während ein Chor von lieblichen Stimmen, wie die, welche die Psyche in den Hallen Amors erweckten, folgende »Hymne des Eros« sang:
Wo fühlend des Cephissus Fluten kosen,
Bebt eine Silberhymne durch die Luft,
Und höher röthet sich das Roth der Rosen,
Und lautlos schlürft die Taube ihren Duft.
     
Und lächelnd lauschten in der Höh' die Horen,
Und streuten Blüten auf der Erde Brust,
Und in die Worte, die sie hört, verloren,
Erhebe sie durch und durch in süßer Lust.
     
»Liebt, Sterbliche! Ich bin die Macht der Liebe,
Der älteste Gott, so alt als das Geschick;
Mein Lächeln haucht den Lichtquell aus dem Siebe,
Mein Kuß erschließt Aurorens Feuerblick.
     
Mein sind die Sirene und wohin ihr schauet,
Ist es mein Mutterauge, welches wacht;
Mein ist Selene und wenn sie ergrauet,
Ist's doch Endymion, für den sie lacht.
     
Mein ist die Blume – mein die Glut der Rosen,
Mein ist das Veilchen, das der Zephyr leckt;
Mein sind die Strahlen, die im Mailicht kosen,
Mein jeder Traum, der Laub und Leben weckt.
     
Liebt Sterbliche – die Erde läßt's euch sagen,
Die Erde, die von Liebe überfließt,
Die Wogen, die ans Ufer sehnend schlagen,
Der Wind, der die geschwellte See umschließt.
     
Ja, Alles lehret Liebe!« – Hier verschwammen
Die süßen Laute, wie ein Traum der Nacht,
Doch, wo es wogte, es rauschte, kamen
Sie wieder stets mit ihrer Zaubermacht.
     
    Als die Stimme sanft in der Luft verhallt war, ergriff der Egypter den Apäcides bei der Hand und führte den Erstaunten, Berauschten, obwohl halb Widerstrebenden durch das Zimmer dem Vorhange zu, und plötzlich schienen hinter diesem Tausende von funkelnden Sternen aufzutauchen; der Vorhang selbst aber, der bisher dunkel gewesen war, wurde durch diese Feuer zum lieblichsten Himmelblau erhellt. Er stellte den Himmel selbst vor – einen Himmel, wie er in Juninächten auf den kastalischen Quell herabgeschienen haben mochte. In kleinen Zwischenräumen waren rosige und leichte Wolken gemalt, aus denen durch die Kunst des Malers Gesichter voll himmlischer Schönheit lächelten, und auf welchen Gestalten ruhten, wie die, von denen Phidias und Apelles träumten. Die auf diesem durchsichtigen Augur im vollsten Glanze strahlenden Sterne rollten schnell dahin, während die Musik, die in lebhafterem und leichterem Takte von Neuem begonnen hatte, die Melodie der entzückten Sphären nachzuahmen schien.
    »Oh, welch Wunder ist dies, Arbaces?« sagte Apäcides mit zitternder Stimme. »Nachdem Du die Götter verläugnet, enthüllst Du mir –«
    »Ihre Freuden,« unterbrach ihn Arbaces in einem von seinem gewohnten ruhigen und kalten Gleichmaß so verschiedenen Tone, daß Apäcides erschrak, und den Egypter selbst für verwandelt hielt; und als sie dem Vorhang näher traten, brach eine milde, laute, frohlockende Melodie hinter dem Versteck hervor; bei diesen Tönen riß der Vorhang entzwei, theilte sich und schien in der Luft zu verschwinden, und ein Schauspiel, wie selbst Sybaris kein schöneres sah, bot sich dem geblendeten Auge des Priesters dar. Ein ungeheuer großer Festsaal dehnte sich vor ihnen aus, funkelnd von unzähligen Lichtern, welche die warme Luft mit Düften von Weihrauch, Jasmin, Veilchen und Myrrhen erfüllten. Alles, was die wohlriechenden Blumen und die kostbarsten Spezereien zu bieten vermochten,

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