Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
Vom Netzwerk:
Worten wies er nach einer Nische hin, und dieser Bewegung mit den Augen folgend, bemerkte Apäcides auf einen Piedestal zwischen den Statuen des Bacchus und der Venus – ein Skelet.
    »Erschrick nicht,« fuhr der Egypter fort; »dieser freundliche Gast erinnert uns nur an die Kürze des Lebens. Aus einer Kinnlade höre ich eine Stimme, die uns auffordert, zu genießen .«
    In diesem Augenblicke umgab eine Gruppe von Nymphen die Statuen; sie legten Blumenkränze auf das Piedestal und sangen, währen die Becher der Reihe nach geleert und wieder gefüllt wurden, nachstehende »Bacchische Hymne auf das Bild des Todes«:
     
1.
Du, der du einst schwelgtest im frohen Genuß,
Den Wein dir und Liebe dir woben,
Du weilest nun drunten am stygischen Fluß,
Doch deine Erinnrung ist oben;
Kann sie noch zurück
Zu dem goldnen Glück,
Das jetzt sie entübrigen muß?
     
Wir winden den Kranz um das hohle Gerüst,
Worin deine Seele einst thronte,
Als noch deine Blicke die Rose geküßt,
Dein Lächeln im Kelche noch wohnte,
Und der Cytherklang
Dich lud zum Gesang,
Wenn die Sonne hinuntergemüßt.
     
    Hier trat eine neue Gruppe vor und sang, während die Musik in einen schnelleren und lebhafteren Takt überging:
2.
Tod heißt der dunkle Küstenstrich,
Nach dem wir Alle steuern,
Wind, der uns treibt, o säume dich,
Hand, laß das Ruder feiern.
Mit Kränzen bind' die Horen an,
Die zum Altare wallen;
Mit Klang und Blumen weidet man
Die Opfer, eh sie fallen.
     
    Nach der Pause eines Augenblicks tanzte die silberfüßige Musik immer schneller und schneller fort:
Das Leben ist so kurz, o laßt uns genießen
Und keine Minute vergeuden,
So lange die Ströme der Jugend noch fließen,
Sei Liebe die Poesie der Freuden.
     
    Jetzt näherte sich eine dritte Gruppe mit bis an den Rand gefüllten Bechern, die sie als Libation auf jenen sonderbaren Altar ausgoß, und noch einmal erhob sich langsam und feierlich die wechselnde Melodie:
     
Du bist willkommen, dunkler Gast,
Willkommen an dem fernen Strand,
Wenn einst die letzte Ros' erblaßt,
Reicht dir den Becher unsre Hand.
Sei uns gegrüßt als Gast!
Wer hat ein so gegründet Recht
Zum Genuß vom lebenden Geschlecht,
Als du, des leergebranntes Haus
Uns Alle ruft zum letzten Schmauß
Am dunklen, öden Küstenstrich?
Jetzt sind noch wir der Wirt für dich,
Und du, o todter Schatten, du,
In deiner ernsten, düstern Ruh,
Du bist einstweilen unser Gast!
     
    In diesem Augenblicke nahm diejenige, welche neben Apäcides saß, plötzlich den Gesang auf:
Uns lachet noch der Horen Mund,
Lacht noch das Licht der Sonnen,
Wir sind noch fern von Hades Schlund,
Wir haben noch gewonnen.
Nur ist noch süß Dein Liebesblick,
Dir ist noch süß die Traube;
Ich fliege hin zu Dir, mein Glück,
So wie zum Täuber die Taube.
O laß, Geliebter, lasse mich
In Deine Arme sinken
Und Wonneschlummer winken;
Doch wecke, wecke mich und sprich
Mit Deinen Purpurlippen doch
Und mehr mit Deinen Augen noch,
Daß Du mir Sonne bliebest,
Daß mir die Funken der Fackel noch sprühn,
Daß wir noch heiß für einander glühn,
O sprich, daß Du mich noch liebest!
     

Zweites Buch.
    Lucus tremescit, tota succusso solo
Nutavit aula, dubia quo pondus daret
Ao fluctuanti sinilis.
Senec. Thyestes, v. 693.
     

Erstes Kapitel.
Eine Kneipe in Pompeji und die Gladiatoren.
    Wir versetzen uns nunmehr nach einem jener Theile von Pompeji, der nicht von den Herren, sondern nur von den Dienern und Opfern des Vergnügens bewohnt wurde – dem Aufenthaltsorte der Gladiatoren und Lohnkämpfer, des Lasters und der Armuth, der Rohheit und Gemeinheit, mit einem Worte nach der Alsatia [Fußnote: Alsatia – ein Bezirk von London, der unter Karl II. als ein Schutzort für alle Arten von Verbrechen und gesetzwidrigen Schurkereien seine höchste Blüthe erreicht hatte. Anm. d. Uebers. ] einer Stadt des Alterthums.
    Es war ein großes Zimmer, das sich auf eine enge und volkreiche Straße öffnete. Vor der Thürschwelle stand ein Haufen Männer, deren eiserne, kräftig gespannte Muskeln, kurze und herkulische Nacken, kühne und verwegene Gesichtszüge für sie als Kämpfer der Arena bezeichneten. Auf einem Brette außer halb des Schoppens stand eine Reihe von Wein- und Ölkrügen, und unmittelbar darüber war ein plumpes Gemälde über der Wand angebracht, das trinkende Gladiatoren vorstellte, so alt und ehrwürdig ist der Brauch der Wirtsschilde! Im Innern des Zimmers waren mehre kleine Tische zwischen einigen Verschlägen aufgestellt, an denen Einige tranken,

Weitere Kostenlose Bücher