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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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von sich.
    Ohne eine Miene zu verziehen und mit denselben lächelnden Gesichte, mit dem er zuvor den Wirth gehöhnt hatte, ertrug der Gladiator den schmerzlichen Händedruck. Aber kaum war seine Hand frei, als er sich einen Augenblick niederduckte wie eine wilde Katze; sein Kopf- und sein Barthzaar sträubte sich empor, und mit einem wilden und durchdringenden Schrei rann er so gewaltig auf die Kehle des Riesen los, daß dieser, so stark und handfest er auch war, das Gleichgewicht verlor. Der Wirth stürzte mit dem Lärmen eines Felsstücks zur Erde nieder und über ihn auch sein grimmiger Feind.
    Wahrscheinlich hätte der Wirth des Strickes, den ihm Lydon so freundlich anempfohlen hatte, nicht bedurft, wenn er drei Minuten länger in dieser Stellung geblieben wäre; durch das Geräusch des Falles aber zu Hülfe gerufen, stürzte ein Weib, das sich seitdem in einem inneren Gemache aufgehalten hatte, auf den Kampfplatz. Diese neue Verbündete hätte allein dem Gladiator die Spitze bieten können. Sie war von einem hohen Wuchs, mager und mit Armen versehen, die andere, als sanfte Umschlingungen zu geben vermochten. Wirklich hatte, wie er selbst, die liebenswürdige Gefährtin Burbo's, des Weinwirths, in den Schranken, [Fußnote: Nicht bloß Weiber aus dem niedrigen Stande fochten bisweilen in dem Amphitheater, sondern selbst Frauen von edler Abkunft theilten dies sanfte Ehrbegierde. ] ja sogar vor dem Kaiser gefochten. Und Burbo selbst, der Unbefugte auf dem Schlachtfelde, mußte dem Gerüchte zufolge hie und da seiner sanften Stratonice die Palme überlassen. Dieses reizende Geschöpf sah kaum, in welch dringender Gefahr sich ihre schlechtere Hälfte befand, als sie ohne eine andere Waffe, als diejenige, welche ihr die Natur verliehen, auf den obenliegenden Gladiator losstürzte, ihn mit ihren langen, schlangenartigen Armen um den Leib faßte, ihn mit einem plötzlichen Drucke von dem Körper ihres Mannes wegriß, so daß Lydon bloß noch mit seinen Händen seinen Gegner an der Kehle festhielt. So sieht man bisweilen einen Hund an den Hinterbeinen, aus dem Kampfe mit einem gefallenen Nebenbuhler gerissen, in den Armen eines neidischen Stallknechts, so daß die eine Hälfte des Thiers ruhig und harmlos in der Luft schwebt, während die andere, Kopf, Zähne, Augen und Pfoten, in den besiegten und zerfleischten Feind eingegraben und eingerammelt zu sein scheint. Indessen drängten sich die an Blut gewöhnten und dadurch entzückten Gladiatoren voll Wonne um die Kämpfenden; ihre Nasenlöcher öffneten sich weit, die Lippen grinsten, ihre Augen hafteten stur auf der blutigen Kehle des Einen und den ausgespannten Krallen des Andern.
    » Habet! (er hat's!) habet! « schrien sie mit brüllendem Tone, indem sie ihre nervigen Hände rieben.
    » Non habeo! (ich hab's nicht!) Ihr Lügner!« rief der Wirth, als er sich durch eine ungeheure Anstrengung von seines Gegners grimmigen Händen losmachte und athemlos, keuchend, zerfleischt und blutig auf die Füße sprang. Mit rollenden Augen wandte er sich gegen den stieren Blick und die grinsenden Zähne seines besiegten Feindes, der sich jetzt, aber nur mit einer gewissen Verachtung, gegen die handfeste Amazone wehrte.
    »Ehrliches Spiel!« riefen die Gladiatoren, »Einer gegen Einen!« Sie umringten Lydon und das Weib und trennten unsern liebenswürdigen Wirth von seinem höflichen Gaste.
    Aber Lydon, der sich über seine gegenwärtige Lage schämte und sich vergebens von diesem wilden Weibe loszumachen suchte, fuhr mit der Hand in seinen Gürtel und zog ein kurzes Messer; so drohend war sein Blick, so klar funkelte die Klinge, daß Stratonice, die nur an den Faustkampf gewöhnt war, voll Schrecken zurückwich.
    »O Götter!« schrie sie, »der Bösewicht! Er hat Waffen verborgen! Ist das auch recht! heißt das wie ein Mann von Ehre und als Gladiator handeln? Nein, wahrhaftig, solche Burschen verachte ich!«
    Mit diesen Worten wandte sie dem Gladiator höhnisch den Rücken zu und eilte, den Zustand ihres Gattten zu untersuchen.
    Aber dieser, der an eine derartige Übung so gewöhnt war, wie eine englische Dogge an den Kampf mit einem zarteren Gegner, hatte sich wieder vollkommen erholt. Die Purpurtinten verschwanden von er karmesinrothen Oberfläche seiner Wangen und die Adern seiner Stirne traten in ihre gewöhnliche Größe zurück. Er schüttelte sich mit behaglichem Grunzen, zufrieden, daß er sich noch am Leben wußte; hierauf betrachtete er seinen Gegner von Kopf bis Fuß mit

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