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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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großer, halb roher Fleischstücke zurück; denn durch solche Speisen glaubten die Herren des Lohnkampfes damals, wie noch heutzutage, ihre Stärke und Wildheit am besten zu erhalten. Sie setzten sich um den Tisch mit den Blicken hungriger Wölfe; das Fleisch verschwand, der Wein floß. So verlassen wir diese bedeutenden Personen klassischen Lebens, um den Schritten Burbo's zu folgen.

Zweites Kapitel.
Zwei Biedermänner.
    In den frühen Zeiten Roms war das Priesteramt nicht sowohl Sache des Gewinns, als vielmehr der Ehre. Die edelsten Bürger versahen es; denn die Plebejer waren davon ausgeschlossen. Später übrigens, und zwar lange vor der Zeit, die wir schildern, stand der Priesterstand allen Ständen gleichmäßig offen – wenigstens jene Abtheilung desselben, die die Flamines oder Priester, nicht der Religion im Allgemeinen, sondern gewisser, besonderer Götter in sich begriff. Sogar der Jupiterspriester ( flamen Dialis ), der einen Liktor vor sich hergeben hatte, und den sein Amt zum Sitze im Senate berechtigte, wurde, nachdem diese Würde ausschließlich den Patriziern vorbehalten gewesen war, später durch eine Volkswahl ernannt. Die weniger nationalen und nicht so geehrten Gottheiten wurden gewöhnlich von plebejischen Priestern bedient. Viele traten in diesen Stand (wie heutzutage manche Katholiken in die Mönchsorden), weniger aus religiöser Gesinnung, als aus den Gründen berechnender Armuth.
    So war Kalenus, der Priester der Isis, von der niedrigsten Abkunft; zwar nicht seine Eltern, aber seine Verwandten waren Freigelassene. Von diesen hatte er eine gute Erziehung und von seinem Vater ein kleines Vermögen erhalten, das jedoch bald vergeudet war. Er wählte nun den Priesterstand als die letzte Zuflucht gegen die Armuth! Was auch das (damals vermuthlich nur sehr kleine) fixe Einkommen dieses heiligen Standes sein mochte, so hatten sich doch die Priester eines beliebten Tempels über den Ertrag ihres Berufs nie zu beklagen. Es gibt keine so gewinnbringende Beschäftigung, als diejenige, die den Aberglauben der Menge zum Felde ihrer Thätigkeit wählt.
    Kalenus hatte in Pompeji nur einen einzigen lebenden Verwandten, und dieser war Burdo. Verschiedene entehrende und geheimnisvolle Bande – stärker als die des Blutes – vereinigten ihre Herzen und ihre Interesse. Oft stahl sich der Isispriester verkleidet von den strengen Andachtsübungen weg, denen man ihn hingeben glaubte, und schlich durch die Hinterthür in das Haus des Exgladiators, eines durch Laster wie durch Gewerbe gleichmäßig verrufenen Mannes, und freute sich, dort auch den letzten Lappen der Scheinheiligkeit abzulegen, die, wäre nicht die Habsucht seine herrschende Leidenschaft gewesen, einer selbst für die bloße Heuchelei der Tugend zu brutalen Natur nur plump angestanden haben würde.
    In einen jener großen Mäntel gehüllt, die unter den Römern in demselben Verhältnissen in die Mode kamen, in welchem die Toga ihre Beliebtheit verlor und deren weite Falten die Gestalt vollkommen verhüllten, während die daran befestigte Kapuze den Gesichtszügen dieselbe Sicherheit gewährte, saß Kalenus in dem Privatstübchen des Wirthes, von dem ein kleiner Gang direkt zu der Hinterthüre führte, die beinahe an allen Häusern von Pompeji angebracht war. Ihm gegenüber sitzend zählte der kräftige Burbo auf einen zwischen ihnen stehenden Tische sorgfältig ein Häufchen Geldes, das der Priester eben aus einer Börse geschüttelt hatte; denn die Geldbeutel waren damals ebenso allgemein gebräuchlich, wie jetzt, nur mit dem Unterschiede, daß sie meistens besser gefüllt waren.
    »Du siehst,« sprach Kalenus, »daß wir gut bezahlen, und Du solltest mir dankbar sein, daß ich Dir zu einer so guten Kundschaft verholfen habe.«
    »Ich bin's auch, mein Vetter; ich bin's,« antwortete Burbo freundschaftlich, indem er das Geld in einen ledernen Beutel fallen ließ, den er sodann in seinen Gürtel schob und die Schnalle um seine starken Lenden sorgfältiger verschloß, als er in den ungezwungenen Stunden seiner häuslichen Beschäftigungen zu thun pflegte, »und bei der Isis, Pistis und Nysis, kurz bei allen Gottheiten Egyptens! meine kleine Nydia ist für mich ein wahrer Hesperidengarten, eine Goldgrube.«
    »Sie singt gut und spielt wie eine Muse,« erwiderte Kalenus; »und diese Eigenschaften bezahlt der, dem ich diene, immer freigebig.«
    »Er ist ein Gott!« rief Burbo enthusiastisch; »jeder reiche Mann, der freigebig ist, verdiente, angebetet

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