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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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Unheimlichkeit des Schreckens erregte.
    Arbaces selbst beschloß künftig alle seine Künste anzuwenden, um in den Besitz des Schatzes zu gelangen, nach dem er sich so glühend sehnte. Er fühlte sich ermuthigt und erhoben bei dem Gedanken an seinen Sieg. Von der Stunde an, in der Apäcides dem wollüstigen Zauber des erwähnten Festes unterlag, fühlte er seine Herrschaft über den jungen Priester glorreich gesichert. Er wußte, daß es kein vollkommener unterjochtes Opfer gibt, als einen glühenden jungen Mann, der zum erstenmale der Herrschaft der Sinne überlassen wird.
    Als Apäcides mit dem frühen Morgen aus dem tiefen Schlafe erwachte, der dem Delirium des Erstaunens und der Lust folgte. fühlte er sich allerdings beschämt, erschrocken und bange. Sein Gelübde der Enthaltsamkeit und Keuschheit ertönte in seinem Ohre; sein Durst nach Heiligkeit war aus einer so unreinen Quelle gestillt worden! Aber Arbaces kannte die Mittel genau, seinen Sieg zu sichern. Von den Künsten der Wollust führte er den jungen Priester sofort in seine mysterische Weisheit ein. Er enthüllte vor seinen erstaunten Blicken die düstere Philosophie des Nils, jene den Gestirnen entnommenen Geheimnisse, und jene ungeregelte Alchymie, die in einem Zeitalter, wo sogar die Vernunft nur ein Geschöpf der Einbildungskraft war, wohl für die Lehre eines vom Himmel gesandten Zauberers gelten konnte. In den Augen des jungen Priesters war Arbaces ein über die Sterblichkeit erhabenes und mit übernatürlichen Gaben ausgerüstetes Wesen. Jene heftige und gewaltige Sehnsucht nach der Wissenschaft, die nicht von dieser Erde ist, die schon seit früher Zeit im Herzen des Priesters glühte, wurde verblendet, die bis sie sein klares Bewußtsein verwirrte und bemeisterte. Er überließ sich einer Leitung, die sich zu gleicher Zeit an die zwei stärksten der menschlichen Leidenschaften – an das Verlangen nach sinnlichem Genuß und an das Streben nach Wissenschaft – wandte. Er konnte nicht glauben, daß ein so weiser Mann irren, daß ein so erhabener sich zum Betruge erniedrigen könne. In das düstere Gewebe metaphysischer Lehren verstrickt, griff er gierig nach der Entschuldigung, durch die der Egypter Laster in Tugend verwandelte. Seine Eitelkeit fühlte sich, ohne daß er es selbst wußte, geschmeichelt, daß Arbaces ihn für würdig gehalten hatte, ihn auf seine eigene Höhe zu erheben, ihn von den Gesetzen zu entbinden, welche die Menge regierten und ihn an den mystischen Studien und dem magischen Blendwerke seiner Einsamkeit Theil nehmen zu lassen. Die reinen und strengen Lehren jenes Glaubens, zu welchem Olinth ihn zu bekehren gesucht, waren durch die Flut neuer Leidenschaften aus seinem Gedächtnisse verwischt worden; der mit den Dogmen des wahren Glaubens wohl vertraute Egypter vernahm von seinem Schüler kaum, welchen Eindruck ihre Anhänger auf ihn gemacht hatten, als er auch schon mit ziemlicher Gewandtheit durch eine Reihe von halb ernsten, halb ironischen Bemerkungen diesen Eindruck zu verstören suchte.
    »Dieser Glaube,« sagte er, »ist nur ein Plagiat, den zahllosen, von unsern alten Priestern erfundenen Allegorien entnommen. Sieh,« fuhr er, auf eine mit Hieroglpyhen beschriebene Rolle zeigend, fort, »sieh, in diesen alten Figuren den Ursprung der christlichen Dreieinigkeit. Hier sind auch drei Götter: der Vater, der Geist und der Sohn. Bemerke, daß der Beiname des Sohnes Erlöser heißt; bemerke ferner, daß das Zeichen, durch welches seine menschlichen Eigenschaften angedeutet werden, das Kreuz ist, [Fußnote: Der Gläubige wird aus diesem zufälligen Zusammentreffen einen von dem des Egypters sehr verschiedenen Schluß ziehen. ] betrachtete hierbei die mystische Geschichte des Osiris, wie er getödtet wurde, wie er im Grabe lag, und wie er, eine heilige Sühne vollziehend, wieder von den Todten auferstand. Zu diesen Geschichten beabsichtigten wir bloß eine Allegorie von den Operationen der Natur und den Bewegungen des ewigen Himmels zu geben; aber da der allegorische Sinn nicht verstanden wurde, so haben die Standbilder abergläubischen Nationen Stoff zu einer Menge von Glaubenslehren geliefert. Diese Sinnbilder sind sogar in die ungeheuren Ebenen Indiens gedrungen und haben sich den träumerischen Spekulationen der Griechen beigemischt. Immer gröber und kühner werdend, je mehr sie sich von dem Schatten ihres Ursprungs entfernten, nahmen sie in diesem neuen Glauben eine menschliche und handgreifliche Gestalt an, und die

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