Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
und drückte die Gezeitenfrau an sich. »Dem Fischer habe ich übrigens Bescheid gegeben. Er erwartet sein Boot erst morgen zurück.«
    Dann löste sie sich und wurde eins mit den Umrissen der Stadt.
    Â»So.« Rodraeg wollte sich und die Gedanken der anderen sammeln. »Jetzt bin ich auf den Rat von euch Kriegstaktikern angewiesen. Wie nahe können wir an das Schiff heranrudern, ohne daß die Deckwachen eine Chance haben, uns zu bemerken?«
    Â»Nicht sehr nahe«, sagte Bestar. »Der Hafen ist ruhig in der Nacht. Wir sind die einzigen, die hier herumpaddeln.«
    Â»Nahe genug, daß ich etwas sehen kann«, widersprach Hellas. »Wir sollten von außen kommen, von der Seeseite her. Dann zeichnen sich vor den Lichtern des Rotleuchtenviertels Silhouetten an Deck ab und ich kann mit dem Bogen Hilfestellung leisten.«
    Â»So machen wir es.« Rodraeg nickte entschlossen. »Und vergeßt nicht: Es ist noch nicht lange her, da lagen wir selbst in Ketten und mußten aus einer erniedrigenden Gefangenschaft befreit werden. Heute sind wir die Befreier. Das sollte uns allen ein gutes Gefühl geben.«
    Sie ruderten unter der Kaimauer nach außen und näherten sich Yrmenlafs Schiff vom Meer her.
    Â»Wie heißt das Schiff eigentlich?« fragte Eljazokad flüsternd. »Habt ihr heute während des Ausspähens darauf geachtet?«
    Â»Das Schiff heißt Aglaeca«, antwortete Rodraeg. »Wahrscheinlich ein Frauenname, oder?« fragte er die Gezeitenfrau.
    Â»Monstrum«, brummte sie. »In der sehr, sehr alten Sprache bedeutet Aglaeca einfach: Monstrum.«
    Eine Bug- und eine Hecklaterne bezeichneten Position und Länge der Aglaeca, aber sie mußten noch näher heran, bis auf Deck etwas zu erkennen war.
    Â»Halt«, wisperte Hellas. »Jetzt kann ich die Umrisse der Wächter sehen. Es sind drei, aber hinter den Aufbauten könnten natürlich noch weitere sein. Von hier aus kann ich sie wunderbar ausschalten, einen nach dem anderen. Was sagt ihr?«
    Â»Zu laut«, knurrte Bestar. »Sie fallen um und poltern auf die Holzplanken. Es ist wichtig, daß man sie behutsam hinlegt, damit Leute unter Deck nichts hören.«
    Â»Wir verfahren weiter nach Plan«, setzte Rodraeg sich durch. »Bestar agiert, Hellas ist die Absicherung.«
    Â»Wehe, du schießt aus Versehen auf mich!« drohte Bestar dem Bogenschützen, während er langsam und lautlos ins Wasser glitt. Eljazokad reichte ihm Danahes Lappen.
    Â»Ich kann doch wohl einen Ochsen von ein paar Wildschweinen unterscheiden«, sagte Hellas.
    Bestar prägte sich die Richtung zur Aglaeca ein, holte tief Luft und tauchte. An der Oberfläche schwimmen machte immer Geräusche, aber Tauchen nicht. Es mußte ihm gelingen, unter Wasser bis zur Ankerkette zu kommen, dann hatten die Wachtposten keinerlei Möglichkeit, ihn zu bemerken.
    Er vermißte das Messer zwischen seinen Zähnen, also steckte er sich den Lappen in den Mund und biß fest darauf.
    Nach etwa einem Sandstrich unter Wasser gewahrte er vor sich den Kiel des Zweimasters. Er glitt in die Höhe, durchstieß mit dem Kopf sanft die Wasseroberfläche und versuchte, so lautlos wie möglich durchzuatmen. Die Ankerkette lag weiter links. Er tauchte wieder ab, bis er sie unter Wasser fand. Erneut schob er den Kopf leise aus dem nächtlichen Sternenspiegel. Er wrang seinen Haarknoten und den nassen Lappen aus. Wasser plätscherte. Niemand an Deck reagierte. Er konnte die rauhen Stimmen von Wächtern hören, die miteinander scherzten. Dann berührte er die Ankerkette – und zuckte sofort zurück. Die Kette war heiß!
    Verflucht! Eine Sicherheitsvorkehrung. Magisch oder wie auch immer. Die Kette war nicht glühend, aber heiß genug, um Ratten oder Schwächlinge vom Erklettern des Schiffes abzuhalten. Es gab aber keine andere Möglichkeit, dort hinauf zu kommen.
    Bestar hatte keine Lust, noch mal zurückzutauchen zu den anderen und sich dort kleinlaut ein paar Stoffstreifen zum Umwickeln der Handflächen und Zehen zu erbetteln. Verbrennungen schmerzten höchstens eine Woche, dann war schon wieder neue Haut nachgewachsen.
    Er ergriff die Kette, ignorierte die Instinkte und den Schmerz, und zog sich an ihr hoch, so langsam und kontrolliert, daß die rostigen, aber straffen Metallglieder nicht zu klirren und zu rasseln begannen. Wegen der Hitze verzichtete er darauf, seinen Aufstieg mit

Weitere Kostenlose Bücher