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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Finsternis zurück Richtung Steuerbord. Es würde gar nicht so leicht werden, an diesen Wächter unbemerkt heranzukommen, denn von beiden Seiten aus mußte er sich mehrere Schritte weit über offenes Gelände nähern. Bestar entschied sich dafür, auf die Mittschiffshütte zu klettern und über das nach warmem Teer stinkende Dach in den Rücken des Wächters zu gelangen, um die ungedeckte Strecke zu verkürzen. Tatsächlich kam er auf dem Dach bis auf zwei Schritte an ihn heran. Er konnte ihn anspringen, ihm dabei gleichzeitig das Rückgrat brechen und ihn über die Reling schleudern, aber das Platschen im Hafenbecken würden die beiden Kartenspieler wahrscheinlich hören. Außerdem galt weiterhin Rodraegs Gebot der Gewaltlosigkeit.
    So leise wie möglich ließ Bestar sich mit seinen von der heißen Ankerkette noch schmerzenden Händen vom Dach hinab, aber auch hier knarrte ein Brett und schabte seine Ferse über die Seitenwand. Dieser Wächter drehte sich schneller und gewandter um als der erste und hatte auch die Hand schon am Säbelgriff. Bestar schlug ihm mit der Faust mitten ins Gesicht, hielt den Taumelnden vom Sturz über die Reling ab und preßte ihm den Lappen auf Mund und Nase. Das Betäubungswasser brannte wohl wie Feuer auf der aufgeplatzten Gesichtshaut -der Wächter kickte und zappelte und versuchte zu brüllen, doch Bestar schnürte ihm Luft und Bewegungsspielraum ab, bis der Wächter plötzlich schlaff wurde. Mißtrauisch hielt Bestar ihn noch einen weiteren halben Sandstrich lang im Griff des Atemgiftes, um festzustellen, ob das jähe Erschlaffen nicht nur vorgetäuscht war, aber da rührte sich nichts mehr. Bestar warf sich den Bewußtlosen über die Schulter, um ihn an einer geeigneten Stelle zu verstauen.
    Â»Was treibt er da? Er ist hinter diesem Mittschiffsaufbau verschwunden, und vom Heck her pirscht ein Posten auf ihn zu!« Hellas hielt die anderen auf dem laufenden, keiner außer ihm konnte etwas anderes erkennen als die beiden Positionslaternen. »Hat er ihn nicht bemerkt? Soll ich ihn ausschalten, Rodraeg? Kein Problem von hier aus!«
    Â»Warte.«
    Â»Wenn dieser Typ Bestar überrumpelt, ist alles aus.«
    Â»Warte ab.«
    Â»Bestar könnte draufgehen!«
    Â»Er wird sich nicht so einfach überrumpeln lassen. Behalte den Wächter vor der Pfeilspitze, aber laß Bestar das regeln.«
    Â»Du hast ja grenzenloses Vertrauen in diesen großen Knaben, Rodraeg, aber ich sage dir, er hat kaum praktische Kampferfahrung. Den bedeutendsten Teil seines Lebens hat er mit Prahlen, Saufen und kindischen Balgereien verbracht.«
    Â»Ich war mit ihm im Talkessel von Terrek. Er hat sich weder von dem giftgetränkten Lappen überwältigen lassen, noch ist er vor uns beiden zu Boden gegangen. Migal und Bestar haben gekämpft wie besessen.«
    Â»Ja. Und bei unserer Flucht lag dieser Besessene die ganze Zeit mit einem Speer im Bauch herum wie ein nasser Sack.«
    Weil er über offenes Feld gelaufen war, um den Pferden in
    der Koppel die Leben zu retten. Nachdem er mir im Kampf gegen die Kruhnskriegerin das Leben gerettet hatte. Es stimmte, was Hellas sagte: Rodraeg hatte grenzenloses Vertrauen in die kämpferischen Fähigkeiten Bestars. Er würde ihm sein Leben, das des Gefangenen und das des Mammuts anvertrauen, wenn es nötig war.
    Â»Was passiert gerade?« fragte Rodraeg ruhig.
    Â»Ich kann immer noch den Wächter sehen. Er ist an diesem Mittschiffshäuschen angekommen. Gleich kann ich ihn nicht mehr treffen. He, da ist Bestar. Er trägt jemanden über der Schulter. Er bemerkt überhaupt nichts! Ich muß schießen, Rodraeg!«
    Â»Warte!«
    Â»Verdammt noch mal! Da hast du’s: Jetzt ist der Wächter hinter der Hütte verschwunden. Bestar legt ganz seelenruhig seine Last ab und breitet eine Plane über ihr aus. So ist’s recht, Bestar, laß dich bloß nicht stören. Hinter dir schleicht nur der Tod auf dich zu. Verdammt noch mal!« Hellas schoß. Rodraeg schnappte erschrocken nach Luft, doch Hellas lud ungerührt nach. »Mal sehen, ob er jetzt aufwacht.«
    Der Pfeil blieb direkt vor Bestars Gesicht in einem Falltau stecken. Es gab beinahe kein Geräusch, aber der Luftzug berührte Bestar wie das Pusten eines Kindes. Bestar erstarrte. Der Pfeil kam von Hellas, soviel war klar. Auch die Richtung stimmte. Wenn Hellas

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