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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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eine rollende Kutsche nicht so herantrauen wie an eine stehende.«
    Â»Wir rasten vom Nachmittag bis zum Einbruch der Dunkelheit«, legte Rodraeg fest.
    Â»Meint ihr denn wirklich, sie sind hinter uns her?« fragte der Kutscher später noch einmal hinunter.
    Â»Wir rechnen mit dem Schlimmsten«, sagte Rodraeg entschlossen.
    So fuhren sie weiter. Die Radspeichen surrten. Die Räder ruckelten auf dem Larnwaldboden, bis sie die Straße wieder erreichten und ihr nach Nordwesten folgten. Rechter Hand rauschte der Wald vorüber.
    Einmal, gegen Mittag, sah Hellas im Dunkel der Baumriesen eine Bewegung, die parallel zu ihnen und mit gleicher Geschwindigkeit dahineilte. Danach war nichts mehr zu erkennen. Der Larn verhüllte sich vor allzu prüfenden Augen mit Laub und Nadeln, Schattigkeit und Dunst.
    Â»Wenn Dasco ein Werwolf ist«, sinnierte Rodraeg nach einem Hustenanfall, »kann er in menschlicher Gestalt doch eigentlich unmöglich mit uns Schritt halten. Es sei denn, er hat einen Flechtenwolf gefunden, der groß genug ist, um auf ihm reiten zu können.«
    Â»Ich bezweifle, daß es sich bei Dasco um einen Werwolf handelt«, sagte Eljazokad mit einem Seitenblick auf Bestar. »Ein Werwolf ist ein Mensch, der von einem Werwolf gebissen wurde und sich nun bei Vollmond ebenfalls in einen verwandelt. Wir hatten gestern nacht aber nicht Vollmond, und in den Nächten davor, in denen Dasco sich auch immer davonstahl, um zu jagen, war der Mond noch schlanker als jetzt. Außerdem hat ein Werwolf noch lange keine Kontrolle über Wölfe. Er ist ja nicht einmal in der Lage, sich selbst zu beherrschen, geschweige denn andere Lebewesen. Nein, ich vermute eher, Dasco ist ein magisches nichtmenschliches Wesen, das sich tagsüber in einen Menschen verwandeln kann, und zwar in einen Menschen, den es getötet hat. Skandor Rigan ist diesem Wesen zum Opfer gefallen, wahrscheinlich, als er sich auf der Flucht vor seinen eigenen Steckbriefen in den Larnwald begab. Dieses Wesen hängt mit dem Wald zusammen und mit allem, was darin lebt. Wir müssen also Angriffe nicht nur von Wölfen fürchten.«
    Â»Aber es war deine Idee, daß wir nachts fahren«, bemerkte Rodraeg beunruhigt.
    Â»Ja. Weil Dasco tagsüber immer normal war und sich nachts von uns fernhielt. Deshalb halte ich ihn für ein Nachttier. Aber es kann natürlich auch sein, daß er uns von Tagtieren angreifen läßt.«
    Â»Als da wären Baumspinnen, Langhornkeiler, Fadenschlangen und Wurmdrachen«, ächzte Rodraeg. Allein der Gedanke an hundsgroße Baumspinnen hatte ihn sein Leben lang gegruselt. Gesehen hatte er glücklicherweise noch nie eine. »Obacht da oben, habt ihr gehört? Baumspinnen und Langhornkeiler, auch tagsüber!« rief er Hellas und Alins zu.
    Â»Gibt’s hier eigentlich auch Ogerbären und Mooskrebse?« lachte Bestar, während Rodraeg immer bleicher wurde.
    Â»Vielleicht fallen ja auch einfach hunderttausend Waldameisen über uns her und verarbeiten uns mitsamt der Kutsche zu Sägespäne«, fügte Eljazokad lächelnd hinzu.
    Am Nachmittag suchten sie sich einen schattigen Lagerplatz. Alins zog sich in der Kutsche eine Decke über den Kopf, um ein paar Stunden zu schlafen, denn er war der einzige, der in der kommenden Nacht auf jeden Fall beide Augen offenhalten mußte. Hellas döste auf dem Dach. Bestar hielt sich bei den Pferden auf und ging alle Drittelstunde einmal um die Kutsche herum, um sie von allen Seiten abzusichern. Rodraeg und Eljazokad machten einen kleinen Spaziergang durch den frühsommerlichen Larn.
    Â»Glaubst du immer noch, daß Waffen Unglück bringen?« fragte Rodraeg. »Immerhin trägt auch Dasco keine Waffe.«
    Â»Ich bleibe bei meiner Meinung«, lächelte der Magier. »Die Harpas hatten ihren Schwertern schon beinahe entsagt. Dann kamt ihr mit euren Waffen, und schon mußten auch die beiden wieder zu ihren greifen. Die ganze Situation mit Dasco wäre womöglich anders verlaufen, wenn keine Waffen in Reichweite gewesen wären.«
    Â»Er hat sich das Kind geholt und ist damit geflohen. Ohne ihr Schwert hätte Adena ihn nicht aufhalten können.«
    Â»Aber womöglich wäre er ganz anders vorgegangen, wenn er nicht gewußt hätte, daß ihr drei mit Schwertern und Bogen in der Nähe seid. Wenn er euch nicht zu fürchten gehabt hätte. Wenn er sich dem Kind hätte

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