Die letzten Worte des Wolfs
auch die Kadaver der beiden Tiere, die die Harpas noch direkt vor ihrer Haustür erschlagen hatten.
»Wölfe, die ihre Gefallenen bestatten«, raunte Terenz. »Das ist ja mal was Neues.«
»Wahrscheinlich hat Dasco sie eingesammelt«, vermutete Eljazokad. »Womöglich kann er noch Energie aus ihnen ziehen, wenn er eine Art Bestattungsritual mit ihnen durchführt. Das mit der Energie ist übrigens ziemlich interessant.« Er wandte sich an Rodraeg, der an einem anderen mit einem Tisch verstellten Fenster nach drauÃen spähte. »Ich möchte nicht, daà ihr einen falschen Eindruck von mir gewinnt. So viel magische Energie wie gestern hatte ich noch nie. Viermal Blitzen im Haus, drauÃen eine Restlichtaufhellung und dann noch ein richtig gleiÃender Blitz â normalerweise wäre ich schon nach den ersten beiden Blitzchen völlig am Ende gewesen.«
»Also woran lag es? Die Aufregung eines Ernstfalles?«
»Nein. Es lag an Dasco. Die Tage in der Kutsche in seiner Gegenwart haben mich aufgeladen. Ich hatte euch schon erzählt, daà er Energie verströmt â nicht wie ein Magier, der die Energie bewuÃt einsetzen kann, sondern eher wie ein magisches Wesen, daà solche Kraft unbewuÃt ausatmet. Ohne es eigentlich vorgehabt zu haben, muà ich mich an dieser Kraft bereichert haben. Jedenfalls, was ich eigentlich sagen wollte: Ich bin höchstens halb so mächtig, wie ich heute nacht gewirkt habe. Ich war über mich selbst erstaunt.«
»Das ist doch gut für uns«, lächelte Hellas und klopfte dem Magier auf die Schulter. »Wir müssen uns auf Reisen nur immer einen wahnsinnigen Werwolf mitnehmen, dann kannst du bald nachts die Sonne anzünden.«
»Was geht dort drauÃen vor?« unterbrach Alins Haldemuel das Gespräch. »Wo sind die Wölfe hin?« Sie alle hatten ein wenig geschlafen, waren ab und zu hochgeschreckt und hatten sich beunruhigt im finsteren Zimmer umgesehen. Seit der Morgendämmerung war immer einer von ihnen wach gewesen und hatte durch verschiedene Fensterspalten nach drauÃen gelugt.
»Sie sind entweder weg, oder sie sammeln sich«, vermutete Bestar.
»Und was machen wir jetzt?« fragte der Kutscher besorgt.
»Wir brechen wie geplant auf«, legte Rodraeg fest. »Wir haben gar nicht die Zeit abzuwarten, was die da drauÃen aushecken. Die Frage ist allerdings noch immer: Wollt ihr mit uns kommen oder nicht?«
Das Ehepaar Harpa sah ihn an. Adeni saà auf Adenas Schoà und spielte mit den langen Haaren ihrer Mutter. »Dies ist unser Zuhause«, sagte Terenz bestimmt. »Diesem Haus hier vertrauen wir uns an. Bei einer Kutsche, selbst bei einer von Slaarden Edolarde, weià ich nicht so recht. Sie rollt und rast und wackelt dahin, und wenn die Pferde von Wölfen angesprungen werden, was passiert dann? Ich beneide euch nicht darum, jetzt weiter zu müssen.«
»Es gefällt mir nicht, euch belagert zurückzulassen.«
Adena erhob sich und ging, ihr Kind auf dem Arm wiegend, auf und ab. »Wenn ich dieses Ungeheuer wäre â dann würde ich zuerst euch ausschalten. Wir laufen ihm nicht weg. Uns kann er auch in einem Mond noch aufsuchen, wir sind dann immer noch nur zu dritt, und unser Kind ist immer noch ein schwaches und hilfloses Opfer. Aber ihr fahrt nach Tyrngan. Ihr könnt dort die Garde in Alarmzustand versetzen und seine übrigen Kinder in Sicherheit bringen. Ihr seid ihm jetzt schon einmal ins Gehege gekommen â er kann sich ausrechnen, daà ihr ihm erneut schaden werdet. Es ist viel schlauer, wenn er zuerst euch vernichtet und erst danach zu unserem Hof zurückkehrt. Dann sind wir und Tyrngan ihm ausgeliefert. Es tut mir sehr leid, aber ich fürchte, wir sind im Moment gar nicht in Gefahr, sondern ihr.«
Rodraeg fühlte sich vor dieser Frau, die als Abenteurerin viel mehr erlebt hatte als er, eigentümlich unreif und unerfahren. Er war zwar auch viel gereist, aber eher wie ein umherschleichender Wanderer, nicht wie einer, der offenen Blickes Konfrontationen angeht. Die Harpas waren auf Korengans Spuren gewandelt, während er selbst nur Korengans Buch gelesen hatte. Daà sie dann dennoch irgendwann einen SchluÃstrich gezogen hatten, um, jünger noch als er jetzt, ein neues, seÃhaftes Leben zu beginnen, war nur ein weiterer Beweis ihrer GröÃe. Sie waren Abenteurer und lebten â im Gegensatz zu vielen
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