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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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begegnet?«
    Nein, dachte Rodraeg. Nur einem Werwolf, vier Geträumten, einem Lichtmagier, einem Schmetterlingsmädchen, einem Untergrundmenschen, unzähligen Klippenwäldern, Flechtenwölfen, Fledersalamandern, Kruhnskriegern, einem Heimlichgeher, einem Kleinkind, zwei Bürgermeistern und einer Quelle geschmolzener Erde, deren Dämpfe ich wochenlang einatmen mußte. »Nicht daß ich wüßte«, antwortete er tatsächlich. »Woran hätte ich ihn denn erkennen können, diesen Gott?«
    Â»An dem Überflüssigwerden solcher Fragen«, lächelte Nerass. »Hier, nehmt diese Pastillen, dieses Fläschchen mit Kjeer-klippenquellenwasser und dieses mit einer besonderen Essenz getränkte Stück Meerschwamm. Wenn das Tier Euch von innen zu zerreißen droht, schiebt Euch den Schwamm in den Mund, beißt darauf und atmet die Dämpfe durch den Rachen ein. Möglicherweise wird das Tier so betäubt. Und falls Ihr wieder durch Tyrngan kommt bei Eurer Reise nach Irgendwohin, kommt bitte bei mir vorbei. Ich würde gerne sehen, wie es Euch dann geht, und Euch helfen, wenn ich kann.«
    Rodraeg bedankte sich fahrig, gab dem Heiler fünf Taler und ging dann mit Bestar hinaus.
    Es dunkelte bereits. Die von Stadt zu Stadt unterschiedlich uniformierten Gardisten der Königin zeigten in Tyrngan durch zahlreiche Patrouillen Präsenz, denn die Stadt wimmelte von halbbarbarischen Klippenwäldern, die ihre Heimat gerade erst verlassen hatten, um auf dem Kontinent ihr Glück zu erzwingen. Rodraeg dachte daran, daß Hellas wahrscheinlich immer noch gesucht wurde und daß es besser war, diese Stadt so schnell wie möglich hinter sich zu lassen.
    Am Morgen brachen sie auf und fuhren auf der Paßstraße, die durch die beeindruckend hohen Felsschründe der Kjeerklippen hindurchschnitt wie eine Axtkerbe, weiter Richtung Nordwesten. Die Kutsche war in nächtlicher, schweißtreibender Arbeit ausgebessert und die Räder sogar komplett ausgetauscht worden. Auf die Frage, was denn eigentlich geschehen war, hatte Alins mit einer verknappten Version der Wahrheit geantwortet. Das war sinnvoll, weil die Harpas und alle anderen Reisenden dadurch erfuhren, daß die Gefahr nun vorüber war.
    Die Pferde waren frisch, so daß Bestar wieder damit zu tun hatte, sich mit ihnen bekannt zu machen, bevor er neben Alins auf den Kutschbock stieg, um seine Fähigkeiten im einfühlsamen Kutschenlenken weiter auszubauen.
    Rodraeg gönnte ihnen allen einen Umweg, von dem Terenz und Adena Harpa ihnen erzählt hatten und der sie nicht mehr als eine Sechstelstunde kostete: Nur zweihundert Schritte von der Paßstraße entfernt lag, verborgen zwischen fast senkrecht aufsteigenden Felsnasen und -verwerfungen, der Eingang zur Höhle des Alten Königs, einem vor Urzeiten gefertigten Heiligtum der Riesen.
    Das Tor war als solches auf den ersten Blick nicht zu erkennen, die beiden klobigen Statuen jedoch, zwei fette, vielflügelige Fliegen mit raubtierartigen Köpfen, markierten den rechten und linken Rand eines gewaltigen Eingangs. Die Fliegen klebten kopfunter an der Felswand, jede von ihnen zwei Schritte hoch und anderthalb breit, und bleckten ihre unheimlichen, wie scharfkantige Saugröhren aussehenden Mundwerkzeuge. Einige dieser Röhren waren abgebrochen, ob von Wind und Wetter oder von Schaulustigen ließ sich nicht mehr bestimmen. Zwischen den Fliegenleibern verlief – wenn man genauer hinschaute – die unregelmäßig geformte Fuge einer Tür. Bestar staunte: An ihrem Scheitelpunkt war die Tür fünf Schritte hoch.
    Â»Sind Riesen wirklich so groß?« fragte er mit in den Nacken gelegtem Kopf.
    Â»Weder Riesen noch Fleischfliegen«, erläuterte Alins. »Laut den Harpas sind Fleischfliegen kaum größer als Spatzen, was allerdings schon unangenehm genug sein dürfte. Und Riesen messen höchstens drei Schritt, aber auch das stelle ich mir imposant vor, wenn so einer plötzlich vor dir steht. Selbst du kannst dann mit ausgestrecktem Arm nicht an sein Kinn heranreichen.«
    Â»Hast du schon mal welche mit eigenen Augen gesehen?« fragte Eljazokad.
    Alins schüttelte den Kopf. »Noch nie. Sie sind zu selten. Verkriechen sich im Wildbart in den unzugänglichsten Geländen. In dieser Gegend fahre ich oft nach Miura oder Brissen, aber Riesen kenne ich nur aus Schilderungen.«
    Â»Aber es gibt sie noch«, hakte

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