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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Rodraeg nach.
    Â»Nach allem, was ich so höre und weiß, ja.«
    Â»Hat noch niemand versucht, dieses Tor hier einfach aufzubrechen?« fragte Hellas. »Wenn das hier eine Königshöhle ist, gibt es womöglich Schätze da drinnen.«
    Â»Viele haben es schon versucht«, lächelte Alins. »Magier, Kraftprotze, Soldaten mit Rammwerkzeugen und Zugochsen, Bastler, Gelehrte, Spinner, Brandstifter und Dummköpfe mit zerberstenden Klingen. Die Höhle hält allem stand. Möglicherweise haben auch die Riesen schon vor Jahrtausenden vergessen, wie sie zu öffnen ist, und sie wird ihre Geheimnisse niemals preisgeben.«
    Â»Aber das alles hier war früher Riesengebiet?« fragte Bestar.
    Â»In nebeliger Vorzeit, ja. Auch die Paßstraße ist wohl von Riesen quer durchs Gebirge gemeißelt worden. Zumindest sieht sie so aus. Aber jetzt leben hier nur noch Menschen und Bergtiere. Selbst für Untergrundmenschen ist das Wetter hier oben zu rauh.«
    Â»Was mag auf der anderen Seite liegen?« sinnierte Eljazokad laut. Rodraeg sah ihn fragend an, und der Magier deutete auf den Fels zwischen den Fliegen. »Auf der anderen Seite dieser Tür. Das ist wieder so ein Rätsel, verschlossen und getrennt von allem anderen. Ein dunkles Gefäß. Ein verborgener Segen oder ein weggeschlossener Fluch.«
    Â»Laßt uns weiterfahren«, sagte Rodraeg, der spürte, wie seine Gedanken sich zu verzweigen und zu verirren begannen. Sie mußten sich jetzt konzentrieren. Durften sich nicht durch den Kontinent mit seinen mannigfaltigen unbeantworteten – und oftmals sogar ungestellten – Fragen ablenken lassen. Der Werwolf war tot. Diese Höhle war nicht wichtig.
    Wandry.
    Die Wale.
    Eine Mission, die dieses Mal reibungslos verlaufen mußte.
    Sie wandten der Höhle den Rücken zu und kletterten in ihre Kutsche zurück.

9

Herbergen
    Die Klippen des Kjeer ruckelten karstig und golden im Sonnenlicht leuchtend an ihnen vorüber. Dahinter begannen die Klippenwälder, eine überwiegend nadelbaumüberwucherte Wildnis, in der sich jähe Abgründe und Wasserstürze vor einem auftun konnten, oftmals nur von maroden, lückenhaften Brükken bezähmt. Alins Haldemuel steuerte sie durch verhältnismäßig gut passierbares Gelände unweit der Küste, wo das Brausen der See sich mit dem Rauschen der Baumwipfel zu einem wilden Lied vereinigte. Nachts lagerten sie unter ausladenden Fichten und Tannen, tagsüber fuhren sie am Grunde tief verschatteter Felseinschnitte und oben am Rande von dreißig Schritt in die Tiefe stürzenden Abbruchkanten entlang. Die Kutsche hielt Kurs, während unter ihren Rädern Geröll seitwärts in staubige Untiefen trudelte, und die Fahrgäste tupften sich gelegentlich den Schweiß von den Gesichtern und staunten über den rauhen Landstrich. Alle außer Bestar natürlich, der stets beteuerte, daß dies hier langweiliges Flachland war im Vergleich zu Taggaran, woher er und Migal Tyg Parn stammten.
    Am letzten Tag des Wiesenmonds, nach vier weiteren Reisetagen, erreichten sie spät abends die Westküste und mit ihr die Stadt Wandry, die nur zu zwei Dritteln auf festem Grund errichtet war. Das westlichste Drittel stand halb auf Pfählen, halb auf hängebrückenüberspannten Felsen und war Gischten und Gezeiten zum Trotz so weit wie möglich in die Meeresbucht hineingetrieben worden. Wie schwimmende Talglichter tanzte das Leuchten der vorgelagerten Pfahlbauten über dem dunklen Spiegel des Wassers. Ringsum, nicht in einem klar umrissenen Hafen, sondern an Anlegestellen überall an Felsen, Strand und muschelüberwucherten Pfählen, dümpelten mehr als dreißig Schiffe, darunter zwei wuchtige Dreimaster, aber die meisten waren schnittige Zweimaster, die für das Freibeutertum geeignet waren. Häuser hatte Wandry zwar mehr als Warchaim, aber sicherlich weniger Einwohner, da die Gebäude nur einstöckig und insgesamt kleiner waren. Rodraeg schätzte Wandry von der Bevölkerung her etwas größer als Kuellen ein.
    Â»Laichgebiet«, knurrte Bestar geringschätzig, als sie von einer nahegelegenen Meeresklippe auf die Strandstadt hinunterblickten.
    Â»Am vierten oder fünften Tag des Sonnenmondes sollen die Wale hier stranden«, faßte Rodraeg ihren Zeitplan zusammen. »Morgen ist der erste Sonnenmond. Damit bleiben uns also nur noch zwei volle Tage, um

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