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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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höchstens noch die Jungs von Geywan und Die Brandungsbrecher. Na ja, und eine Mädchenbande namens Der schöne Schein. Und die Krabbenfischer, die sind aufgeteilt in mehrere kleine Trupps, die bestimmte Bezirke der Stadt kontrollieren.«
    Â»Ein lebendiges Pflaster also. Du bist der Anführer der Haie ?«
    Â»Nein. Das ist Queckten.«
    Â»Einer von den beiden Planschern?«
    Â»Nein. Queckten war nicht dabei. Er ist der Älteste von uns.«
    Â»Wie alt?«
    Â»Sechzehn.«
    Â»Und dein Name ist?«
    Der Junge zögerte nur kurz. »Gunurd.«
    Hellas nickte und steckte den Degen wieder in die Scheide zurück. »Bring mich zu Queckten. Er kann mir sicherlich einiges über das Machtgefüge dieser Stadt erzählen. Keine Sorge, ich werde euch schon nicht verpfeifen – ich stehe selber nicht auf allzu gutem Fuß mit den Gardisten. Im Gegenteil: Wenn ihr mir weiterhelfen könnt, soll es euer Schaden nicht sein. Zehn meiner Taler könnten heute den Besitzer wechseln – vorausgesetzt, dein Queckten schlägt mich im Messerwerfen.«
    Auch Gunurd nickte und rappelte sich auf, sich die immer noch schmerzende Seite haltend. »Das wird er gerne versuchen. Kann ich vorher meinen Freunden aus dem Wasser helfen?«
    Â»Das machen wir besser zu zweit, dann geht wenigstens nichts schief.«
    Eljazokad ließ sich treiben. Er kannte Wandry bereits von früher, kannte die Ströme der Vergnügungsheischenden, die wie Fischschwärme von Bezirk zu Bezirk zogen, der jeweils größten Sensation hinterher, eine sich die ganze Nacht über hinziehende Wanderung der Ausgelassenheit und der Verschwendungssucht. Er wurde in Schenken hinein- und wieder hinausgespült, betrachtete Tänzerinnen, die sich preisgaben – wenn auch bei weitem nicht so brutal und direkt wie in Skerb -, profitierte von zwei Ausschankrunden, die fremde Prahler bezahlten, konnte sich nur mühsam der Zudringlichkeiten eines betrunken an ihm hängenden Somnicker Handelsgesellen erwehren, verkostete mehrmals, wenn man ihn zum Zugreifen aufforderte, südlich scharf gewürzte und nordisch weichzerkochte Speisen, spendete Musikanten Beifall, die kaum in der Lage waren, ihre Instrumente richtig herum zu halten, und fand sich schließlich all dem Unsinn zum Trotz doch noch in einem aufrichtigen Ereignis wieder.
    In einem Schuppen am nördlichen Stadtstrand spielte eine Gruppe von Musikern zum Tanz auf, die einen ganz außergewöhnlichen Klang hatten. Die vier Musikanten nannten sich Die Geblendeten. Sie trugen verschiedenfarbene Tücher vor die Augen gebunden und spielten tatsächlich blind. Der Sänger rezitierte wilde Verse und schüttelte dazu seinen Oberkörper und die langen Haare, die drei übrigen Musiker entfachten mit einer im Sitzen gespielten Wölbbrettzither, einer Faßtrommel und einer mit einem Hornplättchen angeschlagenen bundlosen Laute einen vollkommen unnatürlichen Lärm. Sowohl die Stimme des Sängers, die klang wie in einem echobrechenden Höhlengang, als auch die Instrumente waren akustisch verstärkt, mit sich selbst malgenommen und auf einzigartige Weise ineinandergemischt. Eljazokad war vollkommen klar, daß hier Magie im Spiel war, die einzige Magie, der er bislang in dieser Treibgutnacht begegnet war.
    Aufmerksam verfolgte er das Gastspiel. Die Geblendeten brachten ihr vorwiegend junges Publikum zur Raserei. Gut einhundert Jugendliche hüpften vor der Bühne gegeneinander oder einfach nur im Trommelrhythmus auf und ab. Die männliche Jugend tat dies mit entblößten Oberkörpern. Eljazokad hatte sich in den Hintergrund des Raumes zurückgezogen und beobachtete die vier Musikanten sehr genau. Nach einer Drittelstunde war er überzeugt, es hier zwar mit einigermaßen versierten Instrumentalisten, aber keinesfalls mit Magiern zu tun zu haben. Keiner der vier konzentrierte sich während des Spielens auf irgend etwas anderes als darauf, möglichst gut auszusehen und möglichst viel Krach zu machen. Die Quelle der Magie mußte also woanders zu finden sein, aber ebenfalls ganz in der Nähe, wahrscheinlich innerhalb der Scheune.
    In mühevoller Kleinarbeit drängte sich Eljazokad an der Seitenwand vor Richtung Bühne, geriet dabei zweimal in Strudel aus springenden, drängenden und übereinanderwirbelnden Leibern und konnte sich nur mühsam vor rotierenden Schuhen und von allen Richtungen nach

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