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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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deswegen.
    Â»Mit anderen Worten«, faßte Rodraeg zusammen, »Ihr habt nur getrockneten Fadenwurz da, weil er so schwer zu bekommen ist.«
    Â»Genau. Und selbst wenn ich frischen dahätte, würde ich ihn Euch wohl nicht zu kauen geben. Das Gras enthält ziemlich stark wirkende Substanzen, die süchtig machen können. Aus diesem Grund ist der Name Marionettenkraut recht originell. Als diese Heilerin Euch das gab, meinte sie damit, das Gras wird Euch in eine Marionette verwandeln. In einen Süchtigen.«
    Â»Aber das kann nicht sein! Ich habe doch gar keine … der Husten? Ist dieser hartnäckige Husten ein Anzeichen der Sucht?«
    Â»Das kann ich leider nicht beurteilen. Ich würde schätzen, Ihr habt eine ziemlich heftige Erkrankung, sonst hätte Euch diese Heilerin nicht ein Kraut verabreicht, das man im allgemeinen allenfalls Sterbenden gibt, um ihnen die letzten Tage und Wochen zu erleichtern. Ihr macht aber nicht den Eindruck eines Süchtigen auf mich. Womöglich wußte die Heilerin genau, was sie tat, und Eure Erkrankung hat die Suchtfaktoren des Fadenwurzes aufgesogen und vollständig eliminiert. Ihr müßtet mir sagen, was Euch fehlt, dann kann ich womöglich weiterhelfen.«
    Rodraeg lächelte hilflos. Jetzt saß er in der Falle. Er konnte dem Kräuterhändler nicht verraten, was ihm fehlte. Wenn er jetzt erzählte, daß er an einer Schwarzwachsvergiftung litt, würde Breklaris fragen: Schwarzwachs? Wo gibt es denn heutzutage noch Schwarzwachs? Vielleicht würde er Erkundigungen anstellen. Womöglich würde er in Erfahrung bringen, daß es da diese Mine bei Terrek gab, wo unter dem Segen der Königin Schwarzwachs abgebaut wurde. Diese Mine war in mehrere gewalttätige Gefechte verwickelt und wurde schließlich stillgelegt. Einer seiner Kunden war offensichtlich dort gewesen. Die Spur, hochverehrte Königin, führt hierher, nach Warchaim.
    Rodraeg konnte überhaupt niemandem von seiner Krankheit erzählen, auch keinem Priester. Die Kleriker Warchaims standen gewiß mit denen der Hauptstadttempel in Verbindung. Von dort aus bis zum königlichen Palast war es nur noch ein kleiner Schritt. Daß er eben Terrek erwähnt hatte und Geskara, war schon viel zu leutselig gewesen für einen, der eine Einsatztruppe anführte, deren Missionen den Interessen der Königin zuwiderliefen. Er mußte sich endlich angewöhnen, wie ein Geheimniskrämer zu denken.
    Â»Entschuldigt bitte«, rang er sich schließlich ab. »Gebt mir einfach etwas gegen Reizhusten. Ich bin offensichtlich nicht süchtig nach Marionettengras, denn ich bin gerne bereit, etwas anderes auszuprobieren.«
    Samistien Breklaris musterte ihn argwöhnisch und fragte ihn noch nach den genauen Äußerungsformen dieses Hustens. Rodraeg konnte nicht mehr berichten als: schmerzhaft, krampfartig, aber ohne Auswurf. Der Kräuterhändler verkaufte ihm ein Dutzend selbstgemachter Pastillen, die das Öl des Kampferbaumes und Harzanteile einer Zwergkiefernart enthielten. Rodraeg bedankte sich und verließ den Laden ein wenig zu hastig.
    Draußen atmete er erst einmal durch. Er fühlte sich schwindelig und benommen von dem Geruch dort unten, ähnlich wie damals in den Katakomben des Kreises, als der Feenrauch ihm zugesetzt hatte.
    Er wollte in den Tempelbezirk, zu Kjeer, dem Erdreich, das ihn verwundet hatte, und zu Delphior, dem Wasser, an dessen Quellen er jahrelang vor sich hin gelebt hatte. Er wollte zu Helele, weil deren Schüler sich am ehesten auf Heilkunde verstanden, und zu Arisp, weil er zum Frühling gebetet hatte in dem kleinen Dorf namens Kirna, als er noch nichts wußte über Schwarzwachs oder Kruhnskrieger oder Organisationen namens Batis oder Erdbeben. Er wollte zu Lun, weil jetzt Sommer war, und er in einem Mond – wenn das Lunfest gefeiert werden würde und er bis dahin noch lebte – möglicherweise ein Gebet zu Lun sprechen würde. Er wollte zum Siechenhaus im Nordosten der Stadt gehen und sich dort heilen und pflegen lassen, aber er wollte auch zum Haus des Mammuts zurück und den neuen Auftragsbrief öffnen. Er hatte warten wollen bis mindestens morgen, sich einen Tag Ruhe gönnen, an dem er die Ereignisse des ersten Auftrages überdenken und verarbeiten konnte, ohne daß der zweite ihm bereits Sorgen und Befürchtungen dazwischenkrakeelte. Aber es hatte keinen Sinn, so zu tun, als

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