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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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geworfen.«
    Â»Warum hätte ich mich denn anstrengen sollen?« grinste Queckten. »Es war doch klar, daß du mich gewinnen läßt, damit ich gute Laune kriege und dir alles erzähle, was du wissen willst. Hat doch auch geklappt.«
    Â»Verdammt noch mal, bist du gut mit den Messern! Ich habe mir wirklich alle Mühe gegeben. Wo hast du das gelernt?«
    Â»Auf der Straße wirft man nicht nur zum Spaß.« Mehr wollte Queckten dazu nicht sagen. Er verteilte den Gewinn unter seinen Jungs.
    Hellas war beeindruckt von dem Sechzehnjährigen. Queckten war intelligent und konnte sogar gut reden. Wahrscheinlich war er einfach nur auf der falschen Seite der Straße geboren worden und deshalb auf die schiefe Bahn geraten. An seinen Fähigkeiten konnte es jedenfalls nicht gelegen haben. Hellas kannte das nur zu gut.
    Â»Gibst du mir noch eine Gelegenheit, mein Geld zurückzugewinnen?« fragte er Queckten zum Abschied.
    Â»Doppelt oder gar nichts.«
    Â»Noch mal zwanzig Taler? Du bist dir sicher, daß du gewinnst, hm?«
    Â»Ziemlich.«
    Â»Heute nacht wieder hier?«
    Â»Ich werde da sein.«
    Die Haie blieben in der Lagerhalle zurück.
    Hellas schlenderte hinüber zum Süderhafen und trieb sich dort herum, bis die Boote der Frühfischer einliefen. Netze, Reusen und Körbe wurden geleert und schwemmten ihre zum Teil noch zappelnde Beute über glitschige Bodenroste. Narbenübersäte Entgräter mit fettglänzenden Lederschürzen machten sich breitbeinig über die Meerestiere her und schmissen geöffnete Kadaver auf bereitstehende Gatterkarren. Ein Eisblockhändler, der Schollenbrucheis aus dem Nordmeer importierte, schüttete seine gesamte in Kleinsplitter zerhackte Tagesware über die Fischleibermassen, die mit Schaufeln und Großgabeln wiederum in Körbe und Holztröge umgeladen wurden, welche Händlern gehörten, die sich gegenseitig mit ihren Ankaufgeboten zu überbrüllen suchten. Dazwischen wimmelten größtenteils noch halbwüchsige Helfer und Helferinnen halbnackt umher, die die Beute nach Arten und Qualitätsklassen sortierten und auch den einen oder anderen kümmerlichen Fisch wartenden Katzen oder Bettlern zuwarfen.
    Hellas war von dem gleichzeitig faszinierenden wie auch abstoßenden Gewimmel des Erstickens, massenhaften Abtötens und Verladens dermaßen abgelenkt worden, daß er den alten Teoch gar nicht hatte kommen sehen, aber das dort drüben bei den anderen zerlumpten Gestalten, die sich um zugeworfene Reste balgten, mußte er sein. Der Alte hatte nur ein Auge, das andere war ihm offensichtlich von einer klingenbesetzten Hiebwaffe aus dem Kopf geschabt worden – jedenfalls sah das Narbengewebe in seiner rechten Gesichtshälfte danach aus.
    Hellas näherte sich dem Alten vorsichtig. Keiner der Bettler -zwei von ihnen waren Frauen – machte einen vertrauenerweckenden Eindruck. Er hoffte, daß seine bei dem Kutschensturz heftigst ramponierte Kleidung ihm dabei behilflich war, das Vertrauen der zerlumpten Horde zu gewinnen.
    Â»Teoch – stimmt’s?« fragte er und ging neben dem Einäugigen, der gerade seine letzten Zähne in eine rohe Makrele schlug, in die Hocke.
    Teochs verbliebenes Auge starrte argwöhnisch zu ihm hinüber, während der Rest seines Gesichtes im triefenden Mampfen aufging.
    Â»Man hat mir erzählt, du weißt etwas über die Wale.«
    Â»Die Wale … mmmpf … rrrrgrrrmmmpf … sind böse. Böse!«
    Â»Was soll das heißen: böse? Es sind doch nur Fische.«
    Â»Keine Fische. Weisheiten im Wasser. Tauchen auf zum Atmen. Sehen dich an. Sehen dich genau an. Schmmmmpfffrrr-gggrrrrm.«
    Â»Weisheiten?«
    Â»Sieh dich vor, altes Meer, sieh dich vor. Die Wale kommen nach Wandry, um Wandry zu zerschmettern.«
    Â»Um Wandry zu zerschmettern? Du meinst, sie werden nicht hierhergelockt, um Wandry zu nutzen, sondern um zu schaden?«
    Â»Weiß nicht.« Teoch schnaufte und schmatzte, warf die noch fetzenbehangenen Gräten von sich und griff sich ungelenk den nächsten Fisch. »Weiß nichts über Pläne und Vorhabungen und den ganzen Rest von hohen Herrschaften. Meerschaften. Weiß nur, daß die Wale kommen. Viele von ihnen. Mehr als hundert. Bäumen sich und werfen sich vor Schmerz. Sind böse. Rasend.«
    Â»Rasend vor Schmerz? Du meinst, sie sind böse im Sinne von wütend?«
    Teoch

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