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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Göttern.« Zustimmendes Knurren der anderen.
    Hellas dachte angestrengt nach. »Die königlichen Kontrollen. Weißt du, wer die durchführt?«
    Â»Nein. Die sind natürlich geheim und unangemeldet, sonst könnte man ihnen ja zuvorkommen.«
    Â»Natürlich. Kann ich euch hier wiederfinden, falls ich euch in den kommenden Tagen noch mal brauchen könnte?«
    Â»Einer von uns wird hier sein oder in der Nähe. Aber wenn du morgen früh den alten Teoch finden willst, kannst du eigentlich gleich hierbleiben. Der Süderhafen beginnt nur zwei Grundstücke weiter.«
    Hellas sah sich um. Die leere Lagerhalle war deutlich weniger beengend als ein Herbergszimmer. Das Dach wies sogar Löcher auf, und man schlief fast unter freiem Himmel.
    Â»Aber Hände weg von meinem Geld, ihr Haie, sonst gibt’s was auf die Flossen«, drohte er gutgelaunt mit dem Finger.
    Â»Keine Sorge, Weißkopfadler«, brummte Queckten, der die Augen schon zum Schlafen geschlossen hatte. »Morgen früh noch ein Spielchen, und die nächsten zehn sind ohnehin mein.«
    Der Name des Gasthauses war Te Scoenheit.
    Nachts war die Fassade dunkelgrau und trostlos, doch dort oben im zweiten Stock, ganz links, flackerte hinter einem Eckfenster Licht, Licht in verschiedenen Farben und Helligkeitsstufen. Auch waren Geräusche zu hören, die klangen wie das in Baumwolle gepackte Schreien von Papageien oder Affen und das Knurren und hohle Rufen von Raubtieren. Die Töne dehnten und überschlugen sich, warfen sich wie tollwütig gegen Wände und Ecken und von dort aus wieder zurück. Leuchten und Lärm, Leuchten und Lärm, bis beides eine brüllende Rotation ergab, die dann in einer rasenden Abfolge stummer Blitze in sich zusammenfiel.
    Keiner der übrigen Gäste der Scoenheit wagte es, sich zu beschweren. Die Passanten unten auf der Gasse schauten zwar hoch, schrieben das Blitzen und Funkeln und Tönen aber dem Flackern des Wassers und dem Rauschen ferner Brandung zu, dem Schwanken und Wogen Wandrys und ihrer eigenen magisch scheinenden Trunkenheit.

10

Walstatt
    Rodraeg stand so früh wie möglich auf. Es war der erste Tag des Sonnenmondes, und tatsächlich war die Sonne heute freigebig mit ihrem Gold.
    Er ging zum Rathaus und versuchte, einen Termin bei Bürgermeister Stav Clegos zu bekommen. In Kuellen wäre so ein Vorhaben von vorneherein zum Scheitern verurteilt gewesen, aber in Wandry schien der Bürgermeister ähnlich zugänglich zu sein wie der von Warchaim. Rodraeg gab sich als Abgesandter einer Fabrikation aus, die einen neuartigen wind- und wetterfesten Holzanstrich entwickelt habe und plane, entweder in Skerb oder in Wandry eine Fabrikationsstätte zu errichten. Mit einem ähnlichen Trick hatte er vor etwas mehr als zwei Monden versucht, zur Schwarzwachsmine von Terrek vorgelassen zu werden, und war damit gescheitert, aber diesmal befand er sich nicht auf abgesperrtem Territorium. Diesmal würde eine solche Lüge nicht so argwöhnisch durchleuchtet werden, hoffte er und benutzte den Namen von jemandem, den er aus Kuellen kannte und der auch im Holzgeschäft gewesen war.
    Stav Clegos war ein kleiner, schmächtiger Mann von fast schon aggressiver Freundlichkeit. Er bot Rodraeg Sessel, Pfeife, Weißwein, Blautrauben und Meeresfrüchtehäppchen an und gab bereitwillig Auskunft über den Stand des Konfliktes zwischen Wandry und Skerb.
    Â»Wißt Ihr, Herr Telstewoor – Krieg ist nun wahrlich ein viel zu großes Wort für die kleinen Scharmützeleien, die das klare Wasser der Glutsee ab und zu verunreinigen. Eigentlich handelt es sich nur um ein paar wenige Einzelpersonen, die sich nicht benehmen können und ihre Privatfehden in aller Öffentlichkeit austragen. Rauhe Sitten unter Seeleuten, Ehrenhändel unter unehrenhaften Ehrenmännern, Ihr versteht schon. Niemand bedauert mehr als ich – und der von mir sehr geschätzte Bürgermeister von Skerb -, daß diese unzivilisierten Begebenheiten auf Dauer ein schlechtes Licht auf unsere Küste werfen und natürlich auch nicht gerade von Vorteil für unsere wechselseitigen Handelsbeziehungen sind.«
    Â»Weshalb fordert Ihr nicht einfach die königliche Armee in überzeugender Mannstärke an und zieht diese paar Unruhestifter aus dem Verkehr?«
    Â»Genau das habe ich vor! Ich sehe, Ihr versteht meine Situation sehr gut. Schon vor einem Jahr habe ich

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