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Die letzten Worte des Wolfs

Die letzten Worte des Wolfs

Titel: Die letzten Worte des Wolfs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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vielleicht nichts. Wenn sie der Gezeitenfrau schaden wollen, werden sie nicht übers Meer dorthin fahren. Das wäre töricht und vermessen. Sie werden sich übers Land nähern müssen, und durch die Klippen zu klettern kann mehr als einen Tag dauern. Die Gezeitenfrau lebt nämlich im Wasser zwischen Brandungsfelsen, in einem runden Haus, das auf Stelzen im Meer steht. Wenn ihr also ein Boot nehmt, um ihr zu Hilfe zu eilen, kommt ihr vielleicht noch rechtzeitig.«
    Â»Aber wir müssen uns beeilen.«
    Â»Ja, das müßt ihr. Aber warte noch kurz. Da ist… noch etwas, was ich dir sagen muß. In der Nacht, als wir geschwommen sind …«
    Â»Ja?«
    Â»Du hast mich gefragt, ob ich Wale hören kann. Das konnte ich nicht. Aber gestern abend, als ich allein am Strand spazierenging, um mich auf das Konzert vorzubereiten, da hörte ich jemanden singen. Singen wie einen Wal.«
    Â»Singen wie einen Wal. Konntest du diesen Jemand sehen?«
    Â»Nein. Die Stimme schien direkt aus dem Wasser zu kommen. Und ich fürchtete mich. Die Stimme war in den Wogen. Im Salz.«
    Â»Die Gezeitenfrau?«
    Â»Ich weiß nicht ob Frau oder Mann. Das Lied eines Wales, von einem Menschen nachgesungen. Aber niemand außer mir konnte es hören.«
    Â»Verdammt. Das hättest du mir gleich erzählen müssen.«
    Â»Das ist deine Schuld! Wenn ich dich sehe, vergesse ich alles. Auch jetzt will ich dich aufs Bett reißen und dich lieben, obwohl ich weiß, daß du jetzt rennen müßtest.«
    Â»Verdammt!« wiederholte er und küßte sie leidenschaftlich. Ihrer beide Hände zitterten vor Gier. »Du wirst nicht mitten in der Nacht den Geblendeten hinterherlaufen, oder? Du wartest auf mich, hier in dieser Kammer? Vor dem Morgengrauen bin ich wieder hier, ich verspreche es, und dann wollen wir uns wieder ganz gehören.«
    Â»Ich … kann nicht länger warten als bis zur Morgendämmerung.«
    Â»Ich werde da sein! Ich werde das Mammut und die Gezeitenfrau und die Wale und den ganzen Kontinent verlassen, wenn es sein muß, um dich wiederzusehen!«
    Â»Ich warte.«
    Eljazokad riß sich los und stürmte aus dem Zimmer. Wie um einen Verfolger abzuschütteln, rannte er durch die warme Dunkelheit der Stadt. Atemlos kam er im Zimfinnering an, wo er den bereits eingeschlafenen Rodraeg weckte und ihm in hastigen Worten die Situation erklärte.
    Â»Ich weiß, wo Bestar wohnt, und kann ihn holen«, schnaufte er, »und mit Hilfe von Bestars lauter Stimme werden wir auch Hellas auftreiben, der irgendwo in der Nähe des Süderhafens in einer Lagerhalle nächtigt. Wir treffen uns dann bei dem Fischer, der uns heute sein Boot geliehen hat. Du gehst, bevor du dorthin kommst, zu Danahe und bringst sie mit. Wir werden ihre Hilfe brauchen, um im Dunkeln mit einem Ruderboot durch die Klippen zu kommen.«
    Â»Vielleicht solltest du besser mit Danahe reden – von Magier zu Magier.«
    Â»Nein, du kannst das auch. Du bist genau der Richtige, um jemanden davon zu überzeugen, sich für eine gute Sache in Lebensgefahr zu begeben.«
    Â»Na toll«, knirschte Rodraeg mit den Zähnen, zog sich aber weiter fertig an. Eljazokad, der das Gefühl hatte, daß genug Worte gewechselt waren, hatte schon wieder den Türknauf in der Hand, aber Rodraeg hielt ihn noch zurück.
    Â»Eine Sache will ich noch kurz mit dir besprechen. Ich … habe keine Ahnung, was mit mir los ist. Gesundheitlich. Es kann gut sein, daß ich komplett ausfalle, wenn es hart auf hart kommt, und ich möchte, daß du zwei Dinge weißt. Erstens: In meinem Rucksack befindet sich ein Schwamm, der mir vielleicht auf die Beine helfen kann, wenn man ihn mir zwischen die Zähne preßt. Das hat zumindest der Heiler Nerass in Tyrngan behauptet. Und zweitens: Falls alles nichts mehr hilft… möchte ich, daß du das Kommando über das Mammut übernimmst und die Sache in meinem Sinne zu Ende führst.«
    Â»Ich? Das ist doch wohl ein Scherz!? Ich bin doch noch nicht einmal seit zwei Wochen bei euch!«
    Â»Das genügt, um mir klarzumachen, daß du der Richtige bist. Hellas empfindet zu wenig für die Wale, er würde die Mission abbrechen, sobald ich nicht mehr bei euch bin. Bestar ist zu unbeherrscht. Er ist einfach noch zu jung, um anderen Anordnungen zu erteilen. Du mußt das machen.«
    Eljazokad lächelte. »Eigentlich …

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