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Die leuchtende Stadt

Titel: Die leuchtende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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mehr von Bandicuts Steinen gelernt hatten, als ihm bewusst gewesen war, einfach, weil sich seine Steine wider Erwarten der Herausforderung gewachsen zeigten. Was Ik mit Hilfe seiner Steine zu Stande brachte, glich nicht der vollkommenen, wunderbaren Heilung, die Bandicut und sein Quarx bei Lako vollbracht hatten. Aber Ik gelang es immerhin, Rencandro und dessen Gefährten auf einen Weg zu bringen, der ihnen Genesung versprach, es gelang ihm, ihnen Hoffnung einzuhauchen – ohne sie jedoch tatsächlich zu heilen; denn das überstieg seine Fähigkeiten. Als Ik den Dritten der verwundeten Neri berührte, sah er sich plötzlich dem übermächtigen Wunsch zu sterben gegenüber; das Gefühl war so stark, dass es auch ihn zu überschwemmen drohte. Dieser Neri tat seinen letzten Atemzug, kaum dass Ik den empathischen Kontakt zu ihm abgebrochen hatte.
    Jetzt gerade versuchte Ik seine Kräfte an dem vierten Verwundeten, dieses Mal wohl mit mehr Erfolg. Aber es war Zeit, sich aus dem anderen zurückzuziehen, wollte Ik nicht zu viel seiner eigenen Kraft an ihn verlieren. Erste Warnsignale gab es schon: Schwächegefühl, Konzentrationsverlust. Und die Steine stimmten ihm zu. Er zitterte leicht, als er sich langsam aus dem Verstand, dem Körper des Neri zurückzog. Einen Lidschlag lang saß Ik ganz still da, seine Hand immer noch auf dem Arm des Neri, und starrte in die Dunkelheit, die Gesichtszüge fast entspannt.
    *Ruh dich jetzt aus.*
    Die Steine hatten selbstverständlich Recht. Aber es war schwer, jetzt aufzuhören, loszulassen. /Es sind noch so viele. So viele, die Hilfe brauchen./ Ik starrte zu der stetig steigenden Zahl verwundeter, kranker Neri hinüber, die von ihren glücklicheren Gefährten in diese Sektion gebracht wurden. /Wie könnte ich mich jetzt ausruhen?/
    * Wer kann dich heilen, wenn du selbst schwach und schwächer wirst?*
    /Hrachh/ murmelte Ik, traurig und unzufrieden mit sich selbst. Zu dem Neri in seiner unmittelbaren Nähe meinte er: »Ich muss eine Weile aufhören. Mich ausruhen.« Und er war überrascht, wie sehr ihn allein das Sprechen anstrengte.
    Unter den Neri erhob sich leises Gemurmel, während Ik unwillkürlich in eine meditative Trance glitt, aus der er hin und wieder hochschreckte, wenn die schnarrenden Stimmen der Neri sich um ihn herum an den Wänden der Schiffssektion brachen. Die Luft in der Sektion war allmählich verbraucht, und mittlerweile hatten sich sehr viele Neri zu ihm auf den Vorsprung gesetzt – so viele, dass sie die Luft in der Sektion viel schneller verbrauchten, als er allein es getan hätte. Todmüde suchten Iks Augen nach S’Cali, bis er ihn fand: S’Cali saß gleich neben ihm und blickte auf den Neri hinunter, den Ik gerade zu heilen versucht hatte.
    »Er scheint nicht mehr so schwach zu sein wie vorhin«, stellte S’Cali vorsichtig fest. »Wird er am Leben bleiben?«
    »Ich weiß es nicht«, brachte Ik mit leiser, fast brechender Stimme heraus. »Aber die Luft hier drin wird immer schlechter. Können sich die Verwundeten im Wasser genauso gut erholen wie hier an der Luft? Mir jedenfalls«, er musste innehalten, nach Luft ringen, »fällt es immer schwerer zu atmen.«
    »Ich werd mal sehen, ob ein paar Extraktoren hergebracht werden können, um die Luft mit neuem Sauerstoff anzureichern. Notfalls bringen wir dich irgendwo anders hin. Aber wir können in jedem Fall einige der Kranken aus dieser Schiffssektion hinausbringen«, erklärte S’Cali. Er zog etwas aus dem Wasser, das an einem Schlauch gehangen hatte. Es war das Atemgerät, das nicht funktioniert und Ik fast getötet hatte. »Das Gerät ist repariert worden. Du musst an etwas gestoßen sein, als du das Tauchboot verlassen hast. Das Einlassventil war verbogen, sodass der Wasserdurchfluss durch den Sauerstoff-Extraktor blockiert war. Das Ventil wurde wieder gerichtet.«
    Ik murmelte ein Dankeschön.
    »Wenn du Schlaf brauchst, dürftest du es im Wasser bequemer haben«, schlug S’Cali Ik vor.
    Iks Lachen war eher ein fauchendes Geräusch gequälter Lungen, die mühsam Luft ausstießen. »Oh, nein, nein Danke!«, lachte er, und wurde gleich wieder ernst: »Aber ich bin froh, dass ich notfalls das Atemgerät anlegen kann.«
    »Sollen wir dich denn jetzt allein lassen?«, erkundigte sich S’Cali.
    »Allein lassen? Nein, bitte, nicht!«, hustete Ik. Wieder lachte er fauchend, doch trotz seiner Atemschwierigkeiten erleichterte ihn dieses Mal das Lachen. »Vielleicht könnten einer oder zwei von euch hier bleiben,

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