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Die leuchtende Stadt

Titel: Die leuchtende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey A. Carver
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nach Lösungen, wogen Risiken gegen möglichen Nutzen ab. Schließlich, ohne bewusste Gedanken, ohne zu verstehen, streckten sie beide Hände aus – wie ein Zauberer in einem alten Märchen, der seinen Stab zur Beschwörung hebt. Feuer blitzte von Bandicuts Händen, flackerte und erglühte zu zwei beständigen Lichtstrahlen, die über das unruhige Meer unter ihm strichen. Es war das Meer aus Iks Neurotransmittern, das Meer aus tosenden, körpereigenen Substanzen, aus Impulsen, die bestimmten, wie Iks Körper auf seine Umgebung reagierte. Die Lichtstrahlen trugen Informationen und Anweisungen ins Meer hinab, und das Meer veränderte sich, ganz langsam. Bandicut spürte die Veränderung in der Luft: Die salzige Brise verlor ihren bittren, metallischen Geruch und wurde süßer und aromatischer. Allmählich beruhigte sich das Meer.
    Er wusste, dass alles, was er hier sah, nicht die Realität, sondern eine Metapher war, eine Interpretation; doch das machte es nicht weniger wirklich. Er und das Quarx nahmen Veränderungen an Iks Verdauungssystem vor – programmierten es um, nahmen eine präzise Feinabstimmung an Prozessen vor, in die sich bei der Normalisation leichte Fehler eingeschlichen hatten. Bandicut verstand den Eingriff gut genug, um zu wissen, dass er dankbar sein durfte – dankbar, dass sie nur geringfügige Änderungen vornehmen mussten. Und selbst wenn er den Eingriff nicht verstanden hätte: Seine Steine – und Iks – begriffen den Prozess nach und nach. Trotzdem arbeiteten sie eine lange Zeit, flochten ihre Änderungen ein, brachten Iks Verdauungssystem dazu, sich selbst zu korrigieren. Und dann sahen er, Charlie und die Steine zu, wie das Meer von innen heraus zu leuchten begann und sich in einen sanft wogenden, klaren See verwandelte.
    Dann empfand Bandicut wieder Übelkeit und war orientierungslos; er verlor den Halt … und spürte, wie er wieder in seinen eigenen Körper zurückwirbelte.
    Auf dem Boden sitzend, lehnte er sich ruckartig zurück und rang um Atem.
    »Hrrraachhh«, keuchte Ik, der rasselnd nach Luft schnappte. »Was hast du gemacht? Ich fühle mich – mir geht es viel …«
    Charlie schnaufte:
    ///Du brauchst dich nicht bei mir zu bedanken,
aber glaub ja nicht, ich mach das noch mal!///
    Bandicut schöpfte erst einmal völlig erschöpft Atem und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Er blinzelte und rang sich ein Lächeln ab. Ik saß aufrecht da, hielt sich den Unterleib und murmelte verwundert vor sich hin. »John Bandicut – ich bin …«
    »Hat’s funktioniert? Geht es dir besser?«, flüsterte Bandicut.
    »Du hast es geschafft!«, staunte der Hraachee’aner. »Meine Schmerzen sind fast weg.«
    Neben ihm erhob sich L’Kell und drehte sich um. »Also habt ihr die Macht zu heilen! Warum hast du gesagt …?«
    Aber Bandicut hörte die restlichen Worte L’Kells nicht mehr, denn plötzlich überwältigte ihn die Müdigkeit, und er fiel in eine tiefe Ohnmacht.
    »Ich glaube nicht, dass wir das irgendwie herausfinden können.«
    »Dann müssen wir mit ihm reden, wenn er aufwacht.«
    Iks und L’Kells Stimmen weckten Bandicut wieder aus der Besinnungslosigkeit. Er öffnete die Augen, beeindruckt von Iks Ruhe. Er richtete sich auf.
    »John Bandicut!«, rief Ik. »Geht es dir gut?«
    Bandicut ächzte, als er sich daran erinnerte, was er gerade durchgemacht hatte.
    ///Vergiss das ja nicht///,
    flüsterte Charlie bedrohlich, tief in seinem Inneren.
    ///Und mach dir klar,
warum du dir abschminken kannst,
dass ich das noch mal tue!///
    Bandicut versuchte, das Quarx zu verstehen. Warum war es so entschieden gegen solch heilende Eingriffe? Charlie hatte ihm geholfen, Ik zu retten, vermutlich vor einer tödlichen Vergiftung. Alles, was Bandicut vom Quarx empfing, war ein Strudel aus unidentifizierbaren Gefühlen, die wie eine Mischung aus Abscheu und … Unwürdigkeit wirkten. Was zum Teufel sollte das? Wieso sollte sich Charlie unwürdig fühlen?
    »John Bandicut. Habe ich eben dich oder dein Quarx in mir gespürt?« Ik deutete vage mit der Hand auf seinen Unterleib.
    Mit heiserer Stimme antwortete Bandicut: »Das weiß ich nicht genau, um ehrlich zu sein. Charlie war da, mit den Steinen. Aber ich war auch in dir.« Er versuchte sich zu erinnern: Während er den Schmerz seines Freundes geteilt und sich dadurch viel besser als je zuvor in ihn hatte einfühlen können, hatte das Quarx eher angewidert reagiert.
    Ik seufzte durch die Ohren. »Jedenfalls danke ich dir. Aber was hast du

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