Die leuchtende Stadt
einen Riss oder ein Loch.«
»Es gibt wahrscheinlich vieles im Wrack, worauf diese Beschreibung zutrifft«, rief Delent’l aus dem hinteren Teil der Kapsel. »Unsere Leute haben überall im Wrack Sektionen geöffnet, als sie nach nützlicher Ausrüstung suchten. Jede einzelne davon könnte so ein Ding sein, wie du es beschrieben hast.«
»Aber der Reaktor ist keine Schiffsabteilung«, widersprach Ik ihm. »Er könnte in einer Abteilung stehen, dürfte recht groß sein, und hinter seiner Abschirmung würde man dicht aneinander gepackte Maschinenteile finden – Spulen, Drähte, Quantenkristalle …«
»Die letzten Wörter, die du aufgezählt hast, verstehe ich nicht«, brummte S’Cali und sah Ik kurz an, ehe er wieder durch die Sichtkanzel schaute. »Was genau meinst du damit?«
Ik überlegte, wie er es am besten erklären könnte. »Ich kann es dir nicht exakt beschreiben, aber es muss dort eine Art von …«, er wedelte frustriert mit den Fingern, »… Reaktor geben …«, ihm fiel kein anderes Wort ein, »… der ein Leck hat, durch das die Strahlung ins Wasser dringt. Und – bei den Sternen, warum bin ich nicht schon eher darauf gekommen? Eventuell ist er von einem blauen Licht umgeben – oder leuchtet in seinem Inneren blau.« Sekundärstrahlung, in Form sichtbaren Lichts.
»Wir werden unsere Leute danach fragen«, erbot sich S’Cali. Er steuerte das Tauchboot nun in gerader Linie auf das Wrack zu. Mittlerweile glich das Wrack einem dunklen Trümmerhaufen mit großen, dunklen Flecken, bei denen es sich vermutlich um Risse und Spalten im Rumpf handelte.
»Es ist sehr gefährlich, sich einem lecken Reaktor zu nähern. Deine Leute müssen sich von jedem Objekt fern halten, das ein Reaktor sein könnte!« Ik hätte sich am liebsten in den Hintern getreten, weil er nicht früher daran gedacht hatte. Vielleicht strahlte der Reaktor sekundäres Licht ab, vielleicht auch nicht – aber falls ja, wäre das der Beweis, dass sie es mit radioaktiver Strahlung zu tun hatten.
»Wir werden versuchen, da oben in das Wrack hineinzufahren«, meinte S’Cali. »Trotzdem müssen wir sicher irgendwann aussteigen und schwimmen.«
»Gut, aber je länger wir im Boot bleiben können, desto besser. Falls das Wasser verstrahlt ist, schützt uns der Rumpf des Tauchboots ein wenig.«
S’Cali brummte bestätigend. Sie waren nun sehr nah am Wrack. Ik konnte immer noch nicht sagen, um was für eine Art von Schiff es sich handelte, das da auf dem Grund vor ihm lag. Es schien irgendwie zigarrenförmig; es konnte sich ebenso gut um ein Raumschiff wie um ein Unterseeboot handeln. Ik rieb sich die Brust. Ein Raumschiff? Nun, das eröffnete gleich völlig neue Perspektiven! »Woher stammt dieses Schiff?«, fragte er unvermittelt.
»Das wissen wir nicht«, antwortete S’Cali. »Es ist sehr alt. Und unterscheidet sich sehr von den anderen Schiffen unserer Urahnen. Sieh mal da!« Der Neri deutete nach draußen. Zwei Neri-Schwimmer waren aus dem Wrack aufgetaucht und schossen nun dicht über dem Grund dem Tauchboot entgegen. Auf halbem Wege verharrten sie und deuteten drängend zum Wrack zurück.
»Was ist da drüben los?«, fragte Ik und blickte zu dem dunklen Riss im Rumpf des Wracks. Noch während er sprach, erhielt er die Antwort auf diese Frage: Eine Gruppe Neri war in einen Nahkampf mit Festländer-Tauchern verwickelt. Darauf also hatten die beiden Schimmer gezeigt! »Können wir ihnen helfen? Habt ihr Waffen dabei?«
»Ich dachte, du bist kein Kämpfer?«
»Rakhh! Wenn ich muss, stehe ich euch auch im Kampf bei.«
»Das freut mich«, entgegnete S’Cali. »Nein, wir haben keine Waffen dabei. Aber das heißt nicht, dass wir wehrlos sind.« Er drückte eine Taste, und das Tauchboot beschleunigte. S’Cali schaltete wieder die Scheinwerfer an, als sie auf die Kämpfenden zujagten. Drei Neri und fünf oder sechs Festländer hielten mitten im Kampf inne und drehten sich zu ihnen um. Während die Festländer wie erstarrt wirkten, schossen die Neri rasch zur Seite weg, aus dem Weg. Zum ersten Mal sah Ik die Festländer von nahem. Sie trugen Tauchanzüge mit Tauchhauben und schienen ein wenig kleiner zu sein als die Neri. Außerdem trugen sie künstliche Flossen und Atemgeräte. Ihre Gesichter konnte Ik nicht erkennen, dazu reflektierten ihre Tauchhauben das Licht zu stark.
Wollte S’Cali sie rammen? Falls ja, würde das Tauchboot hinterher sehr effektiv, aber auch hart abgebremst werden – nämlich vom Rumpf des Wracks.
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