Die leuchtende Stadt
großen Mäulern auf der Vorderseite. In den Mäulern sah Ik Zahnreihen blitzen. Aber irgendetwas war seltsam an diesen Zähnen – eine optische Täuschung? Als die Pikarta wieder auf das Tauchboot zuschossen, sah Ik schließlich, was es war: Ihre Zähne rotierten in den Mäulern wie riesige, sich drehende Reibeisen.
»Sind alle im Wrack?«, rief S’Cali und steuerte das Boot so, dass er die Schwimmer bestmöglich vor den Pikarta abschirmte.
Der erste Todesfisch rammte das Tauchboot von oben. Der Aufprall war entsetzlich, und ein mahlendes Kreischen war zu hören – die rotierenden Zähne, die über den metallenen Rumpf schrammten. Vor der Sichtkanzel zuckte die Schwanzflosse des Fisches; dann schoss der riesige Räuber davon. S’Cali hatte Mühe, das Tauchboot aufrecht zu halten, und der verzweifelte Ik konnte nichts weiter tun, als sich festzuhalten und aus der Kanzel zu blicken. Der zweite und dritte Pikarta entfernten sich vom Boot, auf der Suche nach leichterer Beute.
Die Festländer flohen, doch die Pikarta waren viel schneller als sie. Entsetzt beobachtete Ik, wie einer der Fische sich drehte und nach einem der Festländer schnappte. Der Festländer war so weit vom Tauchboot entfernt, dass Ik ihn nur noch als kleinen, dunklen Strich sah. Dennoch erkannte er deutlich, wie sich der Körper des Festländers binnen eines Augenblicks in eine Wolke aus Blut und Gewebefetzen verwandelte. »Mond und Sterne!«, keuchte Ik und dachte schaudernd daran, dass er selbst ebenso gut diesem Fisch zum Opfer hätte fallen können – oder jeder der Neri. Dass nun ein Festländer, für den er keinerlei Hass empfand, dem Räuber des Meeres zum Opfer gefallen war, minderte sein Entsetzen nicht.
»Sie kommen vielleicht zurück«, meinte S’Cali in diesem Moment. »Wir müssen die anderen ins Wrack schaffen.« Er drückte die Com-Taste. »Sind alle drinnen?« Langsam drehte er das Tauchboot wieder dem klaffenden Riss im Rumpf des Wracks zu.
»Was ist mit den Neri, die mit uns hierher geschwommen sind?«, fragte Ik und dachte an die Schwimmer, die sie ein gutes Stück vom Wrack entfernt zurückgelassen hatten, als diese versuchten, den Festländern auszuweichen.
Wie zur Antwort hörte er plötzlich einen gedämpften Knall.
»Was war das?«
»Vielleicht Festländer auf der anderen Seite. Wir können jetzt nicht viel für unsere Leute da drüben tun«, musste S’Cali zugeben. »Aber sie wissen, wie sie sich verstecken können und wissen sich notfalls auch zu wehren. Ich glaube, die Pikarta sind für die Festländer momentan eine größere Bedrohung als unsere Leute. Vielleicht haben sie mit ihren Berstern auf die Pikarta geschossen.« Nun hatte S’Cali das Boot vollständig gewendet und ließ sich von einem Neri, der im Schatten des Wracks beinahe unsichtbar war, durch den Riss im Rumpf einweisen.
»Bist du sicher, dass wir da reinpassen?«, fragte Ik nervös und beäugte den scharfzackigen Rand der klaffenden Wunde im Bootskörper des Havaristen.
Noch eine Explosion war zu hören, diesmal viel näher, und die Schockwelle erfasste sie und hätte sie beinahe gegen das Wrack geschleudert.
»Wir haben keine Wahl«, seufzte S’Cali. »Unsere Verwundeten sind da drin! Hier draußen können wir ihnen nicht helfen.«
Stimmt wohl, dachte Ik. Entweder fahren, wir mit dem Tauchboot ins Wrack, oder wir stiegen aus und schwimmen hinein. Dicht an die Sichtkanzel gebeugt, versuchte er zu erkennen, wie viel Spielraum ihr Boot in der Öffnung hatte. S’Cali steuerte sie meisterhaft hinein. Ringsum rückte das Wrack bedrohlich näher, dann glitten sie in die beinahe völlige Dunkelheit des Schiffsinneren.
Plötzlich schrie Delent’l ihnen vom Heck aus eine Warnung zu – und dann explodierten direkt hinter dem Boot mehrere Berster. Bumm! Bumm! Bunm!
Auch S’Cali brüllte eine Warnung – und das Tauchboot senkte die Nase, wurde vorgeschleudert und krachte gegen ein schweres Schott. Ik flog mit dem Kopf voran in die Steuerkanzel. Die Lichter flackerten und verloschen, und er hörte das Rauschen von Wasser, das in die Kapsel schoss.
16
Feuerringe
Antares versuchte noch immer herauszufinden, welche Funktionen die verschiedenen Geräte in Kailans Raum hatten. Keines von ihnen schien hierher zu passen, weder in Kailans Gemächer noch in die Neri-Stadt. Die Instrumente, die die Obliq während der Krise mit der losgerissenen Habitatkuppel eingesetzt hatte, waren nur ein Bruchteil von dem, was sie insgesamt an Geräten und
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