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Die Leute mit dem Sonnenstich

Die Leute mit dem Sonnenstich

Titel: Die Leute mit dem Sonnenstich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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sein schien. »Aber wenn auch schon früher, was nützt es uns, wenn unsere Anzüge in Ingolstadt oder in Regensburg in einem Fundbüro verfaulen?«
    »In eineinhalb Stunden ist man von hier aus in Ingolstadt«, warf Barbara ein. »Ihre Tochter kann doch leicht morgen früh mit dem geflickten Boot dorthin fahren und Ihnen das Allernotwendigste kaufen, damit Sie die Heimfahrt ohne Schwierigkeiten antreten können.«
    »Oh, mein Fräulein, ich danke Ihnen!« rief Thomas Steffen erleichtert. »Ich war so entsetzt, daß ich auf diesen selbstverständlichen Einfall im Augenblick überhaupt nicht gekommen bin. Das ist die Lösung!«
    »Du hast doch mein Geld in Verwahrung genommen, Marion?« fragte Herr Keyser, den bereits eine böse Ahnung beschlich.
    »Aber nein, Paps, wie kommst du darauf? Du weißt doch selbst ganz genau, daß du dein Geld Herrn Steffen zur Aufbewahrung gegeben hast, kurz bevor wir uns einbooteten. — Ich habe nur sechs oder sieben Mark Kleingeld bei mir.«
    »Und ich habe meine Brieftasche zu Ihrer gelegt und beide in der Brusttasche meines Anzugs verwahrt und eingeknöpft!« stöhnte Herr Steffen auf.
    »Fünfhundert Mark!« sagte Herr Keyser mit einer Stimme, als habe ihn eine akute Zungenlähmung befallen.
    »Vierhundert Mark!« seufzte Thomas Steffen. Es klang wie ein Echo, aber wie ein Echo, das eine kleine Subtraktionsaufgabe gelöst hatte.
    »Und was nun?« fragte Herr Keyser dumpf.
    »Ich habe ja Geld genug, um ein Telegramm nach Hause zu schicken, Paps. Nun rege dich nur nicht auf«, tröstete Marion.
    »Telegramm!« stieß Steffen fast höhnisch heraus. »Telegramm klingt gut. Aber ich frage Sie, wie sollen wir uns auf der Post legitimieren? Kein Beamter gibt uns eine telegrafische Anweisung ohne Personalausweis oder Paß heraus! Und weiß der Teufel, wo unsere Pässe jetzt schwimmen mögen.«
    »Ich habe überhaupt keinen Paß mitgenommen«, sagte Marion. »Wozu auch? In Deutschland...«
    Barbara fand, daß sie darüber nicht sehr unglücklich zu sein schien, wenn sie auch Niedergeschlagenheit heuchelte. »Ich auch nicht!« knirschte Herr Keyser. »Wer, zum Kuckuck, denkt auch daran, seinen Paß einzustecken, wenn man sozusagen übern Sonntag ins Grüne fährt?«
    »Ich habe meinen Paß immer bei mir!« sagte Steffen.
    »Jetzt lernt er das Schwimmen«, bemerkte Herr Keyser. Eine Weile blieben alle stumm und starrten betäubt ins Dunkle. Das einzige Geräusch machte Marions Vater, dessen Unterkiefer von Zeit zu Zeit gegen die obere Zahnreihe schnatterte.
    »Ich habe die erlösende Idee!« rief Steffen plötzlich. »Wir haben in Ingols-tadt einen Geschäftsfreund, den Inhaber des Curia-Verlages. — Wie ist nur gleich sein Name? Auf jeden Fall muß er uns aus der Klemme helfen!«
    Herr Keyser ließ nur ein grimmiges Lachen hören: »Wollen Sie den Mann vielleicht in Ihrer Dreiecksbadehose aufsuchen, Verehrtester?«
    »Ich nicht! Aber Fräulein Marion wird ihn auf suchen. Sie hat ja ihre Kleider zum Glück gerettet.«
    Barbara wartete darauf, daß Marion den gescheiten Vorschlag aufnehmen würde, aber er schien ihr durchaus nicht gelegen zu kommen.
    »Der Mann kennt mich nicht«, sagte sie nach einer kleinen Weile.
    »Ganz einfach, wir geben Ihnen ein Schreiben mit unseren beiden Unterschriften mit!« rief Steffen hinüber. »Und die kennt er bes-timmt!«
    »Unterschriften? Es laufen so viele Schwindler mit Unterschriften in der Welt herum, daß der Mann mich unfehlbar einsperren ließe. Oder bitte sehr, Herr Steffen, geben Sie mir eine klare Antwort: Was täten Sie an seiner Stelle, wenn zu Ihnen jemand mit solch einem komischen Brief käme? Oder finden Sie nicht, daß die Geschichte von den gestrandeten Chefs der >Keyserschen Druckanstalt< sehr unwahrscheinlich klingt?«
    »Sie mögen recht haben, Fräulein Marion«, seufzte Steffen niedergeschlagen und mutlos. »Ach, das ist eine bitterböse Geschichte mit uns! Immer dreht man sich im Kreise, und immer kommt’s auf das gleiche >Es geht nicht< heraus.«
    »Und wer ist daran schuld?« zischte Herr Keyser wütend. »Sie, Steffen! Sie ganz allein! Nie im Leben hätte ich mich in dieses wahnsinnige Freiluftabenteuer verschleppen lassen, wenn...«
    »Schweigen Sie, Herr Keyser! Ich bitte Sie darum!«
    »Pfui, Paps!« rief Marion. »Wie kannst du nur Herrn Steffen solch ungerechte Vorwürfe machen? Du tust gerade so, als ob er das Boot mit Absicht verloren hätte! Und das wirst du doch nicht behaupten wollen, wie?« —
    Ach, sie hatte ja keine

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