Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)
Schwert anvertraut hätte. Die Anderen wollte sie nicht einweihen. Wer weiß, was sie dann mit dem Schwert tun würden. Es Eidos schenken, oder einem der Halbelfen. Nein, das konnte sie nicht riskieren.
Dawn wanderte ziellos über Wiesen und unter Bäumen. Schon langsam erkannte sie, dass der Hain nicht einfach gewachsen war, sondern dass er einem bestimmten Muster folgte in dem Licht und Schatten, Lichtungen und Wald sich abwechselten. Dawn hätte ihn vielleicht schön finden können, wenn nicht Sorge und Ärger ihren Geist so fest umklammert hielten. Die Lichtungen schienen als Unterrichtsorte zu dienen, denn immer wieder traf man Gruppen von jungen Männern und Frauen an, die im Gras saßen und den Worten eines Halbelfen, oder eines älteren Druiden lauschten. In ihren Augen sah der Unterricht reichlich langweilig aus. Im Gras sitzen und dem zuhören was irgend so ein arroganter Halbelf erzählte… Da war ihr eigener Unterricht spannender gewesen. Fliegende Messer und brennende Fackeln, blaue Flecken und verbranntes Fleisch. Nun, zugegeben der Unterricht ihrer Mutter war weit weniger spannend gewesen. Rechnen und die Kunst ihren Namen zu schreiben. Dawn hatte das immer für Zeitverschwendung gehalten, doch ihre Mutter hatte darauf bestanden und sich, wie so oft, durchgesetzt. Dawn mied die Lichtungen von denen Stimmen drangen. Sie wollte mit niemandem reden und niemanden sehn. Schließlich kam sie zu einer Lichtung, die in Ruhe lag und so ging sie weiter und genoss es, endlich wieder einmal kein Blätterdach über dem Kopf zu haben. Als sie einen Farbklecks in all dem Grün wahr nahm reagierte sie erst nicht. Doch dann trat sie näher und schneller und immer schneller wurden ihre Schritte. Ein Mensch lag, mit dem Gesicht nach unten, im Gras. Dawn erkannte ihn und ungläubig kniete sie neben ihm nieder. Die Bilder des Flusses und des Wolfes standen wieder vor ihren Augen. Wollte man sie narren? War das wieder nicht die Wirklichkeit? Vorsichtig drehte sie ihren Freund auf den Rücken. Seine Augen waren geschlossen, seine Wangen hohl, als hätte er tagelang nichts gegessen. Sein Brustkorb hob und senkte sich leicht und Dawn begriff, dass er am Leben war. Vorsichtig strich sie ihm das Haar aus der Stirn, zog seinen Kopf auf ihre Knie. Sie merkte erst, dass sie weinte, als ein salziger Tropfen auf Corus Wangen fiel und seine blasse Haut entlanglief, als hätte er geweint. Sie wischte ihm mit dem Ärmel ihres Hemdes, übers Gesicht und endlich schlug er die Augen auf. Als er sie erkannte lächelte er matt und Dawn drückte ihn fester an sich. Er sagte kein Wort. Vielleicht war er zu schwach um zu sprechen, vielleicht wusste er nicht, was er sagen sollte – Dawn jedenfalls erging es so. Unbeholfen legte er die Arme um sie und drückte sie an sich. Eigentlich war er es der schwach war und Dawn hätte ihn stützen sollten, doch bald schon war es genau umgekehrt und Corus strich ihr beruhigend übers Haar und hielt sie fest während sie krampfhaft schluchzte und gar nicht mehr aufhören konnte zu weinen.
Viel später erzählte Dawn von den Halbelfen und der Harfe auf den Inseln. Corus Augen wurden groß und ungläubig, als sie von Caranoras Haut erzählte, die knorrig wie Rinde war und von Trai`jans Haar, das von einem Schwarz war, das manchmal Blau schien wie der Himmel um Mitternacht. Dawn lachte über seine Unwissenheit, Corus grinste nur gutmütig über ihre Launen und ihr wurde bewusst, warum sie ihn in den letzten Tagen so sehr vermisst hatte. Sanft drückte sie sich an ihn und ließ zu, dass er sie innig küsste.
„ Wo hast du die letzten Tage eigentlich gesteckt?“, fragte sie nach einer Weile.
„ Die Frage ist wohl eher, wo ihr gesteckt habt!“, rief Corus krächzend aus. Seine Stimme klang, als hätte er sie tagelang nicht benutzt. Mit wem hätte er auch reden sollen, überlegte Dawn. Schließlich verzog sie nachdenklich das Gesicht. „Ich weiß nicht. Crystal hat eine ganz merkwürdige Geschichte erzählt und Thistle ist aus irgendwelchen Gründen einem Falken nachgelaufen. Lucthen hat nichts erzählt und ich habe ihn offen gestanden nicht gefragt, aber ich glaube, dass das alles so etwas Ähnliches wie Prüfungen sein sollten. Ist dir nichts Ungewöhnliches aufgefallen?“
„ Du meinst abgesehen davon, dass plötzlich alle weg waren? Nein, eigentlich nicht. Es war nur irgendwie seltsam, weil ich das Gefühl nicht loswurde, dass ich mich ständig im Kreis bewegte. Schließlich habe ich Zeichen
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