Die lichten Reiche: Band 1: Harfe und Schwert (German Edition)
zurückgelassen“, Corus zeigte auf sein Hemd, das ganz zerrissen war. „Ich habe keine der Markierungen wieder gesehen und doch bin ich ganz sicher, dass ich zu den Orten zurückgekehrt bin, an denen ich sie zurückgelassen hatte. Zwei Bäume, die so eng beieinander wuchsen, dass ihr Stamm zu einem verwachsen war, moosbewachsene Steine, die ein Dreieck bildeten… Ich meine, wie oft können sich solche Muster im Wald wiederholen. Nein, ich muss im Kreis gegangen sein.“
Dawn konnte sehen, dass Corus immer noch nicht ganz verstand, wie das alles möglich war. „Und du sagst, dass dir nichts Ungewöhnliches aufgefallen ist?“, lachte sie.
Corus grinste schwach. „Heute Morgen ist wirklich etwas Eigenartiges passiert. Ich war schon ziemlich verzweifelt, wusste nicht mehr wohin ich mich wenden sollte, da bildete ich mir plötzlich ein, dass ich den Klang einer Harfe hören würde. Ganz leise und weit entfernt, doch da er den besten Anhaltspunkt bot, den ich hatte bin ich dem Klang nachgegangen. Er hat mich hergeführt. Klingt ziemlich verrückt, nicht?“
Dawn grinste. Sie würde ihm später von Crystals Lied erzählen. Vorerst wollte sie ihn lieber ganz für sich haben und seine Gedanken nicht bei einer andern Frau wissen.
Selbst wenn diese Frau Crystal hieß und ihn ihr zurückgegeben hatte.
Lucianus hatte Corus Ankunft schweigend und ernst zur Kenntnis genommen. Es war bei ihm schwer zu sagen, doch Crystal hatte das Gefühl, dass ihn irgendetwas beunruhigte. Sie selbst war froh, dass er wohlbehalten bei ihnen angekommen war. Dawn hatte sie stürmisch umarmt, nachdem sie den jungen Mann begrüßt hatte und ihr ins Ohr geflüstert: „Das werde ich dir nie vergessen. Danke.“ Crystal hatte sie einen Moment lang verständnislos angeschaut, dann hatte sie begriffen, was Dawn damit meinte. Ihr Lied hatte tatsächlich gewirkt.
Einen Tag nach dem schrecklichen Unfall begannen sie mit dem Unterricht. Lucthen begleitete sie manchmal, saß still und ruhig auf einem Sessel, bis Crystal seine Anwesenheit vergessen hatte, weil sie ganz in Lucianus Anweisungen versunken war. Falls sie gehofft hatte, dass die Reserviertheit des Halbelfen mit der Zeit schwinden würde, so wurden ihre Hoffnungen enttäuscht. Er war nie wirklich unfreundlich, doch unzugänglich und streng. Crystal war es gewohnt gelobt zu werden. Meister Martim war für sie eher wie ein Vater gewesen, denn wie ein gestrenger Lehrer. Er hatte seine Schüler immer gelobt und ermutigt. Nun, sie zumindest. Lucianus dachte ja gar nicht daran, ihr diesen Gefallen zu tun. Sie hatte nicht das Gefühl, dass er mit ihren Leistungen je zufrieden war und manchmal war sie knapp daran zu verzweifeln. Doch sein Unterricht war so interessant, was er ihr beibringen konnte so viel mehr, als ihr irgendein Mensch beibringen konnte, dass sie den Unterrichtsstunden entgegenfieberte. Was er ihr gleich zu Beginn beibrachte war, dass ihr Talent, ebenso wie Lucthens, ein angeborenes war. Nicht jeder konnte zu einem Fixpunkt im Netz werden und genau das war es, was sie tat, wenn sie Magie wirkte. Sie veränderte die Welt um sich herum, doch sie selbst blieb die Gleiche. Darum konnten Zauber von dieser Art niemals auf den eigenen Körper wirken. Sie konnte damit heilen, doch nicht sich selbst. Als Lucthen die Frage eingeworfen hatte, ob Lucianus je gehört hatte, dass ein Mensch diese Art der Magie wirken konnte, hatte er verneint. Lucthen hatte daraufhin die Stirn gerunzelt und Crystal hatte gewusst, dass er beunruhigt war. Sie selbst war es auch und fragte sich, aus welchem Grund sie Elfenmagie wirken konnte.
Lucianus erklärte ihr, dass anders als bei der Magie der Menschen, die Gefahr nicht darin bestand, dass sie unabsichtlich ihrer Umwelt Schaden zufügte, sondern dass sie von der Wucht ihrer Stimme selbst mit fort gerissen würde und dann gab es keine Insel im Meer mehr, sondern nur ein kleines Boot, das der Wucht der Elemente schutzlos ausgeliefert war. Sie musste also die Insel im Meer sein, erklärte er ihr und Crystal musste unwillkürlich über die Ähnlichkeit zu der Erklärung, grinsen, die Lucthen Corus gegeben hatte. Beide Magi hatten Wassermetaphern verwendet um die Magie zu erklären und sie fragte sich im Stillen, ob das nur ein Zufall war.
Lucianus erklärte ihr eindringlich, dass ihre Magie nie so mächtig sein konnte, wie die der Elfen, da sie ihre Sprach nicht beherrschte und sich diese Sprache an sich besser eignen würde um das Netz zu greifen.
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